Warum RB den Klopp-Coup bitter nötig hatte
Es ist offensichtlich: Red Bull brauchte Jürgen Klopp dringender als umgekehrt - weil Gleichgültigkeit drohte. Max Ropers liefert die Begründung
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Meint er das wirklich ernst: Klopp zu Red Bull? Viele schauten zur Sicherheit nochmal auf den Kalender, um zu checken ob der erste April nicht doch nun mitten im Oktober stattfindet. Viele finden diesen Deal zum Würgen. Auch ich nehme Klopp diesen Wechsel übel, weil ich ihn nicht einfach nicht verstehe. Zumindest nicht aus seiner Perspektive.
Aus der Perspektive von Red Bull ist Klopp ein Jahrhunderttransfer.
Doch warum braucht Red Bull überhaupt Klopp für diese Rolle? Kann er überhaupt „Global Head of Soccer“? Klopp ist kein Manager, er ist ein Autodidakt im Trainingsanzug. Wie Klopp genau arbeitet, bleibt abzuwarten. Aber die Vertragslaufzeit von fünf Jahren zeigt, dass das kein Zwischenstop sein muss. Red Bull ist mit einem Schlag wieder relevant geworden. National wie international. Denn das Projekt ist bei genauerer Betrachtung gehörig ins Stocken geraten.
Wären Experten vor drei Jahren gefragt worden, ob zuerst RB Leipzig oder Bayer Leverkusen Deutscher Meister würde, wäre die Antwort klar gewesen: RB Leipzig natürlich. Die Sachsen waren quasi mit Ankunft in der ersten Liga die klare Nummer 3 hinter Bayern und Dortmund. Unter Trainer Julian Nagelsmann erreichte der Klub das Halbfinale der Champions League. 2022 und 2023 feierten sie im DFB-Pokal ihre ersten Titel. Nur kam dort auch schon das erste Problem zum Schein. Sie feierten nahezu alleine. 2023 kamen gerade einmal 8.000 Fans zum Empfang nach dem Sieg in Berlin. Zum Vergleich: Eintracht Frankfurt präsentierte die Trophäe der Europa League vor knapp 100.000 Anhängern.
Solche Zahlen wird RB Leipzig nie erreichen. Aber völlige Irrelevanz ist auch nicht im Sinne des Konzerns. Denn auch vor Ort in Leipzig schwindet langsam die Akzeptanz. Leipzig hat generell ein Zuschauerproblem. Zwar meldet die Red Bull Arena regelmäßig ausverkauft, aber auf den Tribünen erkennt man viele leere Ränge. Sogar gegen Juventus Turin war das Stadion nicht ausverkauft. Die Leute haben sich satt gesehen am RB-Fußball, der zwar immer noch funktioniert, aber sich nicht weiterentwickelt. Auch nach acht Jahren kam der Klub nicht mal in die Nähe eines Titelkampfs. Die Aufstiegssaison 2016/2017 ist mit 67 Punkten immer noch die beste der jungen Bundesliga-Geschichte.
Leipzig wird konstant Dritter oder Vierter, aber die großen Erfolge feiern andere. Leverkusen ist Meister. Dortmund stand immerhin im Champions-League-Finale. Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart begeistern die Fans mit tollem Fußball.
RB stand zuletzt nicht mehr für das Extreme und Aufregende, was der Mutterkonzern sonst so gern verkörpert. Der Name Klopp wird ab sofort helfen, wieder Teil des medialen Geschehens zu sein. Ob er für Leipzig und die anderen fünf Standorte eine Identifikationsfigur sein kann, bleibt abzuwarten.
Denn dem Verein fehlt es auch an sportlichen Identifikationsfiguren. Der Kern um Forsberg, Poulsen und Orban spielt nur noch eine kleinere Rolle. Doch aus dem eigenen Nachwuchs kommt nichts nach. Der ostdeutsche Fußball hat sich viel erhofft, als RB vor 15 Jahren auch massiv in die Jugendarbeit investierte. Herausgekommen ist herzlich wenig. Talente wie Eric Martel, Ermedin Demirovic oder Tom Krauß verlassen den Klub aufgrund von mangelnder Perspektive oft noch im A-Jugend-Alter.
Auch bei RB Salzburg entwickelt es sich ähnlich. Im Kader des einstigen Serienmeisters und Talenteexporteurs sind nur drei Österreicher. Sportlich läuft es überhaupt nicht. Vorige Saison wurde Sturm Graz Meister und Pokalsieger. Aktuell ist Salzburg unter dem neuen Coach Pepijn Lijnders (ehemaliger Co-Trainer von Klopp) nur Fünfter in der Liga. In der Champions League hat man sich gegen Sparta Prag (0:3) und Stade Brest (0:4) bis auf die Knochen blamiert.
Eine Marke wie Red Bull kann aber genau das nicht. Sich blamieren. Sie braucht einen positiven Anstrich. Dafür kommt Klopp. Er ist neben Max Verstappen der größte Name im gesamten Konzern. Er hat das Talent, Räume komplett einzunehmen. Das wird er auch in Salzburg und Leipzig schaffen. Er kennt Rose und Lijnders. Fast jeder Spieler, der von ihm umworben wird, will für ihn spielen. Er kann dieses Projekt zum Erfolg führen. Das ist ja das schlimme. Wenn er die Welt so sehr schocken wollte, hätte er dann nicht Schalke übernehmen können?