DFB-Bundestag: Die Amateure bleiben wieder mal außen vor

Während im Präsidium um Posten und Geld gerungen wird, sorgen sich Amateure um die Zukunft – und bleiben im DFB-System weiter ohne Stimme.

|29. Oktober 2025|
Bernd Neuendorf, DFB President German Football Association KNVB chairman Frank Paauw, Hans-Joachim Watzke, Managing director BVB , member DFB-Präsidium, DFB Vice president, in the UEFA Nations League 2024 match NETHERLANDS - GERMANY 2-2 in Season 2024 2025 at Sept 10, 2024 in Amsterdam, NL.
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IMAGO/ActionPictures

Am 7. November tagt der DFB-Bundestag. Es stehen Wahlen, Änderungsanträge und sicher auch einige Diskussionen an – wobei die strittigen Themen wohl bereits im Vorfeld bereinigt wurden. Im Mittelpunkt stehen diesmal die Frauen: Zwei Kandidatinnen treten gegeneinander an. Die amtierende Vizepräsidentin Silke Sinning, zuständig unter anderem für Bildung, Kinder- und Jugendschutz, sowie für Grundlagen des Breiten- und Freizeitsports, wird von Silke Raml aus Bayern herausgefordert. Einen Mann gegen eine amtierende Vizepräsidentin ins Rennen zu schicken, das trauen sich selbst die nicht an mangelndem Selbstbewusstsein leidenden Bajuwaren offenbar nicht.

Ebenso soll über die Bedingungen im Frauenfußball gesprochen werden, genauer gesagt über die Professionalisierung. Es droht, dass der DFB denselben Irrweg wie bei den Männern einschlägt: Vermarktung und Eventisierung zählen mehr als Durchlässigkeit. Über die unteren Ligen redet kaum jemand – und für reine Amateurvereine dürfte es künftig noch schwerer werden, in die oberen drei Ligen aufzusteigen, denn eine Reform der 3. Liga ist ebenfalls im Gespräch. Am Ende werden dieselben Vereine dominieren wie bei den Männern – für diese Vorhersage muss man kein Prophet sein.

Fast nebensächlich, aber doch bezeichnend: In den Satzungen und Ordnungen soll künftig nur noch die männliche Form verwendet werden. Der Fußball, der sich gern seiner Vielfalt rühmt, spricht also nur noch von „Sportlern“, nicht mehr von „Sportlerinnen“. Als Begründung dient die Entscheidung der hessischen Landesregierung, auf Genderformen zu verzichten. Statt ein Zeichen für Vielfalt zu setzen, schließt sich der DFB lieber dieser gesellschaftspolitischen Rückwärtsrolle an – anders als etwa die Freiwillige Feuerwehr Friedrichsdorf (auch Hessen), die aus Gründen der Lesbarkeit die weibliche Form gewählt hat.

So ambitioniert mag man beim DFB offenbar nicht sein. Oder, um es mit Engelbert Kupka, dem früheren Präsidenten der SpVgg Unterhaching und Initiator der Gruppe „Rettet die Amateure“, zu sagen: „Ambitionen schaden den Amtsinhabern nur!“

Diese Haltung scheint auch Präsident Bernd Neuendorf und seinem Vize Ronny Zimmermann eigen zu sein. Seit ihrer Wahl haben sie das Thema Grundlagenvertrag – die Verteilung der TV-Gelder – nicht mehr angerührt. Laut Vertrag soll der DFB 3 Prozent der Erlöse aus den Fernsehrechten erhalten. Ein Betrag, mit dem sich die Verluste durch den Entzug der Gemeinnützigkeit – was Neuendorf nicht zu verantworten hat – durchaus kompensieren ließen. Doch diese 3 Prozent sind nie geflossen – und werden es wohl auch nie. Stattdessen ist der Beitrag für die Amateure auf 26 Millionen Euro gedeckelt, wovon 20 Millionen für die Abstellung von Nationalspielern abgezogen werden. Es bleiben also 6 Millionen Euro, kaum mehr als ein Almosen, hoffentlich müssen wir Amateure nicht eines Tages noch Ablassbriefe kaufen.

Würden die vereinbarten 3 Prozent tatsächlich gezahlt, bekämen die Amateure via DFB rund 35 Millionen Euro pro Saison – Geld, das dringend gebraucht würde. Damit ließe sich eine funktionierende und fachkundige Vereinsberatung aufbauen, etwa für:

  • Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen
  • Digitalisierung und Modernisierung der Vereinsarbeit
  • Fundraising und Sponsoring
  • Vernetzung von Amateurvereinen zur Selbsthilfe

Mit – sagen wir – fünf Millionen Euro könnte der Amateurfußball spürbar gestärkt werden. Wobei viele Landesverbände selbst Beratung bräuchten, etwa bei der Sponsorensuche oder Modernisierung. Und seien wir ehrlich: Kaum ein Funktionär will wirklich, dass sich Vereine stärker vernetzen – am Ende könnten sie sich womöglich über Verbandspolitik austauschen. Das kann keiner der Würdenträger wollen.

Auf der Rückfahrt von Hamburg habe ich am Wochenende die Biografie von Willy Brandt gehört. Dabei fiel natürlich auch sein berühmter Satz: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Nach dem Umgang mit unseren Bewerbungen auf das Amt eines Vizepräsidenten können mein Münchener Mitstreiter Michael Franke und ich das beim DFB leider nicht erkennen.

Viele in die Jahre gekommene Sportfunktionäre sagen stattdessen lieber: „Früher war alles besser.“ Zumindest bezüglich Haltung und Ambitionen will ich ihnen recht geben.

DFB-Stellungnahme zu diesem Beitrag

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat den Beitrag unseres Autoren Gerd Thomas zur Kenntnis genommen und folgende Stellungnahme zur Erwiderung geschickt. Wir veröffentlichen hiermit die Stellungnahme zu den einzelnen monierten Passagen:

„Diese Haltung scheint auch Präsident Bernd Neuendorf und seinem Vize Ronny Zimmermann eigen zu sein. Seit ihrer Wahl haben sie das Thema Grundlagenvertrag nicht mehr angerührt.”

Der derzeit gültige – und mit einer Laufzeit vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2029 versehene – Grundlagenvertrag wurde erst nach den Wahlen auf dem DFB-Bundestag vom 11. März 2022 mit der DFL verhandelt und abgeschlossen. Sowohl Bernd Neuendorf als auch Ronny Zimmermann waren an diesen Gesprächen aktiv beteiligt. Dabei konnten gemeinsam mit der DFL zahlreiche Änderungen erzielt werden, die positive Auswirkungen auf den Amateurfußball in Deutschland haben.

„Laut Vertrag soll der DFB 3 % der Erlöse aus den Fernsehrechten erhalten.“

Der derzeit gültige Grundlagenvertrag sieht die Zahlung eines jährlichen Pachtzinses der DFL in Höhe von 3 % der mit dem Pachtgegenstand erzielten nationalen und internationalen Medienerlöse vor. Nach aktuellem Stand entspricht das rund 39 Millionen Euro. Die Beteiligung des DFB an den Medienerlösen der DFL ist somit vertraglich eindeutig geregelt.

„Diese 3 % sind nie geflossen und werden es wohl auch nie.“

Diese Aussage entbehrt jeglicher Grundlage. Mit Beginn der Spielzeit 2025/2026 erhält der DFB auf Basis des derzeit gültigen Grundlagenvertrags uneingeschränkt 3% der national und international von der DFL erzielten Medienerlöse.

„Der Beitrag für die Amateure ist auf 26 Millionen Euro gedeckelt.“

Mit Abschluss des derzeit gültigen Grundlagenvertrages wurde die in früheren Jahren vereinbarte Regelung einer Deckelung des Pachtzinses bereits zum 1. Juli 2023 aufgehoben. Lediglich für die bereits vergangenen Spielzeiten 2023/24 und 2024/25 wurde zur beidseitigen Planungssicherheit für den Pachtzins übergangsweise ein Korridor mit einer Untergrenze von 34,5 Millionen Euro und eine Obergrenze von 39 Millionen Euro festgelegt. Mittlerweile beläuft sich dieser Betrag auf rund 39 Millionen Euro pro Jahr.

Aus diesem Pachtzins erhalten die 21 Landesverbände als institutionelle Förderung 50 % nach Abzug der zu leistenden Steuern, mindestens jedoch 13 Millionen Euro. Verglichen mit dem Status Quo ist dies ist eine erhebliche Steigerung. Diese Mittel fließen somit unmittelbar in die Strukturen des Amateurfußballs und stärken die Basis nachhaltig.

Darüber hinaus fließen aus dem Grundlagenvertrag aber noch eine Reihe weiterer Mittel in die Förderung des Amateurfußballs. Die DFL leistet bspw. einen Beitrag von 3 Millionen Euro zur Finanzierung des Masterplans Amateurfußball, dessen Volumen sich – zusammen mit den Mitteln, die der DFB aus seinen mit dem Grundlagenvertrag erzielten Einnahmen beisteuert – auf insgesamt 6,75 Millionen Euro jährlich beläuft. Des Weiteren sind die Regional- und Landesverbände mit 2,6 % an den Eintrittskartenverkäufen der Vereine der Bundesliga sowie mit 1,5 % an den Eintrittskartenverkäufen der Vereine der 2. Bundesliga beteiligt. Außerdem fließen von der DFL für die Ausbildung jüngerer Lizenzspieler Ausbildungsentschädigungen von bis zu einer Million Euro an deren frühere (Amateur)Vereine.

Alle Details zu den unterschiedlichen Zahlungsströmen sind in dem öffentlich zugänglichen Grundlagenvertrag transparent einsehbar.

„20 Millionen für die Abstellung von Nationalspielern werden abgezogen.“

Auch diese Aussage bezieht sich auf den abgelaufenen Grundlagenvertrag und ist nicht mehr aktuell. Für die Nutzung der Nationalspieler im Rahmen von Werbeaktivitäten leistet die DFB GmbH & Co. KG jährlich eine Zahlung in Höhe von 12,5 Millionen Euro an die DFL (14,5 Millionen Euro in Turnierjahren). Zudem sind die vom DFB an die Landesverbände geleisteten Zahlungen von diesem Sachverhalt unabhängig. Sie erhalten 50 % des vom DFB vereinnahmten Pachtzinses nach Abzug der zu leistenden Steuern – mindestens jedoch 13 Millionen Euro.

„Es bleiben also 6 Millionen Euro, kaum mehr als ein Almosen.“

Der aus dem Grundlagenvertrag generierte finanzielle Beitrag von DFB und DFL an den Amateurfußball ist insgesamt – wie oben erläutert – erheblich höher. Insbesondere verkennt diese Aussage aber die tatsächliche Struktur und Finanzierung des deutschen Fußballs. Der Aufbau gleicht einer Pyramide: An der Spitze stehen die Nationalmannschaften des DFB, getragen von einer breiten Basis mit rund 8 Millionen Mitgliedschaften und über 24.000 Vereinen. Die Finanzierung im DFB ist dabei umgekehrt zu anderen Sportarten – nicht die Basis finanziert den Dachverband, sondern der DFB unterstützt seine Landesverbände und die Basis. Diese Struktur ist ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Sport. Der DFB leistet nicht nur aufgrund der Einnahmen aus dem Grundlagenvertrag maßgebliche Beiträge zur Sicherung und Weiterentwicklung der Basis des Fußballs, sondern tut dies insbesondere auch mit den Einnahmen aus der Vermarktung der Männer-Nationalmannschaft. Dadurch sind die Mitgliedsbeiträge in den Vereinen niedrig und der Zugang zum Fußball besonders niedrigschwellig. Fußball bleibt so ein echter Volkssport, und Vereinsfußball ist für alle bezahlbar. Der DFB sieht darin eine große Verantwortung und Verpflichtung.

Was tut der DFB in den Bereichen Ehrenamt, Vereinsentwicklung etc.?

Der Masterplan Amateurfußball ist ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stärkung der Vereinsqualität und zur nachhaltigen Entwicklung des Amateurfußballs in Deutschland, das unter breiter Beteiligung von Vereinsvertreter*innen entstanden ist und acht zentrale Teilziele verfolgt, von der Spielergewinnung bis zur Verbesserung der Infrastruktur. Alle Infos hier: Masterplan Amateurfußball.