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2:3! Bayern wie im Horrorfilm

Nach der vierten Saisonniederlage in der Bundesliga ist Trainer Thomas Tuchel kaum zu halten. Oder?

|19. Februar 2024|
2:3! Bayern wie im Horrorfilm
2:3! Bayern wie im Horrorfilm

Foto: ChatGPT

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

So am frühen Morgen nach einem Bundesliga-Wochenende möchte ich zwei Vereinen gratulieren und ihnen mein Kompliment aussprechen.

  • Zum einen: dem VfL Bochum zum 3:2 gegen Bayern München gestern Abend – der Vorsprung auf den Relegationsplatz 16 beträgt jetzt neun Punkte, der Klassenerhalt wird immer wahrscheinlicher. Bravo!
  • Zum anderen: Bayer 04 Leverkusen. Der Spitzenreiter der Bundesliga hat jetzt acht Punkte Vorsprung auf Bayern. Die erste Deutsche Meisterschaft ever ist zum Greifen nahe. Wahnsinn!

Natürlich überlege ich, was Bayer Leverkusen und Trainer Xabi Alonso auf dem Weg zum Meistertitel zustoßen könnte. Mir fällt nichts ein.

  • Verletzungspech: schon passiert (Boniface) und auf dem Transfermarkt (Iglesias) und durch Rückkehrer (Schick) kompensiert.
  • Größenwahn: unwahrscheinlich bei einem Trainer, der ein Champions-League-Finale nach 0:3-Rückstand drehte (mit Liverpool 2005).
  • Vizekusen: historisch zwar überliefert, aber nach 24 Jahren erinnert sich allenfalls Reiner Calmund an die Schmach von 2000 und 2002.

Nein, für den größten Stolperstein halte ich: die BVB-Falle. Wir erinnern: Borussia Dortmund brauchte am letzten Spieltag 2022/23 einen einfachen Sieg gegen Mainz 05, um Deutscher Meister zu werden, und plante so hingebungsvoll die Feierlichkeiten am Borsigplatz, dass man das Wichtigste vergaß: das Siegen.

Auch bei Bayer Leverkusen wird seit dem Heimsieg über Bayern gescherzt, wo denn die Party im Mai stattfinden sollte, wenn es doch angeblich keinen Rathausbalkon gibt. Das Gerede nervt und hätte borussenmäßig ablenken können. Die Antwort folgte im Spiel danach: Arbeitssieg in Heidenheim (2:1).

Also, gewöhnen wir uns daran: Bayer Leverkusen wird Meister 2023/24. Den besten Grund dafür liefern die Bayern selbst.

Einen arbeitswilligen Montag wünscht

Euer Pit Gottschalk


„Wie ein Horrorfilm, der einfach nicht aufhört“

Von Pit Gottschalk

Eigentlich müsste man schreiben: Bayern hat keine Wahl – Trainerwechsel! Der Blick auf drei Pleiten in einer Woche reicht, um Argumente gegen Trainer Thomas Tuchel zu sammeln. 2:3 beim Abstiegskandidaten VfL Bochum: Da klingt seine Schönrederei wie Verzweiflung. Doch Nachtreten ist nicht angebracht.

Bayern völlig von der Rolle: Kimmich streitet sich mit Trainer
Nach der Niederlage in Bochum steht der FC Bayern am Abgrund. Eine Szene während der Partie demonstrierte die Dünnhäutigkeit im Team.

Die Nerven liegen blank: Joshua Kimmich lieferte sich eine Auseinandersetzung mit seinem Co-Trainer. Was für eine fatale Situation: Tuchel darf seinem Assistenten nicht in den Rücken fallen, muss aber gleichzeitig seinen Spieler bei Laune halten. Man muss keinen Trainerwechsel herbeischreiben.

Jeder spürt es: Das kann nicht gutgehen.

Bevor wir ins Eingemachte gehen, kurz die Fakten. Trainer Thomas Tuchel hat in der aktuellen Bayern-Saison nach 22 Spieltagen so viele Punkte geholt wie kein anderer Tabellenzweiter in den vergangenen acht Jahren. Nämlich: 50 Stück. Oder auch: 2,27 Punkte pro Spiel. Zum Vergleich: Sein Vorgänger Julian Nagelsmann hatte vier Punkte weniger zu diesem Zeitpunkt.

Glücklicherweise reichten damals 46 Punkte, um Bundesliga-Spitzenreiter zu sein, weil keine andere Mannschaft weit und breit punktete, wie es Bayer Leverkusen diese Saison tut. Nach der Niederlage gestern in Bochum (2:3), der dritten Bundesliga-Pleite in vier Wochen, liegt Bayern München acht Punkte zurück. Der Rückstand ist an den restlichen zwölf Spieltagen schwerlich aufzuholen.

Tuchel ist am Ende – und Leverkusen wird Meister
Die Niederlage in Bochum dürfte der letzte Sargnagel für Thomas Tuchel als Trainer des FC Bayern gewesen sein. Spätestens im Sommer wird seine Amtszeit enden, meint RND-Sportchef Heiko Ostendorp. Die Meisterschaft scheint entschieden.

Tuchel raus? Bayern-Boss gibt klares Statement ab!
Der FC Bayern verliert beim VfL Bochum und leistet sich die dritte Pleite in Folge. Wird es jetzt eng für Trainer Thomas Tuchel?

Fügen wir den Fakten also das Resultat hinzu: Diese Bayern-Saison ist verkorkst – abgehängt in der Bundesliga („Nur Zweiter!“), rausgeflogen im DFB-Pokal („In Saarbrücken!“), gedemütigt im DFL-Supercup („0:3 gegen Leipzig!“) und zuletzt abgeschmiert in der Champions League („0:1 bei Lazio Rom!)“. Nach dem bajuwarischen Leistungsprinzip übersteht die Talfahrt kein Bayern-Trainer.

Noch eklatanter sind die Wahrnehmungsstörungen. Thomas Tuchel will einen Aufwärtstrend gegenüber den Niederlagen im Verlauf dieser Woche festgestellt haben, er sagte gestern bei DAZN wörtlich:

„Ich finde die heutige Niederlage nicht gerecht, es ist enorm viel gegen uns gelaufen. Wir hatten einen xG-Wert von 3,4, haben fünf, sechs hochkarätige Chancen und komplett dominiert. Wir sind aus dem nichts in Rückstand geraten und haben nie aufgehört, Aufwand zu betreiben.“

Man möchte ihm zurufen: Immer Pech ist Unvermögen. Der VfL Bochum hat den Marktwert eines halben Harry Kane (57,5 Mio. Euro). Der FC Bayern München (Marktwert: 976,45 Mio. Euro) sollte in der Lage sein, einen Abstiegskandidaten zu besiegen. Stattdessen erlebte der Rekordmeister unter Tuchel seine vierte Saisonniederlage in der Bundesliga. Auch das: rekordverdächtig.

Die Ratlosigkeit, warum die Klasse der Mannschaft zwar im Training, nicht aber im Stadion zu sehen ist, kommt inzwischen in den Stellungnahmen zum Ausdruck. Mittelfeldspieler Leon Goretzka gestern:

„Es fühlt sich an wie ein Horrorfilm, der einfach nicht aufhört. Es läuft alles gegen uns. Wir können uns hinstellen und erzählen, dass wir gut ins Spiel gekommen sind – sind wir auch, aber dabei kommt man sich bescheuert vor.“

So rutscht Bayern München langsam an den Punkt, wo tatsächlich die Frage auf die Tagesordnung kommen muss: Ist die Wende nur mit einem Trainerwechsel zu erreichen? Der Name Hansi Flick steht unwidersprochen im Raum. Allein das Gerücht, dass es Nachfolger-Kandidaten gibt, schwächt einen Trainer und lassen alle seine Maßnahmen nach Verzweiflung riechen.

Tuchel kennt die Situation. Bei Borussia Dortmund ging er 2015/16 als bester Zweiter in die Bundesliga-Geschichte ein und genügte damit den Ansprüchen beim BVB. Da sind die Bayern anders. Niederlage bleibt Niederlage: Man wird sich mit dem Hinweis auf eine spielerische Verbesserung nicht zufrieden geben, weil die Ergebnisse ausbleiben. Er wird es noch erleben.


⚽️ Heute im Fernsehen


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⚽️ Proteste bis zum Abwinken

Foto: Imago / Steinsiek.ch

So macht Fußball keinen Spaß

Von Alex Steudel

Tennisbälle, Flummis, Harry-Potter-Poster, Modellflugzeuge, Bonbons, ferngesteuerte Autos – in deutschen Stadien sah’s am Wochenende aus wie im unaufgeräumten Kinderzimmer eines Zehnjährigen. Was insofern passt, dass die Fußballfans ja auch genauso sauer auf ihre erziehungsberechtigten DFL-Bosse sind wie durchschnittliche Töchter und Söhne 24/7 auf ihre Eltern.

Protest und schlechte Laune überall. So macht Fußball keinen Spaß mehr.

Was kommt noch? Die Fans werden von Woche zu Woche kreativer, ihre Wut wegen des geplanten Investoren-Einstiegs wird immer größer. Ich fürchte, dass es demnächst eskaliert und die Zuschauer richtig geschmacklos werden, zum Beispiel könnten HSV-Trikots auf den Rasen geschmissen werden.

Das Ganze hat inzwischen lebensqualitätverändernde Auswirkungen.

Bundesligabegegnungen, die, seit es die neuen Nachspielzeit-Auslegungen gibt, ohnehin absurd lange dauern, müssen wegen der ständigen Aufräumarbeiten neuerdings zusätzlich verlängert werden. Bald erreichen Spiele das Ausmaß eines Superbowl-Endspiels, und in den Tennisballpausen tritt dann Helene Fischer auf.

Der Steudel! bei Fever Pit’ch
Für den Newsletter schreibt Alex Steudel erfrischende Kolumnen.

Das 15.30-Uhr-Spiel  Darmstadt gegen Stuttgart etwa endete am Samstag erst um kurz vor 18 Uhr, allein die erste Halbzeit dauerte 70 Minuten. Der Kicker vermerkte in seinem Liveticker: „45′ +25: Anton klärt den Standard aus der Gefahrenzone.“

Unsere Stadien sind inzwischen wirklich eine einzige Gefahrenzone.

Das Rumgeier der Fußballfunktionäre wird derweil größer, der Fall zusehends komplizierter, weil niemand so richtig durchblickt und keiner weiß, wer eigentlich was will oder nicht, aber täglich interpretieren die Menschen immer mehr in die Sache hinein.

Die Bundesliga und ihre rauchenden Kurven
Das von Aki Watzke angeführte DFL-Präsidium will Antrag des 1. FC Köln zur Neuabstimmung über Investor stattgeben.

Die Einzige, die noch nichts dazu gesagt hat, ist Sahra Wagenknecht, glaube ich.

Am Samstag gaben die DFL-Chefs Marc Lenz und Steffen Merkel der Süddeutschen Zeitung ein Interview, in dem sie sich zu erklären versuchten. Aber um das verstehen zu können, was sie da sagten, bräuchte man eine von mindestens zwei Quantencomputern angetriebene Dechiffriermaschine, die sogar Donald Trumps Gedanken klar formulieren könnte.

Fan-Proteste gegen DFL-Investor: Rettig – “Wir müssen an einen Tisch kommen”
DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig hat im Streit um den Investoren-Einstieg in die DFL eine Vermittlerrolle des DFB angeboten und für Gespräche zwischen den Parteien plädiert. Die Fan-Proteste verglich er mit dem Lokführer-Streik.

Und irgendwie überträgt sich das alles inzwischen auch auf die Trainer und Spieler: Sie werden nervöser und reden wirr. Fürths Trainer Alexander Zorniger verstieg sich in die Behauptung, Berufssportler könnten keine Pausen während des Wettkampfs händeln, das sei doch bekannt. Eine Aussage, die vermutlich zur Absage der kommenden NFL-Saison führen wird, wenn sie sie in den USA lesen.

Dortmunds Niclas Füllkrug wiederum schimpfte nach dem 1:1 in Wolfsburg, so ein Spiel sei „kaum bewertbar“, weil es „ultra schwer“ sei, „so an Top-Leistung zu kommen“. Es sei „irgendwann mal gut“, meckerte BVB-Kapitän Emre Can, „wir leiden extrem darunter.“ Was mich an diesen Aussagen besonders fasziniert hat: Die beiden hatten offenbar komplett übersehen, dass das Ganze für die gegnerischen Spieler aus Wolfsburg genauso „ultra schwer“ war.

Bundesliga-Fanproteste: Mehrheit der Fans lehnt DFL-Investorendeal ab
In der Bundesliga gab es zuletzt vielerorts Fanproteste gegen den DFL-Investorenplan. Eine FanQ-Umfrage, die dem SPIEGEL vorliegt, zeigt: Viele unterstützen die Proteste, glauben aber nicht an die Wirkung.

Bezeichnend ist übrigens auch, dass fünf der 33 Platzverweise dieser Saison allein am vergangenen 22. Spieltag passierten.

Was jetzt? „Proteste aushalten!“, sagen die einen, „Immer weiterprotestieren!“ die anderen. Und unter den 36 Profivereinen wächst der Wunsch, noch mal darüber abzustimmen zu lassen, ob man nun Pump oder Party haben, ob die Liga einen Milliardeninvestor ins Haus lassen will oder nicht.

So kann man das natürlich auch machen: Einfach so lange Stimme abgeben, bis einem das Ergebnis passt. 

Achtung, ganz neu: Der Steudel-Jahresrückblick!

Alle Kolumnen des Jahres 2023 gibt es jetzt als Buch-Jahresrückblick – plus nachträgliche Anmerkungen und WM in Katar. Titel: Und dann kam Harry Kane – Alles über das kuriose Fußball-Jahr 2023, 298 Seiten, 14,95 Euro: Hier bestellen! Wer fürs gleiche Geld ein signiertes Exemplar bevorzugt: Einfach eine Mail schreiben – an post@alexsteudel.de


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