Serbien: Stojkovics Flucht vor der Realität

Der Rücktritt von Serbiens Nationaltrainer nach der Niederlage gegen Albanien wirft Fragen zum Selbstverständnis in der WM-Qualifikation auf.

|13. Oktober 2025|
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Dragan Stojkovic hat kapituliert. Nicht vor Albanien, sondern vor sich selbst. Der Rücktritt des serbischen Nationaltrainers nach der 0:1-Heimniederlage war keine noble Geste der Verantwortungsübernahme, sondern die logische Konsequenz eines gescheiterten Experiments. Vier Jahre lang durfte die Legende werkeln, vier Jahre lang lebte Serbien von der Vergangenheit. Jetzt, wo es ernst wird, ist Stojkovic weg.

Die Zahlen sind brutal ehrlich: Sieben Punkte aus fünf Spielen, Platz drei in der WM-Qualifikationsgruppe hinter England und Albanien. Für eine Nation, die sich gerne als Fußballmacht des Balkans sieht, ist das eine Demütigung. Besonders schmerzhaft: Albanien, der ewige Underdog, hat vier Punkte mehr auf dem Konto. Die Niederlage gegen den Nachbarn war kein Betriebsunfall, sondern das Ergebnis einer seit Jahren verschleppten Entwicklung.

Stojkovics Abgang zum jetzigen Zeitpunkt macht alles nur noch schlimmer. Drei Tage vor dem Spiel gegen Andorra wirft der Trainer hin und hinterlässt ein Team ohne Führung. Der Rücktritt mag seine persönliche Ehre retten, dem serbischen Fußball schadet er. Ein neuer Trainer muss her, schnell, ohne Vorbereitung, ohne Zeit für Analysen. Die Unruhe und Unsicherheit, die Stojkovic mit seinem überstürzten Abgang ins Team trägt, könnte selbst gegen das Schlusslicht Andorra zum Problem werden.

Dabei hätte Serbien alle Möglichkeiten. Die Spieler sind da: Mitrovic, Vlahovic, Milinkovic-Savic. Was fehlt, ist ein Plan, eine Idee, wie moderner Fußball funktioniert. Stojkovic war immer nur die nostalgische Wahl, der große Name aus besseren Zeiten. 84 Länderspiele für Jugoslawien, Stationen bei Roter Stern, Marseille, später Präsident in Belgrad – beeindruckende Vita, keine Frage. Aber Vergangenheit qualifiziert nicht automatisch für die Gegenwart.

Mit nur sieben Punkten aus fünf Spielen steht Serbien jetzt unter enormem Zugzwang. Selbst ein Sieg gegen Andorra garantiert nichts. Die direkten Duelle mit England stehen noch aus, Albanien hat ein Spiel mehr absolviert. Die Rechnung ist simpel: Serbien braucht eine perfekte Restsaison und Schützenhilfe. Beides unwahrscheinlich, wenn ein Team führungslos durch die Qualifikation taumelt.

Veljko Paunovic wird als Nachfolger gehandelt. Wieder ein Ex-Spieler, wieder einer von früher. Serbien wiederholt seine Fehler, bevor es sie überhaupt verstanden hat. Stojkovics Rücktritt war richtig, aber er kommt zu spät und zur falschen Zeit. Ein Trainer, der wirklich Verantwortung übernimmt, bleibt bis zum Ende der Qualifikation. Alles andere ist Flucht.