Völlers unglückliches Debüt: Der Anfang von Derwalls Ende
Die DFB-Elf verlor erst einmal in Nordirland - unter denkwürdigen Umständen.

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Belfast begrüßte den Vize-Weltmeister im November 1982 mit Regen, Kälte und Sturmböen. Das Wetter vor dem Auftaktspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation gegen Nordirland passte zur frostigen Stimmungslage. Nach dem verlorenen WM-Finale war eine hitzige Debatte um Nationaltrainer Jupp Derwall entbrannt, das erwartete Debüt des jungen Stürmers Rudi Völler stand unter keinem guten Stern.
Kritik und Hoffnungen vor dem Spiel
DFB-Präsident Hermann Neuberger hatte im Vorfeld der Partie eine 55-seitige WM-Analyse für ein Treffen mit den Bundesliga-Bossen verfasst, die einer Abrechnung mit Derwall gleichkam. Die Vorbereitung und die Quartierswahl wurden kritisiert, ebenso die Ausbootung von Kapitän Bernard Dietz, der die Mannschaft 1980 noch zum EM-Triumph geführt hatte. Auch die Rückkehr von Paul Breitner wurde bekrittelt, dazu war vom „Missbrauch der langen Leine durch einzelne Spieler“ und ausgiebigen Pokerrunden die Rede. Die Hoffnungen ruhten auf Rückkehrer Bernd Schuster. Der „blonde Engel“ war nach 18 Monaten DFB-Pause und einem öffentlich ausgefochtenen „Interviewkrieg“ (kicker) mit Derwall, Kapitän Karl-Heinz Rummenigge und Breitner zurück, kam aber aus einer Verletzung. „Ich bin noch nicht wieder in Bestform“, sagte er auf dem Weg auf die grüne Insel, „aber ich glaube nicht, dass ich bei meinem Comeback so schlecht spiele wie der Breitner.“
Auf der anderen Seite stand ein Gegner, der bei der WM die Überraschung des Turniers war. Die Nordiren hatten in Spanien den Gastgeber geschlagen und unbesiegt die Zwischenrunde erreicht. Zu Hause waren sie seit 1979 unbezwungen. Und so kam es, wie es kommen musste. Ein Aufsetzer von Ian Stewart ließ Torwart Toni Schumacher auf dem nassen Rasen keine Abwehrchance (18.), laut kicker ging der Treffer „auf die Kappe“ von Manfred Kaltz, der den Torschützen nicht angriff. Aber auch Matthäus spielte „sehr schwach“ und „übernervös“. Der eingewechselte Debütant Völler verhinderte die erste Niederlage gegen Nordirland (die bis heute einzige dort) und die erste Pleite in einem Qualifikationsspiel überhaupt auch nicht mehr. Die DFB-Auswahl, schimpfte der kicker, „enttäuschte auf der ganzen Linie“. Auch das Rückspiel ging verloren, 0:1 in Hamburg. Die EM erreichte Deutschland dennoch – und schied dort erstmals in der Vorrunde aus. Derwall musste gehen, „Kaiser“ Franz Beckenbauer übernahm.