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Top-Klubs im Geldrausch – doch wer rettet den Amateurfußball?

Profis vermelden Rekordzahlen, während viele Amateurklubs ums Überleben kämpfen. Experten fragen: Kommt der DFB seiner Aufgaben für die Basis nach?

|27. Juli 2025|
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IMAGO/foto2press

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Reden wir über Geld! Mara Pfeiffer, Fußballexpertin, Kolumnistin und Podcasterin, bringt es auf den Punkt: „Ich finde es gut, wenn Spielerinnen im Profibereich endlich deutlich besser verdienen und davon leben können – das ist eine wichtige Forderung. Gleichzeitig muss das Geld besser bis an die Basis verteilt werden.“

Genau darum geht es!

Der Bildungsforscher Prof. Heinz Reinders warnt: „Es wäre fatal, wenn im Frauenfußball die gleichen Fehler wie bei den Männern gemacht würden, also viel Geld über wenige Vereine und Köpfe ausgeschüttet wird. Das große Problem im Männerfußball.“ Sehe ich genauso. Aber natürlich steht es den Frauen zu, die Fehler der Männer zu wiederholen – empfehlen würde ich es ihnen aber nicht.

Marthe Lorenz, Gründerin von Klubtalent findet: „Es ist unsozial, wenn man die Ehrenamtlichen ausbeutet.“ Wer sollte ihr widersprechen? In einem Expertengespräch über den Jugendfußball fragen wir uns: „Welcher Profi engagiert sich eigentlich nachhaltig für den Amateurfußball?“ Und finden keine Antwort. Seitdem unser Interesse an mehr Teilhabe und Mitbestimmung im DFB öffentlich ist, melden sich viele Experten aus dem Fußball bei uns. Immer wieder hören wir von Missständen und Mängeln, gerade auch über das krasse Ungleichgewicht zwischen Profis und Amateuren. Das war nicht nur bei der erfolgreichen Hartplatzhelden-Amateurfußballkonferenz so.

Viele sind überzeugt: Der Breitensport spielt beim DFB kaum noch eine Rolle. Belege dafür gibt es genug. Ein Beispiel: Die Sportfreunde Lotte spielen in ihrer Liga gegen Velbert, Rödinghausen oder Wiedenbrück. Am 16.08. geht es in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den SC Freiburg, einen Europapokal-Teilnehmer. Doch ein Großteil der Zuschauer wird lieber zu Hause bleiben. Um 20:30 Uhr läuft das Supercup-Finale zwischen Stuttgart und Bayern live im TV – der „langweiligste Wettbewerb“ im deutschen Profifußball. Während Lotte gegen Freiburg noch im Elfmeterschießen stecken könnte, läuft im TV längst Stuttgart gegen Bayern.

Der Profifußball nimmt keine Rücksicht auf kleinere Vereine. Man fragt sich: Gab es beim DFB eigentlich Einwände gegen diese Ansetzung? Oder wird dort inzwischen auch per Dekret regiert? Dann wäre die Frage, wer es erlässt. Vielleicht Hans-Joachim Watzke, dessen millionenschwerer BVB als viertbestes deutsches Team sogar an der vermaledeiten Klub-WM teilnehmen durfte. Als Lohn brachte man genau wie der ewige Titelträger Bayern München sehr viele von saudischen Feudalherrschern bereitgestellte Dollars und einige neue Follower aus „God‘ s own country“ mit.

Ein eigenartiger Wettbewerb, an dem die souveränen Meister der mit Abstand stärksten Ligen der Welt – England und Spanien – nicht mitspielen, somit aber immerhin den Peinlichkeiten des verurteilten Straftäters aus dem Weißen Haus entkommen. Zurück zu den Wurzeln – nach „ganz unten“, wie diese Kolumne heißt. Der Amateurfußball scheint bei seinem eigenen Lobbyverband, dem DFB, nicht mehr im Fokus zu stehen. Stattdessen reist der erste DFB-Vizepräsident Amateurfußball lieber zum FIFA-Kongress nach Paraguay oder mit der U21 in die Slowakei.

Was das mit seiner eigentlichen Aufgabe zu tun hat? Nichts! Mein Freund, der Hartplatzhelden-Mitstreiter Michi Franke (FT München-Gern), und ich meinen es ernst, wenn wir uns für höchste DFB-Gremien bewerben – so ungewöhnlich und aussichtslos das wirken mag. Es wird Zeit, den Amateurfußball aus dem Abseits zu holen und wieder in das Zentrum der Fußballgesellschaft zu rücken. Aber wer erklärt es Watzke, Leki, Lenz und den anderen DFL-Granden?

Wer erinnert sie, aber auch die Präsidenten der Landesverbände daran, dass der Erfolg der Sportart Fußball auf der Basis in den Amateurvereinen entsteht? Dort, wo Generationen von Talenten zum ersten Mal im Team gegen den Ball treten, wo Fans ihre Leidenschaft leben. Ohne die es weder Superstars noch Nationalspieler gäbe, die unser Land auf der großen Bühne vertreten. Wo Millionen Menschen TV-Abos, Bundesliga-Merch und Stadiontickets kaufen und den Profizirkus finanzieren. Natürlich profitieren Amateurvereine auch gelegentlich vom Profifußball, wie zuletzt durch die Aufmerksamkeit der Frauen-EM. Doch die Realität ist: Während es oben immer komfortabler wird, verschlechtern sich die Bedingungen im Breitensport weiter.

  • Wo bleiben die Initiativen des DFB gegen marode Sportstätten?
  • Wo sind die großen Kampagnen für den Breitensport?
  • Wer fordert die überbezahlten Profis auf, sich für den Nachwuchs zu engagieren?
  • Wer stärkt und wertschätzt das Ehrenamt – das Rückgrat unseres Sports?

Ich habe neulich Folgendes ausgerechnet: Der Marktwert aller Bundesliga-Profis geteilt durch die Zahl der Jugendteams ergibt über 50.000 Euro pro Team – eine etwas absurde, aber aufschlussreiche Rechnung. Nehmen wir eine andere, die einen Solidarfonds zur Folge hätte: Ohne die Gehälter der Stars im Einzelnen zu kennen – Kane, Kimmich, Sané oder auch Süle sollen zweistellige Millionenbeträge erhalten – lese ich von kumulierten Gehältern der 1. Bundesliga von mehr als 1,5 Milliarden Euro.

Würde jeder Profi 10 Prozent seines Einkommens – inklusive Prämien und Werbeeinnahmen – abgeben, könnten alle Jugendteams in Deutschland jährlich weit über 1.500 Euro erhalten. Für unseren FC Internationale wären das rund 50.000 Euro Jahr für Jahr, die wir verpflichtend in die Ausbildung stecken würden. Doch ich würde noch einen Schritt weitergehen: Mehr als eine Milliarde Euro aus TV-Geldern fließen an die Profiklubs, generiert werden sie vor allem durch Abonnements von Fans, die nicht zuletzt aus dem Amateurfußball kommen.

Deshalb wäre es folgerichtig, auch diese in die Betrachtung einzubeziehen. Das wäre mal eine echte Wertschätzung für bessere Jugendarbeit an der Basis, die von den Bundesligisten ja gern gefordert wird! Gleichzeitig würde so ein Fonds Gefühle schaffen, die dieses Land dringend braucht: Zusammenhalt, Vertrauen und Solidarität. Bleibt die entscheidende Frage: Wer beim DFB besitzt Mut und Ambitionen, sich endlich dafür einzusetzen?