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Schiris in England machen blau
Gelbe und Rote Karten gibt es seit der WM 1970. In England wollen sie jetzt Zeitstrafen testen - mit einer Blauen Karte. Eine gute Idee?
Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!
Kleine Wissensfrage vorm Wochenende: Seit wann gibt es beim Fußball Gelbe und Rote Karten? Ich sage es gleich: seit der WM 1970 in Mexiko. Seit 54 Jahren. Die Gelbe Karte soll eine Verwarnung sein, die Rote Karte ein Platzverweis. Wer Rot sieht, ist mindestens im nächsten Spiel gesperrt. Meistens länger.
Irgendwann haben die Regelhüter Gelb-Rot eingeführt. Die Floskel „Gelb-Rote Karte“ ist eigentlich nicht korrekt – denn die gibt es nicht. Wenn man nach einer Gelben Karte im Spiel ein zweites Mal Gelb sieht, folgt Rot. Gelb-Rot bedeutet dann: runter vom Platz und ein Spiel Sperre. Mir hat das nie gefallen.
Denn Gelb-Rot war immer so ein Zwitter-Ding: mehr als eine Verwarnung, aber kein formvollendeter Platzverweis, trotzdem eine Sperre, aber nur limitiert – das ist nichts Richtiges und nichts Ganzes. In der Bezirksliga damals sowie heute beim Handball und Eishockey gibt es eine bessere Lösung: Zeitstrafen.
Dem Übeltäter wird Zeit eingeräumt, über seine Tat nachzudenken. Er sitzt ein paar Minuten draußen, darf aufs Feld zurück, sich geläutert zeigen. Die Regelung hat drei Vorteile: (1) Strafe mit Chance auf Bewährung, (2) kein Qualitätsverlust an Spielern, (3) Dramatik durch ein zeitlich begrenztes Überzahlspiel.
In England wollen sie Zeitstrafen beim Fußball ausprobieren* und die Abkühlung per Schiri-Entscheidung farblich markieren: mit einer Blauen Karte, sichtbar fürs Publikum im Stadion und daheim am Fernsehgerät. Blau läge im Strafenkatalog des Schiedsrichters exakt in der Mitte zwischen Verwarnung und Platzverweis.
Wer’s übertreibt, sitzt wie früher in der Schule in der Ecke und muss zusehen, wie die Kollegen seine Auszeit kompensieren. Die Zeitstrafe muss lange genug dauern, damit der schlimme Finger sich abkühlt – aber er wäre nicht beim Duschen. Und hinterher hochmotiviert, eine Runde Uno auszuspielen. Mit dem Gegenspieler.
Ein farbenfrohes Wochenende wünscht
Euer Pit Gottschalk
*Wie in Hessen, Bayern und im Saarland.
⚽️ Unser Podcast
„Bayern ist eine Vorstandsmannschaft“
Ein möglicherweise wegweisendes Gipfeltreffen steht am 21. Bundesligaspieltag an: Bayer Leverkusen empfängt den FC Bayern. Pit Gottschalk und Malte Asmus wagen sich im wahrsten Sinne des Wortes „ran“ an das Topspiel – zusammen mit Martin Volkmar, dem Chef vom Dienst bei Ran. Sie blicken auf die Ausgangslage, die Chance von Bayer Leverkusen, sich abzusetzen, auf die Probleme der Bayern, und die Zukunft von Thomas Tuchel uvm. Weil Martin Volkmar seit seiner Kindheit Fan des MSV Duisburg ist, kommen die drei auch um eine Stippvisite im Abstiegskampf der 3. Liga nicht herum. Zum Podcast: Hier klicken!
⚽️ Wie Leverkusen seinen Ruf zerstört
Von Alex Steudel
Was die Spieler von Xabi Alonso seit Monaten abliefern, ist wirklich imageschädigend, Bayer Leverkusen ist drauf und dran, seinen Ruf zu zerstören, wonach am Ende immer alles schiefgeht. Wenn ich einem Menschen, der sich nicht für Fußball interessiert, dieses Phänomen erkläre, sage ich: Stell‘ dir ein hochmodern ausgestattetes Flugzeug vor, das in einer perfekt ruhigen Flugbahn seine Passagiere sicher an ihr Ziel bringt – und dann aus Versehen auf dem Kartoffelacker neben der Landebahn aufsetzt.
Das Beständigste an Bayer Leverkusen war stets seine Unbeständigkeit.
Und jetzt das: 30 Pflichtspiele ohne Niederlage, Platz eins in der Bundesliga, Halbfinale im DFB-Pokal.
Vizekusen in Gefahr!
Ich mag es gar nicht aussprechen: Bayer kann das Double gewinnen.
Wenn das so weitergeht, müssen wir unseren Kindern irgendwann beibringen, dass Leverkusen früher ständig Zweiter wurde. Sie werden uns einen Blick geben, als erklärten wir gerade, dass Smartphones vor 40 Jahren an einem Kabel festgemacht waren, das so kurz war, dass es gerade so nicht vom Flur bis ins Kinderzimmer reichte.
„Du, Papa, waren die Bayern echt auch mal Meister?“
Leverkusen fehlt nur ein Heimsieg im Spitzenspiel gegen die Münchner, dann ist die Sache meiner Meinung nach nicht mehr aufzuhalten, und im Mai brechen alle Dämme. Trainer Alonso würde einen weiteren Meilenstein setzen: Noch nie gewann ein Chefcoach bei seiner ersten erstklassigen Trainerstation schon nach 19 Monaten die Deutsche Meisterschaft. Selbst Sause-Sammer brauchte in Dortmund 22 Monate.
Ich finde das alles so schön und freue mich auf Samstag. Es wird ganz sicher das Spiel des Jahres: Ich erwarte viel Tempo, viel Zauber, viel Finesse, viel Mut, also wenig deutsche Nationalmannschaft.
Ich sage das, obwohl – strenggenommen – nicht die leistungsfähigsten Teams Deutschlands aufeinandertreffen. „Heute haben die beiden besten Mannschaften der Liga gegeneinander gespielt“, sagte Deniz Undav, Stürmer des VfB Stuttgart, am Dienstag nach dem Pokal-Viertelfinale in Leverkusen, und das muss für Bayernfans der schrecklichste Moment ihres Lebens seit Solskjaers 2:1 am 26. Mai 1999 gewesen sein.
Im Falle einer Niederlage gegen Leverkusen werden Millionen Bayern-Anhänger nach einer Fluchtmöglichkeit im Mai suchen, weil sie nicht mitansehen wollen, wie Alonso, Wirtz, Tah & Co. in Cabrios durch die Stadt gefahren werden und den 340 am Straßenrand stehenden Leverkusenern die Meisterschale präsentieren.
„Wohin soll’s denn gehen?“, wird man sie im Reisebüro fragen.
„Egal. Nur irgendwo hin, wo es kein Internet gibt.“
„Da empfehle ich Nordkorea. Oder einen ICE.“
Achtung, ganz neu: Der Steudel-Jahresrückblick!
Alle Kolumnen des Jahres 2023 gibt es jetzt als Buch-Jahresrückblick – plus nachträgliche Anmerkungen und WM in Katar. Titel: Und dann kam Harry Kane – Alles über das kuriose Fußball-Jahr 2023, 298 Seiten, 14,95 Euro: Hier bestellen! Wer fürs gleiche Geld ein signiertes Exemplar bevorzugt: Einfach eine Mail schreiben – an post@alexsteudel.de
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20.30 Uhr, DAZN: Bundesliga, Borussia Dortmund – SC Freiburg
⚽️ Klick gemacht
Mode-Erscheinungen für die Kreisliga
Was die Profis vormachen, ahmen die Amateure gerne nach. Sogar den größten Quatsch. Wer erinnert sich nicht an die Nasenpflaster, die auch in den Kreisligen Einzug hielten? Ein Hersteller hat sogar eine kleine Umfrage unter Profis gemacht. Ergebnis: Stutzen werden neuerdings abgeschnitten. Und noch absurder: Sie werden hinten an der Wade absichtlich mit Löchern versehen. Geht‘ s noch?
⚽️ Uefa-Präsident hört auf – aber warum?
Von Jonas Wagner
All der Wirbel, über den sich Aleksander Ceferin nun lauthals beschwert, wäre doch gar nicht nötig gewesen. „Wir müssen die Statuten zur Amtszeitbegrenzung aus rechtlichen Gründen anpassen. Aber beruhigen Sie sich, es ist nicht zu meinem Vorteil, ich trete nicht noch einmal an“, hätte der Uefa-Boss sagen können – wenn er seine Pläne vor dem Kongress nur einmal klar kommuniziert hätte.
Tat er aber nicht.
Und so bleiben mehr Fragen als Antworten nach der überraschenden Rückzugsankündigung. Etwa: Was steckt hinter der Entscheidung des Uefa-Präsidenten, die er bereits vor sechs Monaten getroffen haben will? Warum enthüllte er sein Vorhaben nicht früher, um den Kritikern – auch in den eigenen Reihen – den Wind aus den Segeln zu nehmen?
So wirkt sein Vorgehen viel mehr wie ein fragwürdiger Loyalitätstest. Er wolle die „wahren Gesichter“ einiger Menschen sehen, lautete die seltsame Erklärung Ceferins. Auch dabei stellt sich jedoch die Frage nach dem Warum, wäre er doch in drei Jahren nicht mehr auf die Unterstützung der Mitglieder bei einer Wahl angewiesen gewesen.
Sollte es jedoch wirklich so gewesen sein, wäre der englische Verband, der gegen die Statutenänderung stimmte, durchgefallen. Ebenso Ceferins langjähriger Vertrauter Zvonimir Boban, der bereits im Vorfeld aus Protest zurückgetreten war.
Klar ist nur: Ceferin steht unter Druck, er lässt keine Gelegenheit aus, um gegen die Super League zu schießen. Im EM-Jahr will der Slowene die Reihen innerhalb des europäischen Dachverbandes schließen.
Doch aufgrund seines Verhaltens redet die Fußballwelt nun erstmal nur über ihn. Dafür ist Ceferin selbst verantwortlich. Warum er nicht mit offenen Karten spielt? Erklären wollte Ceferin das nicht so recht, als er nach einer skurrilen Wutrede und nur drei Fragen die Pressekonferenz beendete.
Jonas Wagner ist Redakteur beim Sport-Informationsdienst (SID)
⚽️ Was sonst noch so los ist
⚽️ Alle mal herschauen!
Starker Nachwuchs, wenig Erfolg: Probleme der Ostklubs
Seit dem Mauerfall kam der Profi-Fußball in der ehemaligen DDR nicht wirklich auf die Füße. Doch wieso sind nur so wenige Vereine aus dem Osten in den deutschen Profiligen erfolgreich? Von den 56 Klubs im Profi-Fußball kommen nur sieben aus dem Gebiet der ehemaligen DDR. Dabei sind im Nachwuchs noch mehr als ein Viertel der Junioren-Nationalspieler aus den neuen Bundesländern. In der A-Nationalmannschaft kommen aus dem aktuellen Kader nur zwei Spieler aus dem Osten. Zum Video: Hier klicken!