Israel-Team ohne Fans: Die Kapitulation vor der Angst
Maccabi Tel Aviv zieht Konsequenzen aus Sicherheitsbedenken bei Auswärtsspielen.

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Wenn ein Fußballverein freiwillig auf seine Auswärtskarten verzichtet, ist das mehr als eine Sicherheitsentscheidung. Es ist das Eingeständnis, dass der Sport seine Schutzfunktion verloren hat. Maccabi Tel Aviv wird am 6. November ohne eigene Fans in Birmingham antreten – nicht weil die UEFA es verbietet, sondern weil der Klub selbst die Reißleine zieht. Das ist der eigentliche Skandal dieser Geschichte.
Die Begründung klingt vernünftig: Sicherheit geht vor. Die Polizei stufte das Spiel als Hochrisikobegegnung ein, verwies auf Geheimdienstinformationen und die Gewaltexzesse beim Ajax-Spiel im vergangenen Jahr. Maccabi spricht von einer „toxischen Atmosphäre“ und „hasserfüllten Unwahrheiten“ gegen seine Anhänger. Wer könnte da widersprechen? Niemand will Bilder wie aus Amsterdam, wo israelische Fans gejagt und attackiert wurden.
Doch genau hier liegt das Problem. Die Entscheidung spiegelt zwar die angespannte Sicherheitslage wider, aber sie kapituliert auch vor ihr. Wenn Vereine anfangen, präventiv auf ihre Rechte zu verzichten, weil sie Gewalt befürchten, dann haben die Gewalttäter bereits gewonnen. Dann wird aus dem Stadion kein Ort der Begegnung mehr, sondern eine Festung der Segregation.
Maccabi Tel Aviv stürzt England in ein Dilemma
Die britische Regierung versteht dieses Dilemma. Sie bedauert Maccabis Entscheidung und respektiert sie gleichzeitig – ein diplomatischer Spagat, der die eigene Hilflosigkeit kaschiert. Premierminister Starmer hatte noch versucht, den ursprünglichen Ausschluss zu verhindern, scheiterte aber an der Realität der Sicherheitslage. Sein Sprecher formulierte es treffend: Das Spiel werde „als Waffe eingesetzt, um Gewalt und Angst zu schüren“. Nur: Was hilft diese Erkenntnis, wenn man ihr nichts entgegensetzen kann?
Die Kritik an der „toxischen Atmosphäre“ zeigt, wie tief die gesellschaftlichen Spannungen mittlerweile in den Fußball eingedrungen sind. Was früher auf dem Platz ausgetragen wurde, verlagert sich zunehmend auf die Tribünen und Straßen. Der Sport wird zur Projektionsfläche für Konflikte, die er weder verursacht hat noch lösen kann.
Maccabis Verzicht ist verständlich, aber er ist auch ein Armutszeugnis für den europäischen Fußball. Wenn wir nicht mehr garantieren können, dass Fans sicher zu einem Auswärtsspiel reisen können, dann haben wir ein fundamentales Problem. Dann ist der Fußball nicht mehr das verbindende Element, als das wir ihn gerne sehen, sondern nur noch ein weiterer Schauplatz gesellschaftlicher Verwerfungen. Birmingham wird zum Symbol dieser Kapitulation – ein Heimspiel ohne Gäste, ein Fußballabend ohne echten Fußball.