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Wir sollten den Schiris dankbar sein

In Berlin brauchen Schiedsrichter sogar psychologische Betreuung, um mit Anfeindungen fertigzuwerden

Foto: Adobe / Alain Vermeulen

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Von Gerd Thomas

Im Dortmunder Westfalenstadion konnten am Freitag selbst absolute Experten in Sachen Regelkunde noch etwas lernen. Mehrfach wurde der VAR bemüht, einige anschließende Entscheidungen waren zumindest überraschend. Wenn es schon in der Hightech-Bundesliga umstrittene Urteile der Unparteiischen gibt, wie soll es dann in den unteren Ligen besser sein.

Am Wochenende habe ich mehrere Schiedsrichter gesehen, sie waren oftmals nicht zu beneiden. Selbst innerhalb der Teams und unter deren Anhängern gab es unterschiedliche Einschätzungen. "Der hat doch geschoben!", meinte der eine. "Normaler Körpereinsatz!" antwortete der andere. "Egal, es war vorher gar keine Ecke!" sagte ein Dritter. So geht es Sonntag für Sonntag. Ich bin auch nicht mit jedem Pfiff einverstanden, aber ich bin froh, dass es immer noch Schiedsrichter gibt, die trotz zunehmender Kritik bereit sind, Spiele zu leiten.

Beim Berliner Fußball-Verband gibt es sogar eine psychologische Betreuung, finanziert durch den Hauptsponsor von Werder Bremen. Danke dafür! Besonders gut gefallen hat mir das Spiel der D-Jugend des FC Internationale gegen die Berliner Amateure, denn die Jungs spielten nicht nur gut, sie benötigten auch keinen Schiedsrichter, regelten alles selbst. Streit gab es an keiner Stelle. Vielleicht sollten die Großen das auch mal ausprobieren.

In diesem Falle waren auch die Eltern völlig ruhig, was nicht auf jedem Platz so ist. Bei dieser Partie waren erfahrene Trainer am Spielfeldrand, was ein Vorteil ist. Aber ich kenne auch jede Menge junger Coaches, die ihre Sache sehr gut machen. Überhaupt ist es wünschenswert, dass aktive Spielerinnen und Spieler der Erwachsenenteams Kinder trainieren, denn sie sind in der Regel gute Sportler und noch voll im Saft, können oftmals auch besser mit den Kids umgehen. Es ist nicht leicht, solche Trainer zu finden.

Denn in den mehr als 10 Stunden, die so ein ehrenamtliches Traineramt wöchentlich in Anspruch nimmt, könnten sie sich mit einem Nebenjob auch das Geld für die Miete verdienen, die nicht nur in der Hauptstadt immer teurer wird. Wir sind dazu übergegangen, Aufwandsentschädigungen zumindest auf dreistellige Beträge anzuheben, haben dafür die Mitgliedsbeiträge deutlich erhöht. Für Mindestlohn reicht das längst nicht, dafür aber für Unverständnis einiger Eltern, auch wenn die Summe keine 10 Prozent der Kosten für ihr Auto beträgt. Es ist eben alles eine Sache der Prioritäten.

Selbstverständlich ist jede Ausschreitung, jeder Gewaltvorfall einer zu viel. Zwei Dinge haben sich tatsächlich drastisch verändert. Früher waren nur wenige Eltern bei den Spielen ihrer Kinder zugegen. Man freute sich wahrscheinlich, mal seine Ruhe zu haben und vertraute auf die Trainer. Heute wird gefühlt jedes Kind mit dem Elterntaxi gebracht, die Erzeuger sind mit dabei. Viele von ihnen haben natürlich viel mehr Ahnung als der Coach. Und manchmal gibt es sogar Auseinandersetzungen unter den Erziehungsberechtigten.

Der jüngste Lagebericht des DFB weist peinlicherweise gut 100 Spielabbrüche bei D-, E- und F-Jugend aus. Diese passieren nicht nur in so genannten Brennpunkten, sondern durchaus auch in schnieken Stadtteilen. Schwer vorstellbar, dass sie durch die Spieler verursacht wurden.

Zudem gab es früher kein Internet, somit auch kein Social Media, keine heimlichen Tabellen, keine Spielberichte von Trainern oder Eltern mit wenig bis gar keinem journalistischem Verstand. Ich könnte zig Beispiele anführen, bei denen in Blogs, Internetforen oder Fußballportale reichlich dummes Zeug bis hin zu glatten Falschmeldungen auftaucht, gern garniert mit Rechtschreibfehlern und ohne Zeichensetzung, dafür aber mit einer großen Portion Subjektivität. Das macht die Stimmung unter den Vereinen nicht besser.

Besonders froh bin ich immer, wenn ich davon höre, dass besser situierte Eltern bedürftige Kinder unterstützen, bspw. damit diese auch mit ins Trainingslager fahren können. Das sind die Momente, in denen der Amateursport zeigt, wie eine solidarische Gesellschaft aussehen könnte. Es sollte mehr davon geben.

Gerd Thomas ist Vorstand beim FC Internationale Berlin und schreibt in seiner Kolumne auf Fever Pit'ch, wie es an das Basis zugeht

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