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Auf dem Sportplatz konstruktiv streiten

Beim Fußball geht's hitzig zu, logisch. Aber wie verhindert man, dass die Situation eskaliert? Gewaltvorfälle sind leider an der Tagesordnung

Wie soll man da sachlich bleiben? Foto: privat
Wie soll man da sachlich bleiben? Foto: privat

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Auf dem Fußballplatz spielen sich manchmal unschöne Ereignisse ab. Meistens, weil eines der Teams das Ergebnis nicht akzeptieren will. Auffällig ist, dass es aktuell bereits nach wenigen Spieltagen zu Meldungen über Gewaltvorfälle und Spielabbrüche kommt.

Mag sein, dass es in dieser Saison nicht schlimmer als in vorherigen wird. Aber man hat den Eindruck, das Frustlevel steigt bei vielen an, die Zündschnur wird kürzer. Vielleicht ist die ruppige politische Großwetterlage schuld. Auf jeden Fall scheinen viele Menschen trotz Wohlstands und Dax-Höchststand zurzeit nicht bester Laune zu sein.

Gewalt im Amateurbereich - Wenn der Fußball zur Nebensache wird
Im deutschen Amateurfußball gab es in der vergangenen Spielzeit 542 Polizeieinsätze bei 1,5 Millionen Spielen. Auf Sportplätzen gibt es ein Problem mit Gewalt.

Der Fußballplatz gilt vielen als Ventil, um mal Dampf ablassen zu können. Der in der Woche angestaute Frust wird am Sonntag am besten mit einem strahlenden Sieg kompensiert. Diese Methode funktioniert aber nicht immer. Leidenschaftliche Sportler wissen, dass Misserfolge ganz schön am Seelenzustand nagen können.

In den letzten Wochen habe ich von Schlägereien und einem spuckenden Trainer gehört. Ein erfahrener und besonnener Spieler, seit Jahren ein hervorragender Jugendtrainer, wurde in der Ü50 gar von einem Kontrahenten verfolgt und schloss sich gerade noch rechtzeitig in der Kabine ein.

Bei einem Spiel einer C-Mädchenmannschaft wurde ein Schiedsrichter – immerhin früherer Nationalspieler eines afrikanischen Landes – von einem Zuschauer übelst diskriminiert, ohne dass der Heimverein eingriff. Ein Freund sprach von Übergriffen bei einem Kreisligaspiel, die er sogar auf Video hat. Der Schiedsrichter wollte aber keinen Sonderbericht schreiben.

Sogar Prominenz schützt nicht vor durchdrehenden Spielern. So musste Max Kruse, inzwischen in der Berliner Kreisliga am Start, nach dem Spiel gegen die Influencer-Truppe um Ex-Jugendnationalspieler Sidney Friede klarstellen, dass Gewalt nicht auf den Fußballplatz gehöre. Das Spiel zwischen den beiden Teams wurde vom Schiri kurz vor Schluss abgebrochen, woran die beiden Erwähnten aber keine Schuld trugen, außer dass sie zu den Torschützen gehörten.

Rot, Last-Minute-Tor, Abbruch und Polizeieinsatz bei Delay-Partie
Die Partie zwischen Al-Dersimspor II und Delay Sports nimmt eine dramatische Wendung in der Schlussphase

DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann betont immer wieder, 99 Prozent aller Spiele seien frei von Gewalt und diskriminierenden Vorfällen. Zumindest, was die zweite Sache angeht, würde ich nicht darauf wetten. Die meisten Beleidigungen rassistischer oder sexistischer Art werden einfach nicht zur Anzeige gebracht oder von Schiedsrichtern nicht im Spielbericht aufgeführt.

Immer wieder hört man von Unparteiischen, die kein Bedürfnis nach einer oftmals unangenehmen Sportgerichtsverhandlung verspüren. Viele Angeklagte nehmen es nicht so richtig ernst mit der Wahrheit. Viele Vorstände unterstützen ihre Schützlinge dabei, auch wenn das niemand öffentlich thematisiert.

Läuft beim Amateurfußball also alles aus dem Ruder? Sicher nicht! Die positiven Effekte überwiegen, auch die volkswirtschaftlichen. Der Fußball tut sehr viel für die Gesellschaft. Zum Beispiel für die vielen jungen Menschen, von denen inzwischen so viele rechtsextrem wählen. Es gibt Wissenschaftler, die halten den Sportverein für die Schule der Demokratie.

“Schwere Gewaltexzesse nehmen ab”
Dennis Dietel leitet seit zwölf Jahren das Sportgericht des Berliner Fußball-Verbandes. Der 49-Jährige spricht mit FUSSBALL.DE über die Gewaltenwicklung im Fußball.

Der Fußballverein ist das Spiegelbild der Gesellschaft. Bedeutet auch: Was wir auf Schulhöfen, in der S-Bahn, auf der Straße erleben, gibt es auch beim Fußball.

Bei den Profis sind es seltener die von zahlreichen Kameras beobachteten Spieler, die Ärger machen. Gleichwohl gibt es in einigen Fanszenen immer wieder Stress, um es moderat auszudrücken. Klar auch hier gibt es positive Effekte wie Zusammenhalt und Kreativität.

Doch wir sollten Vorfälle nicht achselzuckend hinnehmen. Im Amateurbereich sind gerade die Landesverbände und der DFB gefordert, Auseinandersetzungen offensiv entgegenzutreten und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Einige gute Ansätze gibt es, aber es ist sehr schwer, diese in den Vereinen zu platzieren.

Zu den Verbandssitzungen und Spielklassentagungen vor der Saison kommen immer weniger Leute, Gegenrezepte zur Sitzungs-Abstinenz sind sehr schwer zu finden. Dabei wäre es die Gelegenheit, sich mal untereinander von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen. Aber viele Vereinsvorstände fühlen sich einfach überfordert, neben fehlender Wertschätzung die meistgenannte Äußerung bei unserer Reihe zur Stärkung des Ehrenamts.

Gewalt und Diskriminierung im Amateurfußball
Gewalt und Diskriminierung im Amateurfußball

Es ist wie im Rest der Gesellschaft: Wir reden zu wenig miteinander und verlernen das konstruktive Streiten um Verbesserungen. Eine Videokonferenz ersetzt keinen persönlichen Kontakt. Digitalisierung ist für vieles ein Segen, aber wenn Kommunikation nur noch per Bildschirm stattfindet, haben wir ein Problem.

Mein Tipp: Die Verbände sollten die persönliche Kommunikation einfordern. Gibt es bspw. zwischen zwei Vereinen immer mal wieder Stress, müssen die Vorstände sich an einen Tisch setzen, ggf. im Rahmen einer Mediation. Um diese durchzuführen, braucht es aber Menschen, die der Methode fachkundig sind. Das sind auch bei den Verbänden die Allerwenigsten. Man kann das schulterzuckend bedauern. Man kann sich aber auch zum Ziel setzen, diesen Umstand zu ändern. Im Sinne des gesamten Amateurfußballs.

Gewalt im Amateurfußball: Täter und Opfer sollen miteinander reden
45 Gewalttaten gab es vergangene Saison auf Bremer Fußballplätzen. Ein Video einer Tat erregte bundesweit Aufsehen. Ein neues Projekt soll nun helfen.

Noch ein Wort zum viel gescholtenen DFB. Man kann nicht sagen, dass man sich dort nicht mit dem Thema Gewalt auseinandersetzt. Auch wenn es nicht zum Amateurfußball gehört, aber diskriminierende Äußerungen bei Länderspielen werden bei Kenntnisnahme tatsächlich sofort zur Anzeige gebracht. Und auch sonst hat man Gewalt zumindest im Blick.

Die Gerichtsbarkeit obliegt aber den Landesverbänden. Insofern ist die Parole „Sch… DFB“ auch hier nicht angebracht.

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