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WM-Aus! Das Ende einer Mogeltruppe

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Sonntag war der erste Advent, und in Deutschland gehen die Lichter aus - mit einem 4:2 gegen Costa-Rica. Die Nationalmannschaft leistete wirklich Historisches: Es ist das zweite Vorrunden-Aus bei einer Weltmeisterschaft in Folge. Nur in letzter Sekunde wurde vermieden, dass der DFB in 92 Jahren WM-Geschichte erstmals kein Spiel in der Vorrunde gewann.

Das WM-Aus 2022 ist das peinliche, das beschämende, das unerwartete Ende einer Mogeltruppe. Nichts hat gestimmt. Nicht die Abwehr. Nicht die Mentalität im Mittelfeld. Nicht die Außenpositionen. Nicht der Sturm. 1:2 gegen Japan, 1:1 gegen Spanien und jetzt 4:2 gegen Costa Rica. Wer meint, mit halber Kraft eine WM bestreiten zu können, verdient sein Aus.

Zur Tagesordnung übergehen darf jetzt niemand. Das deutsche Team war ja nicht schwach aufgestellt. Zum WM-Kader gehörten Spieler, die schon die Champions League gewonnen (die Bayern-Profis und Kai Havertz) und die Premier League dominiert haben (Ilkay Gündogan). Und die schon Weltmeister waren (u.a. Manuel Neuer und Thomas Müller).

Offensichtlich gelang es nicht, aus der Sammlung von Einzelkönnern ein schlagfertiges Team zu formen. In zwölf Länderspielen im Jahr 2022 spielte Deutschland nur zweimal zu Null - gegen die Fußballzwerge Israel und Oman. Berauschenden Spielen wie gegen Italien (5:2) folgten zu häufig peinliche Auftritte wie gegen Ungarn (0:1).

Unbeständigkeit und Unvermögen sind ungewöhnlich für den DFB im Allgemeinen und für Bundestrainer Flick im Besonderen. In seiner kurzen Zeit beim FC Bayern hat er ja bewiesen, wie er einen verschworenen Haufen formen und Titel im Schnelldurchlauf sammeln kann. In Katar hatte er den Stamm dieser Spieler beisammen. Woran lag es also?

Vielleicht daran, dass die Nebengeräusche um Katar-Kritik und Politik die Spieler defokussierten. Vielleicht daran, dass andere Nationen noch mehr Leidenschaft fürs eigene Land zeigen als die Egozentren made in Germany. Vielleicht auch daran, dass wir doch nicht so gut sind, wie wir immer glauben. Es gibt halt keinen deutschen Lewandowski oder Mbappé.

Nicht für alle Probleme, Nachteile und Beeinträchtigungen kann man den DFB und seinen Nationalelf-Direktor Oliver Bierhoff verantwortlich machen. Für ein paar aber schon. Der Skandal um die Spielführerbinde wurde nicht rechtzeitig abgeräumt, sondern, schlimmer noch, durch Inkonsequenz eskaliert und kurz vorm Japan-Spiel nach oben auf die Agenda gehoben.

Und warum müssen die Spielerfrauen nach jedem Spiel und ohne Not ins WM-Quartier kommen? Wenn man einen Mannschaftsgeist schaffen will, dann sicherlich nicht dadurch, dass die Nationalspieler sich bei jeder Gelegenheit ins Privatleben zurückziehen können. Der Funke untereinander springt dann nicht über.

Bei der Generalprobe im Oman, dem einzigen Test vor der WM, hätte die Stammelf den Ernstfall durchspielen müssen. Stattdessen ließ Hansi Flick Leute auflaufen, die im ersten Gruppenspiel keine Rolle spielten. Ist das sinnvoll? Ganz sicher nicht. Darum gibt es keine Ausreden: Der DFB hat seine wenigen Chancen, die er hatte, ungenutzt verstreichen lassen.

Der Bundestrainer kann sich deswegen nicht aus der Verantwortung stehlen, sondern muss einsehen, dass er Fehler gemacht hat. Wie jetzt gegen Costa Rica: Warum lässt er den einzigen brauchbaren Torjäger draußen, wenn er Tore braucht? Warum zerreißt er das Herzstück um Kimmich im Mittelfeld? Das waren alles unnötige Fehlentscheidungen.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist bekannt dafür, dass er mit gespielter Selbstkritik möglichst bald zu seiner liebgewonnenen Weiter-So-Mentalität zurückkehren will, indem er Betroffenheit mimt oder die nackte Wahrheit relativiert. Aber die Bestätigung der WM-Blamage von 2018 erlaubt keine Ausreden mehr: Beim DFB darf kein Stein auf dem anderen bleiben.

Im Schnitt gewinnt Deutschland alle 20 Jahre eine Weltmeisterschaft, die nächste also 2034. Folglich bleiben zwölf Jahre für einen Prozess, der mit Analysen, mit Willen zur Gestaltung und mit echtem Management in einer hoffentlich erfolgreichen Erneuerung mündet. Zwölf Jahre: Das klingt lang. Aber heute, 2. Dezember 2022, ist der erste Tag dieser zwölf Jahre.

Eine reformbedürftige Zeit wünscht

Euer Pit Gottschalk

Ein "Weiter so" darf es nicht geben

Ein "Weiter so" darf es nicht geben

Nach dem peinlichen Gruppen-Aus in Russland 2018 und dem Achtelfinal-K.o. bei der EM im Sommer 2021 ist nach dem letztlich wertlosen 4:2 gegen Costa Rica auch die Weltmeisterschaft in Katar beendet, bevor die großen Spiele überhaupt begonnen haben.

WM-Aus! Das Ende einer Mogeltruppe

"Sind keine Turniermannschaft"

"Sind keine Turniermannschaft"

Nach dem WM-Aus der Nationalmannschaft hat Kai Havertz traurige Bilanz gezogen. Bei "Magenta TV" sprach der Offensivspieler nach dem in der Endabrechnung bedeutungslosen Sieg gegen Costa Rica davon, das "wir keine Turniermannschaft mehr sind".

Von Alex Steudel

Der WM-Kader von Costa Rica hat einen Marktwert in Höhe von 18 Millionen Euro. Ich hab's gestern Abend nach dem Abpfiff extra noch mal gegengecheckt, es stimmt also wirklich: Der Weltmeister von vor acht Jahren, Deutschland, wurde bei der WM 2022 von einer Mannschaft an den Rand einer Niederlage gedrängt, die inklusive aller ihrer Einwechselspieler rund vier Millionen Euro weniger wert ist als Thilo Kehrer.

Das ist hart, aber es spielt eigentlich keine Rolle mehr. Wir sind raus aus der WM. Und ich bin wütend. Ich glaube, ich bin wütender als alle deutschen Nationalspieler zusammen.

Apropos hart und apropos wütend. Deutsche Spieler waren früher wütend, wenn es darauf ankam, deshalb gewannen sie so oft gegen bessere Mannschaften. Heute sind sie lieb und gewinnen nicht mal mehr gegen schlechtere.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

Wenn es früher hart auf hart kam, spielten wir härter. Ich musste gestern Abend daran denken, wie die Bayern einmal in Manchester spielten, Stefan Effenberg David Beckham zu Boden streckte, sich dann genau neben ihn stellte und arrogant zu ihm hinunterschaute. Ich war damals selbst im Stadion. Man sah Beckhams ängstlichen Blick nach oben und wusste: Der hat jetzt Angst. Alle in Old Trafford wussten in dem Moment: Das war's jetzt wohl für ManU.

Heute sind wir lieb. Wir wollen keine Zeichen setzen. Wir wollen alles mit Taktik, 4-2-3-1, Standardsituationentrainer und purer Spielfreude schaffen. Egal gegen wen. Das hat zur Folge, dass wir sogar im wichtigsten Spiel des Jahrzehnts nicht mal in die Nähe einer gelben Karte kommen; und das sagt alles über Deutschland 2022. Null Verwarnungen gegen Costa Rica. Auch im Japan-Spiel: null mal gelb. Wir sind die nettesten Versager der Welt.

Alle suchen gerade nach Gründen, warum wir wieder ausgeschieden sind: schlechte Abwehr, kein richtiger Stürmer, falsche Aufstellungen, üble Wechsel. Das ist nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist: Wir sind nicht mehr wütend. Wir sinken beim leisesten Widerstand in die Knie. Kein Mensch hat mehr Angst vor uns.

Ende schlecht, alles schlecht

Ende schlecht, alles schlecht

Das ist ein Tiefschlag. Für Bundestrainer Hansi Flick. Für Manager Oliver Bierhoff. Und für die „Generation Kimmich“. Das erneute Aus bei der WM ist eine Hypothek für die Zukunft des deutschen Fußballs. Mal wieder stellen sich Personalfragen.

Unsere Männer bestechen stattdessen durch ihre Lässigkeit. Hacke, Spitze, eins-zwei-drei. Wir tun nur noch so als ob. Wir sind eine Mogeltruppe.

Nehmen wir Niklas Süle: den Mann, der Franz Beckenbauer sein möchte, aber Niklas Süle ist. Wenn der Dortmunder das Spiel verzögert (was anderes kann er nicht) und zaubern möchte, schämen sich sogar die Trägheitsgesetze.

Ilkay Gündogan! Zwirbler ohne Effekt, er dreht sich immer nur um die eigene Achse. Joshua Kimmich! Wütender Blick, zärtliche Beine. Schlotterbeck! Raum!

Thomas Müller!

(Aus Respekt vor seiner Lebensleistung und seinem sensationellen Abschiedsinterwiew: hier kein Wort mehr zu Müller. Aber ihr wisst schon.)

Hansi Flick widerspricht Bastian Schweinsteiger im TV

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Hochinteressante TV-Momente nach unserem WM-Aus: Hansi Flick ist zu Gast im ARD-Studio. Zunächst analysiert er die Horror-Vorrunde. Im Anschluss diskutiert der Bundestrainer intensiv mit ARD-Experte Bastian Schweinsteiger. Und attackiert ihn sehr deutlich!

Bastian Schweinsteiger hat es gestern so ausgedrückt. Man dürfe "nicht dem Gegner diesen Glauben geben. Davon bin ich enttäuscht. Das hatten wir früher nicht. Da haben wir den Gegner nicht mehr ins Spiel kommen lassen.“ Der deutsche Fußball müsse wieder "Führungsspieler ausbilden, die, wenn es schwierig wird oder mal 0:0 steht, diese Spiele kontrollieren“.

Wir sind weit entfernt davon. Ich denke, wir müssen uns neue Ziele setzen. Wenn wir uns für die nächste WM qualifizieren, wäre das schon ein Erfolg.

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WM heute im Fernsehen

16 Uhr, ZDF/Magenta: Gruppe H, Südkorea - Portugal, Ghana - Uruguay

20 Uhr, ZDF/Magenta: Gruppe G, Serbien - Schweiz, Kamerun - Brasilien

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