Wenn die Bundesliga blau macht


Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!
Mit noch mehr Verblüffung als auf Titel- und Abstiegskampf in der Bundesliga beobachte ich, was in der 2. Liga abgeht. Gestern war ich im Jahnstadion in Regensburg und sah einen entfesselten Hamburger SV, der 5:1 beim Abstiegskandidaten gewann.
Gleichzeitig verlor Tabellenführer Darmstadt 98 zum zweiten Mal in Folge und verpasste beim 1:2 in Hannover die Aufstiegsfeier. Zwischenzeitlich war plötzlich Heidenheim Spitzenreiter und verlor doch noch 2:3 in Paderborn. Die neue Tabellensituation verspricht Dramatik pur an den letzten beiden Spieltagen.
Ich liebe das.

Schade nur, dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) von ihrer Tradition abgewichen ist und nicht mehr - so wie früher - das Saisonfinale an zwei Spieltagen gleichzeitig stattfinden lässt. Die 2. Liga (wie die Bundesliga) spielt den 33. Spieltag von Freitag bis Sonntag; nur der 34. Spieltag findet geschlossen am Sonntag statt.
Die Änderung bedeutet: Freitagabend spielt Darmstadt 98 gegen Magdeburg (18.30 Uhr), Samstagmittag der 1. FC Heidenheim gegen SV Sandhausen (13 Uhr) und am Samstagabend der Hamburger SV gegen Greuther Fürth (20.30 Uhr). So fallen die Entscheidungen im schlimmsten Fall scheibchenweise.
Ich schaue trotzdem hin.
Einen blauen Montag wünscht
Euer Pit Gottschalk
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Spielt Schalke 04 nächste Saison in Königsrot?
Von Alex Steudel
Die aktuelle Bundesligatabelle hat etwas Verstörendes. Ich dachte ja erst, es handle sich um eine optische Täuschung, als ich es gestern zum ersten Mal bemerkte. Aber tatsächlich ist es so: Nur vier der 18 Klubs in der höchsten deutschen Spielklasse haben blaue Vereinswappen.
Und alle vier befinden sich in akuter Abstiegsgefahr.
Erleben wir gerade das Ende von Blau im Fußball?
TSG Hoffenheim (Platz 14), VfL Bochum (15), FC Schalke (16), Hertha BSC (18) – das sind die einzigen Vereine der Liga mit Blauanteil und gerade auch so ziemlich die schlechtesten. Aber das ist nicht alles, es handelt sich nämlich um ein historisches Problem. Hoffenheim und Bochum holten zum Beispiel noch nie die Deutsche Meisterschaft, Schalke und Hertha haben diesen Titel vor zusammengerechnet 157 Jahren letztmals gewonnen.
Der blaue Fluch! Das kann doch alles kein Zufall sein.
Für Psychologen ist das sowieso kaum überraschend, sie haben schon immer darauf hingewiesen: Rot symbolisiert Aggressivität, ein Trikot in dieser Farbe erschreckt jeden Gegner. Fragt mal den FC Bayern. Ihr Rot ist das psychologische Mini-Break, bevor's überhaupt losgeht.
Und hatte Boris Becker rote Haare oder blaue?

Blau ist, so heißt es, das Bindeglied zu Melancholie und Trauer. Nicht umsonst hat man im englischsprachigen Raum den "Blues", wenn man sich schlecht fühlt, und nicht etwa den "Reds". Oder den "Schwarzgelbs".
Auf Fußballdeutsch gesagt: Blau ist die vorauseilende Abstiegsfarbe.
Die vier bedrohten Bundesligisten hätten es also wissen müssen. Man fragt sich manchmal wirklich, wofür Vereinspsychologen ihr Geld bekommen, wo ihnen jetzt schon ein dahergelaufener Kolumnist ihren Job erklären muss.
Der hat noch etwas festgestellt: In den vergangenen drei Spielzeiten war am Saisonende nie ein roter Klub Letzter. 2022 Greuther Fürth (grün), 2021 Schalke 04 (blau), 2020 Paderborn (blau). 2023 ist die blaue Hertha in der Pole-Position. Vom vorrangig blauen HSV-Logo will ich gar nicht erst anfangen.
Nein: Rot ist die Farbe! Und der FC Bayern deshalb Rekordmeister.
Siegen die Schalker nächste Saison also besser in Königsrot? Sie sollten mal darüber nachdenken. Es kann doch kein Zufall sein, dass zum Beispiel der tiefkönigsblaue Edel-Schalker Benedikt Höwedes den wichtigsten Pokal seines Lebens in einem Trikot mit hohem Rot-Anteil holte: 2014 den WM-Titel.
Wer nun anmerken möchte, dass Höwedes ja mit Schalke den DFB-Pokal gewann, hat wohl vergessen, dass man an jenem 21. Mai 2011 die rotstichigen Auswärtstrikots tragen musste, weil der Gegner MSV Duisburg hieß und in Berlin "Heimrecht" hatte.
Der MSV, wen wundert's mit dem Wissen von heute, spielte damals in: blau-weiß.
Ja, schon die Legionen der Alten Römer traten vorwiegend in roten Unterhemden an, auch das im Zweikampf schützende Scutum der Römer war völlig rot (hinterher besonders), weshalb der Abstieg dieser Supermacht sich entsprechend lange hinauszögerte – das Aus kam erst 476 in der Relegation gegen die Germanen.


Jürgen Klinsmann setzte sich etwas später gleich nach seinem Amtsantritt (2004 n. Chr.) für rot-schwarze Auswärtstrikots ein, und sofort begann der unaufhaltsame Aufstieg des DFB-Teams, der 2014 im legendärsten WM-Spiel aller Zeiten, dem 7:1 gegen schockstarre Brasilianer, gipfelte – das deutsche rotschwarze Trikot hatte die Gastgeber schon im Spielertunnel mattgesetzt.
Wenige Tage später wurde das DFB-Team wie oben erwähnt Weltmeister: Ich muss vermutlich nicht eigens dazusagen, dass das einem großen roten Brustring zu verdanken war.
Gegner waren damals die Argentinier. Sie mussten in blau und weiß spielen.
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Immer wieder sonntags

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Heute im Fernsehen

Immer wieder Rückschläge für Hertha BSC
Von Florian Krebl
Der Abstieg von Hertha BSC, der nur eine Frage der Zeit scheint, wäre natürlich die logische Konsequenz der letzten Jahre. Das gnadenlos gescheiterte Windhorst-Investment, all die verbrannten Millionen - und trotzdem konnten sich die Berliner immer wieder retten. Bis jetzt. Im Mai 2023, zwei Spieltage vor Bundesliga-Schluss, fällt es schwer daran zu glauben. Die Probleme im Verein haben dazu geführt, dass die Hertha nicht mehr über eine in Liga eins konkurrenzfähige Mannschaft verfügt.
Nach Erfolgen, wie zum Beispiel dem 2:1-Sieg im Abstiegsduell vor einer Woche gegen den VfB Stuttgart, folgen Rückschläge - das 2:5 beim 1. FC Köln ist so ein Beispiel. Trainer Pal Dardai kritisierte die Mannschaft danach hart, die Zweikampfwerte reichten nicht für die Bundesliga, der Gegner sei schneller gewesen.

Das sind bittere Erkenntnisse, aber keine Neuigkeiten. Zu oft brach die Hertha unter Druck zusammen, zu selten trat sie über mehrere Spiele als stabiles Gebilde auf. So reicht es dann womöglich nur für einen der beiden hinteren Tabellenplätze.
Die finanziellen Probleme, die laut Medienberichten sogar die Lizenzerteilung für die kommende Saison gefährden sollen, blieben sicherlich auch im Unterhaus bestehen. Jedoch wäre Hertha sofort zum Sparen gezwungen, um den Etat auf Zweiliga-Niveau zu reduzieren.
Teure Leistungsträger wie Dodi Lukebakio oder Lucas Tousart müssten wohl verkauft werden, wodurch sich die hohen Personalkosten reduzieren ließen. Gesundschrumpfen in der 2. Liga? Das mag zunächst wie ein Ausweg aus der Misere klingen.
Doch die Gefahr besteht, dass Hertha jahrelang in der Zweitklassigkeit feststeckt. Stichwort: Hamburger SV. Und das kann im Westend auch keiner wollen.
Florian Krebl ist Redakteur beim Sport-Informationsdienst (SID)
Was sonst so los ist




Alle mal herschauen!

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