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Wegen Zahnpasta: Heiko Herrlich verpatzt Corona-Debüt

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

In den wenigen Stunden bis zum Re-Start der Bundesliga-Saison 2019/20 werden genügend Kommentare erscheinen, die den Beschluss der Klubs zur Fortführung des Profifußballs abermals grundsätzlich infrage stellen. Man muss die Argumente ernst nehmen. Aber nicht überbewerten.

Für alle Fußballliebhaber, die ihren Beziehungsstatus als "es ist kompliziert" bewerten, hat Peter Turi zur Coronakrise ein Poesie-Album veröffentlicht. Der Gründer und Verleger des Branchendienstes Turi2 sammelte auf fast 200 Seiten alle Arten von Liebeserklärungen an den Fußball.

Und das Gute daran: Fever Pit'ch Leser können kostenlos in seinem Werk schmökern und sich bis zum Anpfiff am Samstag um halb vier erinnern, welche Rolle Fußball in ihrem Leben spielt. Ich will's nicht so spannend machen, hier ist der Link - gerne klicken.

Ich selbst tauche in der Edition übrigens auch auf, genauer: auf Seite 92. In einem Doppel-Interview diskutiere ich mit Anna Kraft über die Lage, in die sich der Sportjournalismus manövriert hat. Eigentlich wollten wir uns in München persönlich austauschen. In Corona-Zeiten ging's nur schriftlich.

Ein abenteuerlustiges Wochenende wünscht

Euer Pit Gottschalk

In eigener Sache

Sonntagmorgen sitze ich erstmals wieder im Check24 Doppelpass. Die Runde bei den Moderatoren Thomas Helmer und Laura Papendick ist prominent besetzt: Neben Ministerpräsident Markus Söder wird auch der Bayern-Präsident Herbert Hainer zu Gast sein, dazu Weltmeister Roman Weidenfeller und Dennis Aogo. Los geht's um 11 Uhr auf SPORT1.

Wegen Zahnpasta: Herrlich verpatzt Corona-Debüt

Der Trainer des FC Augsburg plaudert eigenes Fehlverhalten aus

Heiko Herrlich geht trotz Team-Quarantäne zum Einkaufen und plaudert seinen Fehler auf der Pressekonferenz aus - siehe Video. Der Trainer des FC Augsburg zieht aus seinem Verstoß Konsequenzen und verpasst am Samstag sein Debüt.

Von Pit Gottschalk

Heiko Herrlich hat wochenlang auf dieses Wochenende gewartet und hingearbeitet. Er wollte endlich sein Trainer-Debüt beim FC Augsburg feiern und seinem neuen Sportchef Stefan Reuter mit drei Punkten gegen den VfL Wolfsburg beweisen, dass er die richtige Wahl gewesen ist.

Nun wird Heiko Herrlich am Samstag nicht auf der Trainerbank sitzen und seine Quarantäne, wo auch immer sie sein wird, nicht verlassen dürfen. Er ist Opfer seiner eigenen Ehrlichkeit geworden. Ohne Hintergedanken hat er auf der Pressekonferenz ausgeplaudert, dass er gegen Auflagen verstoßen hat.

Mal eben Zahnpasta und Handcreme wollte er holen, als er verstohlen das Mannschaftsquartier verließ und zum Supermarkt um die Ecke eilte. Er ging vom Zimmer runter und wieder zurück, weil er seine Maske vergessen hatte, lieferte sich einen Plausch mit der Kassiererin, kaufte ein und kehrte zurück.

Heiko Herrlich bereut seine Einkaufstour

Heiko Herrlich kauft während der Isolation Zahnpasta und Hautcreme - und entschuldigt sich später für seinen Fehler.

Nichts beschreibt die Anfälligkeit des verordneten Spielsystems typischer als diese Anekdote. Heiko Herrlich musste nicht enttarnt werden wie wenige Tage zuvor der Herthaner Kalou bei seinem Facebook-Video. Der Neue in Augsburg folgte einem nachvollziehbaren Trieb und dachte sich nichts dabei.

Sonst hätte er die Geschichte wohl kaum freimütig erzählt. Was aber nutzen die Vorschriften und guten Worte, wenn sogar das Führungspersonal der Liga die Regeln unterschätzt, umgeht und am Ende missachtet? Heiko Herrlich ist kein Dummer. Er hätte früher wissen müssen, was er da anstellt.

So wird es vielen Akteuren in der Bundesliga gehen. Man wird von einigen Vorfällen hören, die bestenfalls zum Schmunzeln reizen, schlimmstenfalls zum Wutausbruch, dass die Grenzen des Miteinanders nicht eingehalten werden. Taugt das Hygienekonzept der Bundesliga deshalb nicht?

"...das Toreschießen dann gleich verbieten"

Gladbach-Trainer Marco Rose hofft, dass Kritiker nicht nur darauf warten, dass jemand etwas falsch macht.

Man kann den Sachverhalt mit dem Straßenverkehr vergleichen. Jeder weiß, dass ein Autofahrer jederzeit eine Rote Ampel überfahren und für die Fußgänger zu einer tödlichen Gefahr werden kann. Soll man deswegen den Straßenverkehr grundsätzlich verbieten? Konsequent wäre es wohl.

Das Hygienekonzept stellt für die Bundesliga Regeln auf, um die Gefahr einer Ansteckung allenfalls zu minimieren. Beseitigen kann die gute Absicht das Risiko nicht. Die Frage ist eher: Wie groß ist das Restrisiko? Der Theorie folgt am Samstag der Praxistest.

Und eines muss klar sein: So wenig wie die Polizei jeden schnappt, der bei Rot über die Ampel fährt, wird nicht jeder Übeltäter überführt. Im Moment können wir über den törichten Heiko Herrlich lachen. Aber wehe, er bleibt kein Einzelfall. Zahnpasta und Handcreme reichen nicht mehr als Ausrede.

Bundesliga im Fernsehen

So sehen Sie den Re-Start im Free-TV und Live-Stream

Nach der Corona-Pause macht Sky die Bundesliga-Konferenz für alle Zuschauer frei empfänglich. So sehen Sie die Konferenzen live im TV und im Live-Stream.

Samstag

15.30 Uhr, Sky: Borussia Dortmund - Schalke 04, RB Leipzig - SC Freiburg, TSG Hoffenheim - Hertha BSC, Fortuna Düsseldorf - SC Paderborn, FC Augsburg - VfL Wolfsburg

18.30 Uhr, Sky: Eintracht Frankfurt - Mönchengladbach

Sonntag

15.30 Uhr, Sky: 1. FC Köln - Mainz 05

18 Uhr, Sky: Union Berlin - Bayern München

Montag

20.30 Uhr, offen: Werder Bremen - Bayer Leverkusen

Deutscher Fußball - endlich Vorreiter!

Warum es die Bundesliga verdient hat

Aller wohlfeilen Kritik zum Trotz: Wenn in der Bundesliga am Wochenende der Ball wieder rollt, fragt sich die Welt: Wie haben die Deutschen das bloß wieder gemacht? Wer eine gute Idee hat, sollte nicht gestoppt werden.

Von Alex Steudel

Man sagt ja über die Deutschen, dass sie besonders brav, fleißig und ordentlich sind und das Altbewährte lieben. Das kann natürlich auch Nachteile mit sich bringen. Ich will gar nicht mit Geschichte anfangen, denn das hier ist eine Fußballkolumne. Also: Das Altbewährte lieben. Im Fußball mussten wir in der Vergangenheit oft von der aktuellen Entwicklung erst so richtig überrollt werden, ehe sich etwas änderte.

Wir haben zum Beispiel den Libero so lange brav und fleißig eingesetzt, bis es furchtbar was auf die Mütze gab. Auch die moderne Raumdeckung war lange Zeit geächtet in Deutschland. Ein Bundesliga-Trainer sagte Anfang der Neunziger Jahre mal den großen Satz zu mir: "Herr Steudel, den Raum muss man nicht decken, der schießt nämlich keine Tore."

Warum hätten wir auch den Raum decken sollen, wir waren ja Weltmeister. Als in anderen Ländern Fußball-Mannschaften im Training schon auf kleinen Vierecken Taktik trainierten, machten wir noch Klappmesser zum Aufwärmen. Moderne Trainingsformen? Brachte Trainer Klinsmann. Aber erst 2004, als alles den Bach runterging. Wann fing der FC Bayern an, taktisch auf einem Level mit den internationalen Topklubs zu spielen? Erst 2009, unter Trainer van Gaal. Tempofußball? Spielten andere zuerst. Ach ja, und als Frankreich schon Fußball-Internate hatte, hatten wir noch Erich Ribbeck und eben jenen Libero, das Sinnbild für Rückstand.

Okay, ich übertreibe etwas. Was ich sagen will: Der deutsche Fußball musste oft erst hart geweckt werden, um dann den überfälligen Schritt nach vorn zu machen. Der Schritt wurde jedes Mal sehr groß, weil Deutsche ja sehr genau und fleißig sind. So gewannen wir Titel. Aber den ersten Schritt haben wir nie gemacht. Das ist jetzt ein bisschen anders. Wie der deutsche Fußball die weltweite Corona-Krise angeht, das hat nichts mehr mit Hinterherhecheln zu tun. Wir machen es einfach saugut, also den Umständen entsprechend. Und wir sind jetzt mal ganz vorn in der Entwicklung. Speerspitze und so.

Die Welt schaut am Wochenende auf uns, weil hier alle einigermaßen an einem Strang ziehen und den Re-Start möglich machen. Sogar die Fußballprofis selbst fallen nicht weiter negativ auf (mit Ausnahmen, zugegeben). Sie verzichten auf Gehalt, und sie essen weniger Goldsteaks. Sie werden wahrscheinlich nicht mal auf den Rasen spucken.

Die Bundesliga ist plötzlich Vorbild. Weltweit. Das ist super. Mensch, sogar der spanische Weltmeister Sergio Ramos, der schon im Kindergarten Raumdeckung spielte und modern trainierte, der nicht die geringste Ahnung hat, was ein Libero ist, und deutschen Fußball bestimmt hasst wie die Pest, findet uns plötzlich vorbildlich. Er hat es genau so gesagt!

Der deutsche Fußball 2020: Endlich Vorreiter!

Fußballrepublik Deutschland: Der Fußball hat leichtes Spiel

Politik und Fußball sind über die Jahre untrennbar miteinander verschmolzen. Die Wiederaufnahme der Saison ist ein Beweis dafür.

Paul Breitner spricht Klartext: Liga-Neustart zu früh

Er ist eine Legende des deutschen Fußballs: Paul Breitner gewann unter anderem mit der deutschen Nationalmannschaft, dem FC Bayern und Real Madrid die wichtigsten Titel im Weltfußball. Im Sportbuzzer-Interview kritisiert der 68-Jährige den Bundesliga-Neustart am Wochenende hart. Breitner spricht unter anderem Klartext über die am Donnerstag von der DFL beschlossenen fünf Auswechsel-Möglichkeiten und hätte sich durchaus Fans in den Stadien vorstellen können.

Perspektivwechel

Beim Abstieg hört die Freundschaft auf

Der Gemeinsinn der Fußballbranche endet bei der Auf- und Abstiegsregelung. Es gibt nur eine Lösung, über die offenbar noch kein Stratege richtig nachgedacht hat.

Abstiegskampf in der Videoschalte

Das ist kurz vor dem Re-Start der Saison vorbei. Die Frage, was passiert, wenn abgebrochen werden muss, spaltet die Klubs.

Wechselreform ja, Abbruch-Szenario vertagt

Zumindest das gilt: Während der Corona-Krise dürfen Trainer  fünfmal wechseln, um Spieler schonen zu können.

Noch einmal schlafen

"Wir hätten mal gefragt werden können"

Mark Uth befindet sich derzeit mit dem 1. FC Köln im Quarantäne-Hotel. Sonntag geht die Bundesliga für den FC gegen den FSV Mainz 05 weiter.

Borussia Dortmund rätselt noch

Mit vielen Fragezeichen geht der BVB ins Revierderby gegen Schalke. Es fehlen zahlreiche Stammspieler.

"Kollateralschäden in Kauf genommen"

Zweitligist Dynamo Dresden muss 14 Tage in Quarantäne. Der Mittelfeldspieler Marco Hartmann über Ängste der Spieler.

Was sonst noch so los ist

Ralf Rangnick beherrscht die Debatten in Mailand

Kommt er? Kommt er nicht? Der sportlich ergraute AC Milan denkt über Ralf Rangnick nach - emotional und kontrovers.

L'Equipe:  Tuchel-Entscheidung bei PSG gefallen

Offenbar hat sich die Klubführung jetzt zum Trainer bekannt, über die laufende Saison hinaus: Thomas Tuchel soll bleiben!

Hertha-Investor stellt Michael Preetz infrage

Auch Trainer Labbadia rückt in den Fokus des Investors, der trotz der Turbulenzen ein neues Millionen-Engagement ankündigt.

Alle mal herschauen!

Fußball und Feminismus: Das Private ist politisch

Jede*r Mensch, di*er feministisch denkt und handelt, kennt den Moment, indem si*er sich die Frage beantwortet: Möchte ich das unter diesem Begriff tun? Feminist*in? Nein, ganz so verpönt wie ehemals Emanze ist der nicht, aber schon ein Kampfbegriff und vielen daher ein rotes Tuch. Und dann kommt auch noch Fußball dazu. Ein Blogbeitrag von Mara Pfeiffer ("Wortpiratin").

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