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Was hat Heidenheim, das Köln nicht hat?

Beim Traditionsklub ist schon wieder Krise, beim Aufsteiger von der Ostalb machen sie seit Jahrzehnten alles richtig

Foto: Imago / Sportfoto Rudel

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Manche Dinge kann ich einfach nicht verstehen. Zum Beispiel, dass es ein Verein wie der große, legendäre und sponsorenbefüllte 1. FC Köln nicht schafft, über einen langen Zeitraum gut oder zumindest, das würde mir ja schon reichen, mittelmäßig zu spielen. Wie das andere in der Größenordnung auch schaffen.

Das 0:4 am Samstag gegen Borussia Dortmund spricht Bände. Trotz einer generalüberholten Trainerbank ist Köln Vorletzter und atmet nur noch schlapp. Zwei Siege hat der FC in dieser Saison auf die Beine gestellt – so weit war Bayer Leverkusen, als ich noch ins Freibad ging. Und wir steuern jetzt auf Spieltag 19 zu.

Das Ganze passiert bei gleichzeitiger Erstliga-Anwesenheit eines Klubs wie dem 1. FC Heidenheim, dem man aufgrund seiner Rahmenbedingungen eigentlich nach dem Aufstieg im Sommer gleich ein Abstiegsgarantie-Zertifikat hätte ausstellen müssen. Wie man sich täuscht.

Statt unterzugehen, fräsen sich die Schwaben aber ihren eigenen Weg durch die Bundesliga und ringen dabei gern auch mal einer Multi-Millionen-Truppe wie der des VfL Wolfsburg am Samstag ein 1:1 ab.

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Mittendrin Spieler, die bis kürzlich kaum einer kannte, und die doch so gut sind, dass es sie fast selbst erschreckt. Jan-Niklas Beste zum Beispiel, der jetzt sogar als deutscher Nationalspieler gehandelt wird.

Die Mannschaft von der Ostalb steht in der Bundesliga auf Platz neun, zwei Siege entfernt von einem Europapokalplatz. Ich frage mich: Was hat Heidenheim (48.000 Einwohner), das der 1. FC Köln (132.000 Mitglieder) nicht hat? Eine Antwort habe ich: doppelt so viele Punkte, nämlich 22 statt 11.

So etwas kann natürlich niemand auf die Schnelle erklären. Das Wort Kontinuität ist vermutlich der beste Ansatz. Heidenheim ist der Tanker, der seit Jahrzehnten unbeirrt immer neuen Zielen entgegensteuert. Der Weg ist programmiert, die Route wird gefahren, komme da, was wolle. Wellen und Tornados sind völlig egal.

Glosse: Jan-Niklas-Beste-Unterhaltung
Heidenheims Präzisionsschütze begeistert die Liga – trifft aber im ZDF-Sportstudio nur einmal an der Torwand. Experten stehen vor einem Rätsel.

Der 1. FC Köln ist eher der Typ Vip-Yacht. Macht was her, die Besatzung sonnt sich gern an Deck und trinkt ein Gläschen. Leider weiß offenbar niemand genau, wie man so ein Schiff stets auf Kurs hält, zum Beispiel, wenn wie so oft ein Sturm aufkommt. So gerät die schicke Yacht immer wieder ins Schlingern. 

Der FC ist ein Führungspersonaldurchlauferhitzer. Seit 2000 kamen und gingen rund 20 Trainer, nur einer (Peter Stöger 2013 bis 2017) hielt sich länger als 1000 Tage. Der Klub stieg ab und auf wie ein Supermarktdrachen.

In Heidenheim arbeiten Trainer Frank Schmidt und sein Boss Holger Sanwald wie Kurbelwelle und Kolben. Zusammen haben die beiden in ihrem Verein schon 47 Jahre abgerissen. Heidenheim kannte dabei nur eine Richtung: up.

“Naiv” und “richtig sauer”: Die Warnzeichen strahlen in Köln immer heller
Der 1. FC Köln erleidet gegen Dortmund den nächsten Tiefschlag. Das sorgt für deutliche Worte der Protagonisten und legt nahe: Der Trainerwechsel-Effekt nach der Installation von Timo Schultz könnte bereits verpufft sein.

Ich muss an fast jedem Wochenende daran denken, wie ich vor etwa 30 Jahren in Stuttgart meine ersten Schritte als junger Fußballreporter tat, und eines Tages endlich über die Landesliga schreiben durfte. Ich fuhr nach: Heidenheim.

Von so weit unten kommen die her. Der 1. FC Köln spielte damals übrigens an der Spitze der erste Liga mit. Außer Spesen nichts gewesen. 

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