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Trapp weg? Heuchelei bei St. Pauli?

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Montagabend plauderte ich beim Sport Bild-Award in Hamburg eine Weile mit Rudi Völler, und er war wie immer: aufmerksam, erhellend, höflich. So habe ich den Weltmeister von 1990 praktisch jedes Mal erlebt. Schon damals, als ich ihn als junger Reporter der Abendzeitung beim Arztbesuch in München abpasste. Rudi Völler setzte sich zu mir ins Treppenhaus auf die Stufen und nahm sich eine halbe Stunde Zeit, um meine wenig inspirierten Fragen geduldig zu beantworten.

Genauso Andreas Brehme. Er ist ein Weltstar und doch immer freundlich zu Fans und Journalisten. Auf Instagram weckt der Finaltorschütze von Rom regelmäßig Erinnerungen an die Zeit, als die Serie A (Italien) die führende Fußball-Liga in Europa war und die Bundesliga noch spannend verlief. Mir wurde 2019 die große Ehre zuteil, ihn für das Buch zur "Hall Of Fame" des deutschen Fußballs zu portraitieren. Auch damals, als der Ball auf dem Elfmeterpunkt lag, spielte Rudi Völler eine Rolle.

Weil Andy Brehme diese Woche angekündigt hat, dass seine Autobiografie Anfang Oktober erscheint, will ich die Gelegenheit nutzen und das Portrait heute als Lesestück bei Fever Pit'ch veröffentlichen. Es ist eine Zeitreise, die ein bisschen Aufmerksamkeit verlangt, aber mit der Erinnerung an eine schöne und prägende Phase des deutschen Fußballs dankt. Ich weiß nicht, ob der Exkurs vor der Aktualität wirklich jedem Leser gefällt. Aber das ist das Wunderbare an Fever Pit'ch: Ich mach's trotzdem.

Um Eintracht Frankfurt und FC St. Pauli geht's dann weiter unten.

Einen lesenswerten Mittwoch wünscht

Euer Pit Gottschalk

Andy Brehme und sein Moment für die Ewigkeit

Das WM-Finale 1990 vom Rom

Das WM-Finale 1990 vom Rom

Das WM-Finale Argentinien gegen Deutschland am 8. Juli 1990 in Rom: eine einer Neuauflage des Endspiels von 1986. Andreas Brehme sorgt mit dem einzigen Tor der Partie per Elfmeter für den dritten Weltmeister-Titel einer deutschen Nationalmannschaft.

Von Pit Gottschalk

Der eine Moment, der alles verändern kann. Der Moment, wenn dir die ganze Welt auf die Füße schaut. Die Mitspieler auf dem Rasen. Teamchef Franz Beckenbauer mit seinem Trainerstab draußen am Spielfeldrand. Fast 73.000 Zuschauer im viel zu weitläufigen Olympiastadion von Rom. Knapp 29 Millionen im bald wiedervereinigten Deutschland. Vermutlich ein Milliardenpublikum an den Fernsehgeräten weltweit.

Ein solcher Moment, erschaffen für die Ewigkeit, macht dich zu einem einsamen Menschen. Es gibt nur: dich und den Ball. Andreas Brehme verliert, bevor er am 8. Juli 1990 Ball und Fußballhistorie auf jenem Elfmeterpunkt in Rom zurechtlegt, jedes Zeitgefühl. “Sieben, acht Minuten” habe das lästige Vorgeplänkel gedauert, sagt er hinterher. In Wirklichkeit sind es handgestoppte 90 Sekunden. Heute lacht Brehme darüber.

Er selbst will erst Tage später im Sardinien-Urlaub die Bedeutung des einen Moments begriffen haben, diese 85. Spielminute im WM-Endspiel gegen Argentinien, die seitdem sein Leben bestimmt. Der Steilpass von Lothar Matthäus in den Strafraum. Die Grätsche von Roberto Sensini gegen Rudi Völler. Der Pfiff von Schiedsrichter Edgardo Codesal Mendez. Und er - plötzlich am Elfmeterpunkt. Alleine. Andreas Brehme schmunzelt.

Immer und immer wieder soll er Leuten Anekdoten von diesem Moment im WM-Finale von 1990 erzählen, “jeden Tag”, wie er sagt, und an Jubiläumstagen noch ein paar mehr. Von seinen Gedanken beim Torschuss unten links. Seinem Respekt vor Torwart Goycochea. Seinem Dialog vorher mit Völler. Seiner Beziehung zu Matthäus. Von seiner Karriere. Die Sätze klingen jedes Mal gleich und trotzdem nicht auswendig gelernt.

Die eine Anekdote geht so. Völler kommt damals zu ihm rüber, als Finalgegner Argentinien im Chaos versinkt, und will ihn vor dem Strafstoß aufmuntern. “Wenn du den reinmachst”, hört er ihn sagen, “sind wir Weltmeister!” Brehme schüttelt den Kopf. “Schönen Dank auch”, lässt er Völler wissen, “ich werde es mir zu Herzen nehmen.” Vorsichtshalber hakt er nach: “Du kannst ihn auch gerne selbst schießen.” Völler winkt ab: “Nein, nein! Lieber nicht!”

Bis heute provoziert die Nacht von Rom die Ungerechtigkeit, dass dieselben Leute, die seine Anekdoten von 1990 lieben, Andreas Brehmes Karriere damit auf den einen Strafstoß im 57. Länderspiel von insgesamt 86 reduzieren. Wäre das eine Tor alles gewesen, was ihn zur Persönlichkeit erhebt, hätte man Brehme im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund wohl kaum in die erste “Hall of Fame” des deutschen Fußballs aufgenommen.

In der Gründungself waren nur drei Abwehrspieler vorgesehen. Neben Franz Beckenbauer und Paul Breitner ist Andreas Brehme einer von ihnen. Seine Position: Linker Verteidiger. Zeit seines Lebens hat man ihn dafür gepriesen, dass er der erste perfekt beidfüßige Nationalspieler war. Als er 1990 für das Kolumbien-Spiel gesperrt ausfiel, merkte man das sofort. Seine Kreativität an der Außenbahn, in den 80er-Jahren eine Seltenheit, fehlte völlig.

Eher hanseatisch als typisch deutsch

Linksverteidiger ist er nur geworden, weil auf seiner ersten Profistation in Saarbrücken zwei ausgefallen waren. Der eine mit Beinbruch, der andere mit Meniskusschaden. Das allein zeigt Brehmes Vielseitigkeit. Beim DFB holte ihn Berti Vogts als Libero zu den U21-Junioren. Bei Franz Beckenbauer spielte er zwischendurch Rechtsverteidiger und defensives Mittelfeld. “Er wusste: Wenn Not war, konnte er mich überall hinstellen”, so Brehme.

Dieses Pflichtgefühl, eher hanseatisch als typisch deutsch, zwang ihn 1996 zum Bleiben in der Pfalz, als Kaiserslautern mit ihm, dem Altinternationalen, weinend in die 2. Liga abstieg. Er wollte gutmachen, was misslungen war, und gehörte zwei Jahre später zur legendären Meistermannschaft, die mit Trainer Otto Rehhagel in die Bundesliga zurückgekehrt war und dann Bayern München im Titelrennen besiegte. Auch das ist Andreas Brehme.

Kaiserslautern steigt 1996 ab - und Brehme weint

Kaiserslautern steigt 1996 ab - und Brehme weint

Für Kaiserslautern kommt es am letzten Spieltag 1996 in Leverkusen zum Abstiegsfinale. In Erinnerung bleibt das Foto, wie Andreas Brehme hemmungslos an Rudi Völlers Schulter weint.

Aber wann immer er heutzutage bei Veranstaltungen auftritt, zeigen sie nur die Szenen beim Elfmeter 1990: den stoisch ruhigen Brehme inmitten von aufgeregten Argentiniern. Wie Nestor Lorenzo und Pedro Troglio den Schiedsrichter bedrängen. Wie Diego Maradona die Rücknahme des Elfmeters fordert. Wie Jose Serriguela den Ball wegspitzelt, als Brehme ihn fixiert. Edgardo Codesal Mendez, der Schiedsrichter aus Mexiko, setzt noch einen drauf.

Brehme, hochkonzentriert, Kinn auf der Brust, spuckt nach rechts und richtet den Ball erneut aus. Mit gestrecktem Zeigefinger Richtung Ball weist ihn Schiedsrichter Mendez, Wange an Wange, von links zurecht: Ball genau auf den Punkt! Brehme korrigiert ein weiteres Mal. Wie ein Verkehrspolizist befiehlt ihm Mendez mit flacher Hand: Jetzt warten! Und läuft rückwärts bis an die Strafraumgrenze, bevor er den Strafstoß freigibt. Brehme starrt auf den Boden.

“Das war das Schlimmste damals: die Wartezeit”, erinnert er sich. “Sonst musst du nicht groß überlegen. Du legst den Ball hin und haust ihn rein.” Lothar Matthäus, der eigentlich schießen sollte, bleibt kleinlaut im Hintergrund. Er hat sich nicht sicher gefühlt. Brehme sagt: “Eine bodenlose Frechheit, dass es bei ihm später hieß, er sei ein Angsthase gewesen. Wenn einer sich nicht gut fühlt, ist es für die Mannschaft besser, dass er nicht schießt.”

Brehme würde nie ein böses Wort über Matthäus verlieren. Über keinen Kollegen. “Es ging nur um Deutschland”, sagt er, “wir wollten alle gemeinsam Weltmeister werden, und am wichtigsten waren die Physiotherapeuten, die Tag und Nacht für uns Spieler gearbeitet haben.” Bei jedem Satz spürt man, dass Andreas Brehme Teamgeist beim Fußball zu schätzen weiß. Er macht nie ein Geheimnis daraus: Sowas lernt man auf dem Bolzplatz.

Die Technik brachte ihm sein Vater Bernd in Hamburg-Barmbek bei, genauer: bei Barmbek-Uhlenhorst. Zweimal Training pro Woche plus Spiel, seit er vier ist, und Zusatzübungen mit rechts und links, weil sein Papa Trainer war. Obwohl er heute der erfolgreichste Fußballer der Stadtgeschichte ist, hat er nie beim Hamburger SV gespielt. Schuld daran sind Günter Netzer und Felix Magath. Der eine damals Manager beim HSV, der andere Spieler.

"Mein größter Fehler"

Nach sechs Wochen Probetraining wollte ihn Netzer 1980 in der zweiten Mannschaft des HSV parken, damals sechste oder siebte Liga. Brehme sah keinen Sinn darin. Da spielte er ja sogar mit Barmbek-Uhlenhorst hochklassiger. Magath bekam das mit und vermittelte einen Wechsel zu seinem früheren Klub 1. FC Saarbrücken, immerhin 2. Liga Süd. Brehme wurde Profi - aber nicht beim HSV. “Mein größter Fehler”, gibt Netzer heute zu.

Für Brehme nicht. Er bekam die notwendige Spielpraxis 670 km entfernt, empfahl sich für Kaiserslautern und später Bayern München. Fast immer halfen Mitspieler bei Transfers nach. Zum Beispiel Matthäus. Eigentlich stand Brehme bei Sampdoria Genua im Wort, als ihn sein Freund 1988 zu Inter Mailand lotste. Da kann es niemanden verwundern, dass Brehme ihm Verantwortung abnimmt, wenn die Befindlichkeit im WM-Finale unpässlich ist.

Exakt neun Schritte Anlauf nimmt Andreas Brehme, als er Sergio Goycochea zum Duell gegenübersteht. Er spürt größten Respekt vor diesem Torwart. Der Ersatzmann des verletzten Nery Pumpido hat zwei Elfmeterschießen für Argentinien gewonnen: zuerst gegen Jugoslawien im Viertelfinale und danach gegen Gastgeber Italien im Halbfinale. Goycochea gilt seitdem als Elfer-Killer. “Beim Elfmeter”, weiß Brehme, “kann der Torwart nur gewinnen.”

In diesem Moment zählt nicht, dass er das vielleicht schönste Turniertor im spektakulären Achtelfinale gegen Holland geschossen hat: diesen wunderbaren Schlenzer von der linken Strafraumecke zum zweiten Treffer. Oder das Führungstor im Halbfinale gegen England. Am Elfmeterpunkt wartet der WM-Ball “Etrusco Unico”, mit 20 Löwenköpfen verziert und Latex stabilisiert, auf seine Beförderung. Es gibt nur: ihn und den Ball. Diesen einen Moment.

Vier Jahre zuvor hat Argentinien 1986 das WM-Finale gegen Deutschland dominiert und die wilde Aufholjagd der Deutschen mit dem Burruchaga-Tor kurz vor Schluss gekontert. Diego Maradona stand als Kapitän ganz oben. Nun die Revanche. Deutschland hoch überlegen - aber in 85 Spielminuten außerstande, das Finale vorzeitig zu entscheiden. Nur dieser eine Strafstoß kann das Bollwerk brechen. Andreas Brehmes Strafstoß.

Aus welchem Holz muss ein Fußballer geschnitzt sein, um dieser Belastung standzuhalten? Andreas Brehme, damals 29, schaut den Torwart nicht eine Sekunde an. “Ich wollte 100 Prozent konzentriert bleiben.” Die linke Ecke hat er im Kopf, seit er den Ball hingelegt hat. Jetzt nur nicht nachdenken. Nicht zweifeln. “Wir wussten ja alle, dass Goycochea vorher ein paar Dinger gehalten hatte.” Aus neun Schritten Anlauf werden fünf, als er schießt.

Der Rest ist Fußballgeschichte. Das Siegtor zum 1:0 über Argentinien. Der sich vergeblich streckende Torwart. “Goycochea wusste alles, nur halten konnte er ihn nicht”, schreit TV-Reporter Gerd Rubenbauer neben Karl-Heinz Rummenigge ins ARD-Mikrofon. Der dritte WM-Sieg nach 1954 und 1974 war perfekt und Andreas Brehme auf einer Stufe mit Helmut Rahn und Gerd Müller. Ein Hall-of-Famer. Nicht nur für ihn: Ein Moment für die Ewigkeit.

Die Autobiografie von Andreas Brehme

Die Autobiografie von Andreas Brehme

Am 7. Oktober erscheint Andreas Brehmes Biografie überall dort, wo's gute Bücher gibt. Man kann das Werk auch über diesen Link hier vorbestellen. Dann gibt es ein Original-Autogramm von ihm dazu.

Bis zur WM 1994 hat Andreas Brehme noch in der Nationalmannschaft gespielt. Seine Bilanz: Weltmeister mit 86 Länderspielen und acht Toren, drei WM-Teilnahmen, dazu zwei Deutsche und eine Italienische Meisterschaft, DFB-Pokalsieg und Uefa-Cup-Sieg. Nicht zu vergessen: Fußballer des Jahres in Italien und später Bundesliga-Trainer. Heute ist Andreas Brehme Geschäftsmann mit besten Beziehungen zu seiner Wahlheimat in Italien.

Der Fall Trapp: Nachhaltige Fußballromantik?

Eintracht Frankfurt kämpft um Kevin Trapp

Eintracht Frankfurt kämpft um Kevin Trapp

Geht er oder bleibt er? Die Zukunft von Torhüter Kevin Trapp ist aktuell das Thema bei den Fans von Eintracht Frankfurt. Muss der Europa-League-Sieger künftig wirklich auf eines seiner Aushängeschilder verzichten? Angeblich will ihn ManU.

Von Marco Krummel

Ein vermeintlich kleiner Außenseiter, der die Kräfteverhältnisse im Milliardengeschäft auf den Kopf stellt. Eine total verschworene Einheit, die eine Ansammlung individueller Topstars alt aussehen lässt. Eine brutale Fanunterstützung, die bei jedem Sportanhänger das Herz berührt. Mit der Krönung in der Europa League gab Eintracht Frankfurt dem modernen Fußball am 18. Mai einen Schuss Romantik zurück.

Ganz Deutschland feierte die "Euro-Adler", überall aus Europa kamen Signale der Bewunderung. Die Eintracht schien so sexy wie lange nicht, gerade weil als Belohnung für das Märchen nun die Champions League lockt. "Vielleicht will der eine oder andere, der eigentlich gehen wollte, das ja nochmal mitnehmen", frohlockte Präsident Peter Fischer.

Warum denn auch nicht? Mit einer funktionierenden Mannschaft auf der höchsten europäischen Bühne aufzulaufen, von den Fans als Held verehrt zu werden oder endgültig zur Vereinsikone aufzusteigen? Es gibt beileibe schlechtere Aussichten! Doch so funktioniert der moderne Fußball leider schon lange nicht mehr, diese Romantik kann auch am Main nicht nachhaltig wiederbelebt werden.

Klares Statement vom Trainer

Klares Statement vom Trainer

Nimmt Nationalspieler Kevin Trapp das lukrative Angebot von Manchester United an oder bleibt er vertragstreu? Frankfurts Trainer Oliver Glasner bezieht Stellung.

Filip Kostic ist bereits weg - und nun steht mit Kevin Trapp offenbar der nächste Europapokal-Held vor dem Absprung. Der strauchelnde Riese Manchester United lockt. Ohne Champions League oder Stammplatzgarantie, aber dafür mit einem Sack voller Probleme und Geld. Über zehn Millionen Euro Jahresgehalt sollen den Nationaltorhüter laut Medienberichten ködern.

Trapp wäre nicht der erste, der bei so einem Angebot schwach wird. Er ahne, dass der 32-Jährige trotz aller Verbundenheit zur Eintracht dem Markt folgen müsse, sagte der ehemalige SGE-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen. Die Zeichen deuten derzeit in diese Richtung und es wäre dem Keeper auch gar nicht vorzuwerfen.

Doch genau darin liegt auch eine riesige Chance. Mit seinem "Ja" zu Frankfurt würde Trapp am Main endgültig zur Legende aufsteigen - und im vom Kommerz getriebenen modernen Fußball ein seltenes romantisches Zeichen setzen.

Marco Krummel ist Redakteur beim Sport-Informationsdienst (SID)

Brauner Rasen & St. Paulis Heuchler

Anschlag aufs Gras: Pokalspiel von RB Leipzig fraglich

Anschlag aufs Gras: Pokalspiel von RB Leipzig fraglich

Die Austragung des DFB-Pokalspiels zwischen Regionalligist Teutonia Ottensen und Titelverteidiger RB Leipzig ist nach einer Verseuchung des Rasens im Austragungsort Dessau fraglich.

Von Alex Steudel

In Dessau liegt ein Rasen, der hat Flecken. Ich weiß, dieser Satz erinnert beim ersten Hinlesen ein bisschen an den Sack Reis, der in China umgefallen ist. Aber es steckt mehr als Reis dahinter, nämlich Limonade und Vereinspolitik.

RB Leipzig, der Brauseherstellerverein und DFB-Pokalsieger von 2022, ist ja bekanntermaßen der Klub der Aussätzigen. Was nach der Auslosung zur ersten Pokal-Runde 2022/23 dazu führte, dass niemand Leipzigs Gegner Teutonia Ottensen seinen Rasen leihen wollte.

Der Regionalligist spielt normalerweise im Hamburger Stadion Hoheluft, in dem aber pokal-inkompatibler Kunstrasen liegt. Unter normalen Umständen, weil Fußball ein Sport ist, der auf Solidarität und Teamgeist beruht, hätte jeder Klub sofort einen Ersatzspielort gefunden. Nicht aber der Leipzig-Gegner Ottensen.

Es riecht nach Sabotage

Es riecht nach Sabotage

Eine Woche vor dem Pokalspiel zwischen Regionalligist Ottensen und RB Leipzig fällt der Rasen in Dessau einem Anschlag zum Opfer. Kripo und Staatsanwaltschaft ermitteln.

Der HSV wollte nicht, und der FC St. Pauli weigerte sich besonders klassensprecher-klugscheißerisch, das Millerntor herzugeben für so ein Spiel der Schande. Davon sprach natürlich keiner offiziell, aber, so hieß es in bestem Bürokratendeutsch, man sehe "das Modell von RB äußerst kritisch, da es nach unserer Auffassung nicht vereinbar mit der 50+1-Regelung ist, für die wir uns engagieren". Auch in der Fanszene stoße RB auf starke Ablehnung, stand in einer eilig verfassten Erklärung.

Kurz: Nix Stadion, denn das Millerntor stehe ja, und jetzt kommt's – "als Symbol für einen solidarischen und gerechten Fußball".

Zur Einordnung: Beim Training der Leipziger werden nie Menschenrechte verletzt, zum Bau der Red-Bull-Arena wurden keine Sklaven benötigt. Klubchef Oliver Mintzlaff ist auch nicht saudischer Diktator.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

RBL ist einfach ein etwas anderer Verein, der ein bisschen findig war und Gummiparagraf gespielt hat (wie Wolfsburg-Leverkusen-Hannover auch), aber es liegt rechtlich nichts dagegen vor, und wir leben ja in einem Rechtsstaat, was den St. Paulianern aber wurscht ist, sie haben ihr eigenes Recht.

"Gegenseitige Akzeptanz" ist übrigens ganz vorn im Ethik-Kodex des DFB verankert.

Als also den armen Ottensern niemand einen Platz zur Verfügung stellen wollte, folgte Teil 2 der Geschichte: Es erbarmte sich ein 316 Kilometer entfernter Ort namens Dessau, wo lustigerweise das sehr passend benannte Paul-Greifzu-Stadion steht. Der Höhepunkt der Posse?

Nö, Teil 3 folgte diese Woche. Jemand hat den Rasen in Dessau/Sachsen-Anhalt vergiftet, auf dem am 30. August gespielt werden sollte; wie das halt so kommen kann, wenn Menschen aufgehetzt werden.

DFB-Sonderregel für RB Leipzig?

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Das DFB-Pokalspiel zwischen Ottensen und RB Leipzig findet wohl an einem neuen Ort statt. Wie die LVZ und Sky berichten, wird das Spiel  nun im Leipziger Stadion ausgetragen.

Der Rasen hat jetzt braune Flecken, die Täter werden noch gesucht. Braun ist übrigens eine Vereinsfarbe des FC St. Pauli, das nur mal so am Rande. Ist strafrechtlich total irrelevant.

Ebenjener FC St. Pauli würde übrigens, das weiß ich aus sicherer Quelle, nach einem Aufstieg in die erste Liga überhaupt nichts dagegen einzuwenden haben, RB Leipzig am Millerntor zu empfangen. Es gäbe keine Erklärungen, keine Weigerungen, kein nix.

So ein Bundesligaspiel bringt schließlich eventuell Punkte und ganz sicher viel Kohle, es nützt also der eigenen Sache, und da kann man dann schon mal Fünfzigpluseins gerade sein lassen.

Was für eine Heuchelei.

Steudel-Kolumnen gibt's auch als Buch – der Titel: "UND AM ENDE GEWINNEN IMMER DIE BAYERN", 268 Seiten. Hier bestellen!

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