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Toni Kroos, König des defensiven Weltmittelfelds

Den WM-Titel holte er und sechs Mal die Champions League: Kein Spieler hat so viele große Titel geholt – eine Würdigung

Foto: Imago / Goal Sports Images

Inhaltsverzeichnis

Das Spiel Toni Kroos gegen den Rest von Deutschland hat mich ganz schön mitgenommen. Ich zitterte während des Champions-League-Endspiels einerseits mit Borussia Dortmund, andererseits drückte ich dem Deutschen aus Spanien die Daumen. Ausweglose Situation.

Schon nach einer halben Stunde machte sich ein mulmiges Gefühl in mir breit: Das Einerseits ging baden. So viele Chancen zu vergeben, das wird nicht gutgehen, wusste ich. Und wechselte die Seiten. Ich wollte ja auch nicht, dass die Karriere von Kroos unrund endet.

So, jetzt noch mal in Worten: Toni Kroos ist der erfolgreichste deutsche Fußballer aller Zeiten.

Genaugenommen ist er seit Samstag sogar der erfolgreichste Fußballer aller Zeiten: Einen WM-Titel und sechs Champions-League-Trophäen hat er gewonnen, den Henkelpott mit zwei verschiedenen Klubs, mit Real Madrid (5) und FC Bayern (1). Das hat kein anderer Spieler in der Geschichte geschafft.

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Ist Toni Kroos damit also auch besser als Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Lothar Matthäus?

Kann man schwer beantworten, weil alle auf verschiedenen Positionen spielten. Beckenbauer kreierte eine Position und war ein Lebemensch, er stand immer im Mittelpunkt. Müller war ein sensationeller Torjäger. Matthäus Weltfußballer.

Wo steht Kroos? Er ist ganz sicher der König des defensiven Weltmittelfelds.

Hier in Deutschland flog er meist unter dem Radar, was damit zu tun hatte, dass er den Großteil seiner Karriere in Spanien absolvierte, weil Uli Hoeneß nie Ahnung von Toni Kroos hatte und ihn ziehen ließ.

Als ich Chef bei Sport-Bild war, meldete eines Sommertages unsere Außenredaktion in München, Hoeneß habe uns gesteckt, dass noch „ein Großer“ geholt werde. Das entpuppte sich als handynetzbedingtes Missverständnis. Hoeneß hatte „Wir holen noch Kroos“ gesagt. Er war gewissermaßen, ohne es zu merken, ganz nah dran an der Wahrheit.

Kroos wurde nach Leverkusen verliehen, dann zu Real Madrid gelassen. Hat das Management eines deutschen Vereins jemals haarsträubendere Fehler gemacht?

Seine Kunst wird fehlen
Toni Kroos hat in seinem letzten Match als Vereinsspieler und Profi von Real Madrid den Henkelpott gewonnen. Er tritt auf dem Höhepunkt seiner Karriere ab. Groß ist aber nicht nur der Zeitpunkt, sondern auch die Art und Weise. Eine Würdigung von kicker-Reporter Jörg Wolfrum.

Toni Kroos war positionsbedingt selten der Mann fürs Spektakel. (Ausnahme: sein Tor bei der WM 2018 gegen Schweden.) Er wurde als Querpass-Toni verunglimpft, was natürlich Quatsch ist. Niemand im Weltfußball spielte bessere Querpässe nach vorn.

Ich habe die Art von Toni Kroos, Fußball zu spielen, total gemocht. Er stand immer richtig, tat immer das Richtige. Wenn Fußball ein Tau wäre, und an jedem Ende zöge eine Mannschaft daran, würde Kroos in der Mitte auf dem Seil stehen und balancieren. Kein Wunder hat Real-Trainer Carlo Ancelotti dem 34-Jährigen am Samstag den Teppich ausgerollt für den Fall des spontanen Wunsches, die Karriere doch fortzusetzen.

An Kroos mochte ich stets auch seine Bescheidenheit, seinen Humor, seinen minimalistisch-bombastischen Fußball. Schaut euch die Doku „Kroos“ an, und ihr wisst, was ich meine.

Eigentlich würde die Lobeshymne hier für immer enden. Vielleicht mit dem lobenden Hinweis, dass Kroos seine Karriere nicht in Saudi-Arabien oder den USA ausverdursten lässt.

Doch sie endet nicht. Ein Absatz Kroos hat noch Platz. Was wird drinstehen? In den nächsten Wochen erfahren wird es, am 14. Juni beginnt die EM.

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