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"Thomas Müller hat gedacht wie meine Großmutter"

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Morgen Abend werden die Bayern wohl die achte Meisterschaft in Folge klarmachen. Mir fehlt gerade jede Fantasie, um mir eine Niederlage beim abstiegsbedrohten SV Werder Bremen auszumalen. Bayern München hat drei Spieltage vor Schluss sieben Punkte Vorsprung auf Borussia Dortmund. Daran wird sich im Verlauf der Englischen Woche auch nichts ändern. Meine Überzeugung ist nicht dadurch zu erschüttern, dass Werder Bremen beim 5:1 in Paderborn den höchsten Bundesliga-Sieg seit zehn Jahren erlebte. Den Rekordmeister hätten andere Teams auf dem Weg zur Titelverteidigung stoppen können und müssen. Der BVB zum Beispiel. Oder RB Leipzig. Womöglich sogar Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen.

So erleben wir am Ende der vielleicht verrücktesten Saison der Bundesliga-Geschichte ein langweiliges Finale an der Tabellenspitze. Für einen heißen Titelkampf kann das Feilschen um Champions-League-Plätze nicht wirklich ein Substitut sein. Natürlich wird stattdessen in den nächsten Tagen der Blick auf den Tabellenkeller gelenkt, wo Paderborn quasi schon abgestiegen ist, aber Werder Bremen wahlweise Fortuna Düsseldorf vom Relegationsplatz verdrängen oder Mainz 05 in den größten Schlamassel reinziehen will. Doch seien wir ehrlich: Das sind alles Scheingefechte. Uns fehlt das Fotofinish um Platz eins. Alle Kinder, die im Sommer die Grundschule verlassen, haben in Deutschland noch nie ein echtes Titelrennen miterlebt.

Dieses tagelange Bibbern, wenn der Vergleich bei den Punkten nicht mehr reicht. Wenn jedes einzelne Tor plötzlich die Meisterschaft bestimmt. Wenn die DFL nicht mehr weiß, in welches Stadion man die originale Schale bringen soll. Wenn die Leute beim Bäcker oder im Supermarkt kein anderes Thema mehr kennen und sich das Drama langsam ankündigt. Wenn halt Sekunden über Titel, Tore, Tränen entscheiden. Bayern ist kein Vorwurf zu machen. Die Bosse machen einen Job, und das im Rahmen, den ihnen das Statut erlaubt. Marcel Reif scherzte gestern beim Doppelpass Richtung Hans Meyer: Von anderen Klubs erwarte niemand, dass sie in den nächsten zwei Jahren Meister werden - sie werden es in zehn Jahren nicht. Ist das nicht traurig?

Einen feierlichen Montag wünscht

Euer Pit Gottschalk

"Thomas Müller hat gedacht wie meine Großmutter"

Marcel Reif über das Paradoxe an der Bayern-Strategie

Die TV-Legende beleuchtet die Aussagen von Thomas Müller und die Leistung von Leon Goretzka beim FC Bayern. Lucien Favres Ärger hält er für verständlich.

Von Marcel Reif

die Aussagen von Thomas Müller und seine anschließende Einordnung haben in den letzten Tagen für viel Wirbel gesorgt. Müller ist ein Sprachrohr der Bayern-Kabine. Er sagt alles so, wie er es empfindet. Er macht sich Gedanken über das System und die Summen im Profifußball. Dass er nach dem engen Pokalspiel gegen Eintracht Frankfurt solche Emotionen zeigt, kann ich völlig verstehen.

Müller empfindet es als paradox, dass die Spieler während der Coronapause Gehaltsabstriche machen und gleichzeitig über Transfers in Höhe von 50 oder 100 Millionen Euro diskutiert wird. Da hat er Recht. Die Bayern-Spieler lassen Geld übrig, damit die Mitarbeiter nicht entlassen werden. Wenn Bayern dann mit einem Zehn-Millionen-Transfer kommt, sagen alle: "Das ist doch nicht euer Ernst, Ihr wollt die Champions League gewinnen."

Seine Aussagen nach dem Spiel gegen Frankfurt haben einen kurzen Blick in die "normale" Welt gebracht. Ein dreistelliger Millionenbetrag hat mit normalen Kategorien nichts zu tun. Müller hat für einen kleinen Moment gedacht wie meine Großmutter: Wenn man das Geld hat, darf man es ausgeben. Wenn nicht, dann nicht.

Verdribbelt im Debatten-Paradoxon

Statt sich auf die achte Meisterschaft in Serie vorzubereiten, führt der FC Bayern öffentlich eine interne Diskussion - oder auch nicht: Es geht um Geld, Transfers und darum, wer wann was sagen darf.

Zum Sportlichen

Den knappen Sieg gegen Gladbach haben die Bayern mal wieder Leon Goretzka zu verdanken. Das ist der Goretzka, von dem sich die Bayern bei der Verpflichtung erhofft haben, dass er es wird. Er hat sich ein Kreuz antrainiert und Corona genutzt. Die Ärzte haben ihm offenbar gesagt, dass er was tun muss, damit er nicht nur ein Versprechen bleibt. Die Präsenz, die er auf dem Platz hat - da haben die Bayern wieder einen neuen Spieler auf dieser Position gekriegt. Ob Thiago einen neuen Vertrag unterschreibt oder nicht, sehen die Bayern gerade etwas entspannter.

Ganz und gar nicht entspannt bewertet Lucien Favre die ständigen Fragen nach seiner Zukunft, langsam nervt ihn die Situation.

Favre ist ein sehr sensibler Mann. Es gibt seit Monaten eine Trainerdiskussion in Dortmund. Das wusste er, als er zum BVB ging. Mich wundert, dass man trotzdem zusammenfindet. Alle möchten Klopp 2.0 in Dortmund. Favre ist ein toller Ausbilder, aber er wird bestimmte Dinge nie können. Sie sind Zweiter und spielen die beste Saison aller Zeiten. Trotzdem muss er sich bei jedem Fehlpass fragen lassen, ob er im Sommer noch Trainer in Dortmund ist.

"Zum Kotzen"

Die Fans von Borussia Dortmund sind verärgert, obwohl der BVB auswärts bei Fortuna Düsseldorf gewonnen hat. Wieder sorgt die Handspiel-Regel für Verwirrung.

BVB kann die nächste Saison plan

Der BVB kann bereits mit den Champions-League-Millionen in der nächsten Saison planen, die Borussia aus Mönchengladbach ist im Rennen um Platz vier derweil ins Hintertreffen geraten.

Es ist ein Unterschied, ob man das Geld aus der Königsklasse kriegt oder nicht. Man muss anerkennen, wie Gladbach Fußball spielt, auch wenn sie mit dem alten und dem neuen Trainer am Ende auf Platz fünf landen sollten.

Gladbach muss immer Ambitionen haben und wenn andere etwas liegen lassen, musst du es aufheben. Das haben sie in den letzten Wochen nicht getan, das tut jetzt weh. Es geht um richtig Geld in der Champions League.

Ich bin immer gerne nach Gladbach gefahren, da hingen schon am Bökelberg Schwarz-Weiß-Fotos von Netzer, Vogts und Co. herum. Das ist auch eine Belastung für die Spieler, 20 andere Traditionsvereine sind daran zerbrochen.

Abstiegskampf

Eiserne Nerven zahlen sich aus

Union Berlin gewinnt in Köln 2:1. Während sich die Berliner freuten, zeigten sich die Rheinländer gelassen – beide bleiben der Liga wohl erhalten.

Von Marco Heibel

Im Fußball ist ja oft vom Momentum die Rede. Vielleicht ein bisschen zu oft. In der aktuellen Phase der Bundesliga-Saison ist die Benutzung dieses Begriffs aber wirklich einmal angebracht.

Im Kampf um den Relegationsplatz ist Fortuna Düsseldorf nach 2790 gespielten Minuten gerade einmal ein Tor besser als Werder Bremen. Auf dem Papier gehen beide Klubs damit aus nahezu identischer Position in die letzten drei Spieltage, und das auch noch mit einem vergleichbaren Programm: Ein harter Gegner zum Auftakt - Bremen gegen den designierten Meister Bayern München, Düsseldorf beim Dritten RB Leipzig -, danach zwei Spiele gegen Klubs aus der unteren Tabellenhälfte. Es könnte ein echtes Herzschlagfinale werden.

Der verhinderte Joker

Fortuna Düsseldorf und Steven Skrzybski hadern mit dem Unglück der Schlussphase.

Doch die Trends sind arg gegenläufig. Werder war schon mehrfach abgeschrieben in dieser Saison. Die Auftritte der Grün-Weißen sind immer noch selten etwas für Genießer, doch die Punkteausbeute seit dem Corona-Restart stimmt. Und die Hoffnung im Norden lebt wieder. Düsseldorf hingegen verkauft sich eigentlich immer gut, geht häufig in Führung - und gewinnt trotzdem fast nie.

Will die Fortuna die Saison nicht noch auf Platz 17 beenden und damit den fast schon sicheren Absteiger SC Paderborn ohne Umschweife in die 2. Bundesliga begleiten, muss Uwe Rösler zum zweiten Mal - und dieses Mal erfolgreich - den Restart-Knopf drücken. Spiele wie das gegen Borussia Dortmund am Samstag kann sich die Fortuna nicht mehr viele erlauben.

Marco Heibel ist Redakteur beim Sport-Informationsdienst (SID)

Immer wieder sonntags

1:1 gegen Bayer Leverkusen: Schalkes Sorgen, Schalkes Zukunft

Die Ergebniskrise hält bei Königsblau an, aber es gibt auch Hoffnung: Schalkes junges Team hielt sich gegen Leverkusen wacker. Sportchef Jochen Schneider musste sich wegen einer Personalentscheidung verantworten.

Trainer Wagner legt sich mit Sky-Reporter an

Das 1:1 gegen Leverkusen stimmte Schalke-Trainer David Wagner zufrieden. Die Fragen von Sky-Reporter Ecki Heuser aber nicht.

Jochen Schneider erklärt Trennung vom Fahrdienst

Schalke trennt sich vom Fahrdienst der Nachwuchsabteilung. Der Sportvorstand bestätigt den Vorgang - mit Einschränkung.

Was sonst noch so los ist

Hans Meyer über Borussia Mönchengladbach und FC Schalke

Borussia Mönchengladbach könnte auf den letzten Metern der Saison noch den wichtigen vierten Platz verpassen. Für Hans Meyer wäre das gar nicht so schlimm.

Ergebniskrise zur falschen Zeit

Borussia Mönchengladbach hat seit dem Restart die schwächste Punkte-Bilanz der Top-Teams der Bundesliga.

Katerstimmung bei Hertha BSC

Bruno Labbadia ist unzufrieden nach der Niederlage gegen Frankfurt. Auf der "letzten Rille" laufe seine Mannschaft gerade.

Dreier in der Wundertüte

Dank einer Roten Karte, Rastelli Kamada und Torjäger Silva gewinnt die Eintracht locker mit 4:1 bei Hertha BSC.

Dayot Upamecano vor Wechsel zum FC Arsenal?

Entscheidung gefallen? RB-Verteidiger Dayot Upamecano hat sich laut Tuttosport für einen Wechsel zum FC Arsenal entschieden.

Heute im Fernsehen

20.30 Uhr, Sky: 2. Liga, Arminia Bielefeld - Dynamo Dresden

Nie mehr zweite Liga! Nie mehr!

Von Alex Steudel

Ich bin sehr froh, dass diese Zweitliga-Saison bald vorbei ist. Denn das war's dann für mich, also zweitligatechnisch. Eine dritte tue ich mir nicht an.

Seit der HSV 2018 abgestiegen ist, verfolge ich das Geschehen im sogenannten Unterhaus mit größtmöglicher Geduld. 65 Spieltage habe ich inzwischen auf dem geschundenen Buckel. Und ich wurde nie belohnt. Zweite Liga kann man einfach nicht gucken. Das ist wie 100-Meter-Sprintfinale bei Olympia - aber auf Treibsand.

Wenn ich in dieser lähmend langen Zeit eines gelernt habe, dann das: Wer behauptet, dass die zweite Liga nur eine Liga unter der ersten Liga angesiedelt ist, lügt. Ich bin da Verschwörungstheoretiker. Es muss dazwischen noch ein paar weitere Ligen geben.

Anders lässt sich nicht erklären, warum die zweite Liga so viel schlechter ist. Warum hier kaum einer mit den berühmten technischen Fertigkeiten dienen kann, warum ein Zweitligaspiel im Wesentlichen das Aneinanderreihen von Kämpfen, Krämpfen und Abspielfehlern ist. Vielleicht liegt es ja daran, dass so viele Spieler aussehen wie Gladiatoren mit Gewichtheberausbildung – und entsprechend beweglich und ballfertig sind.

Zweitligafußball ist ein einfaches Spiel – 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende verlieren immer die Zuschauer.

1:2 im Derby: VfB Stuttgart droht der Totalschaden

Die Stuttgarter verlieren das Derby beim Karlsruher SC und könnten in den letzten Partien nicht nur den direkten Aufstieg verspielen.

Ich frage mich oft, wie das sein kann. Am Wochenende sah ich beim Spiel Dresden gegen HSV zum 1000sten Mal in dieser Saison die gleiche Szene. Spieler A, Ball am Fuß, guckt. Er sieht Mitspieler B. Der steht fünf Meter entfernt an der Seitenlinie. Was macht Spieler A? Klar: Passt den Ball ins Aus. Aber nicht knapp ins Aus, nein: Er spielt ihn glatt und klar und kompromisslos ins Aus – vier Meter entfernt von Spieler B überquert der Ball die Linie.

Warum ist das so? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Kann es wirklich sein, dass für all das in Deutschland verfügbare fußballerische Talent eine einzige Liga mit 18 Mannschaften ausreicht, nämlich die erste? Warum spielen die darunter gleich alle so schlecht?

Ihr seht, ich bin wütend. Viel Lebenszeit wurde verschwendet.

Heute gegen Dresden macht Arminia Bielefeld, dass diese Saison zumindest ein paar mal den Anschein erweckte, Fußball zu spielen, vermutlich den Aufstieg klar. Der Hamburger SV könnte dann folgen. Aber bestimmt folgt der HSV nicht, weil er die zweitbeste Mannschaft der zweiten Liga ist – der HSV hat einfach das Glück, die lediglich siebzehntschlechteste Mannschaft der Liga zu haben.

Falls Bielefeld, der HSV und der optische Drittligist VfB Stuttgart, der unter Trainer Pellegrino Matarazzo ganz besonders schlechten Fußball erlernt hat, falls die alle aufsteigen und die Fehlpassliga verlassen sollten, habe ich da unten jedenfalls nichts mehr zu suchen. Dann beende ich meine Karriere als Zweitligabeobachter. Ich brauche keine Fehlpässe mehr und auch keine Torschüsse, die die Eckfahne zerstückeln.

Es wird keine Tränen geben. Ich werde zum Abschied singen: Nie mehr zweite Liga!

Alle mal herschauen!

1. FC Kaiserslautern stellt Insolvenzantrag

Der 15. Juni geht als schwarzer Tag in die 120-jährige Geschichte des 1. FC Kaiserslautern ein. Denn die Bosse melden Insolvenz an.

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