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Jährlich oder eher monatlich grüßt das Murmeltier: Schalke durchforstet mal wieder den Trainermarkt. Findet Ben Manga den idealen Trainer?
2090 Tage oder 5 Jahre, 8 Monate und 21 Tage ist die längste Amtszeit, die ein Trainer je auf Schalke geschafft hat (Quelle: Transfermarkt.de). Ich sage ganz bewusst „geschafft hat“. Es handelt sich natürlich um S04-Jahrhunderttrainer Huub Stevens. Eine vergleichbare Amtszeit wie die von 1996 bis 2002 in der ersten Stevens-Ära hat es auf Schalke nicht mal im Ansatz gegeben.
Die höchste Verweildauer hatte anschließend Mirko Slomka mit 830 Tagen von 2006 bis 2008 - immerhin fast gekrönt mit der Deutschen Meisterschaft. In den vergangenen vier Jahren ist eine deutlich geringere Halbwertszeit von Trainern zu beobachten.
Das jüngste Beispiel ist Karel Geraerts nach 348 Tagen Amtszeit. Mal war die Kabine Schuld, mal war es das unruhige Umfeld oder der Trainer hatte kein ausgereiftes Konzept mit oder gegen den Ball oder sogar beides. Gründe gab es immer zur Genüge, warum ein Trainer für nicht geeignet befunden wurde.
Zuletzt geisterten Namen wie Heiner Backhaus (Alemannia Aachen), Onur Cinel (früher U19- und U23-Trainer bei S04, heute Co-Trainer bei RB Salzburg) oder Thomas Letsch (vereinslos, zuletzt VfL Bochum) durch die Medien. Auch der glanzvolle Name Raúl (Real Madrid Castilla) wurde durch das spanische Portal „Relevo“ in den Ring geworfen.
Dass verschiedenste Trainertypen vor allem in den sozialen Medien und Foren gespielt werden, ist normal. Dennoch ist sich offensichtlich keiner mehr so sicher, welches Profil wirklich zu diesem speziellen Verein passt. Es fehlt die klare Linie. Jung, alt, leise, laut, einfach gestrickt oder Laptop-Trainer: Schalke hat eigentlich fast alles probiert. Ein bisschen Raúl darf's jetzt sein.
Aus meiner Sicht muss der neue Schalke-Trainer nämlich kein Malocher-Image haben, muss nicht die Ärmel hochkrempeln wollen und auch nicht bei jeder Begrüßung „Glück auf“ sagen. Vielmehr sind emotionale Intelligenz, charismatischer Führungsstil, Reputation und eine mutige Spielphilosophie mit und gegen den Ball gefragt. Und tapfer muss er sein. Schalke heißt, leidensfähig zu sein. Zumindest kennt Raúl Schalke und Schalke ihn.
Die Idee, Raúl selbst als Trainer zu Schalke lotsen zu wollen, finde ich romantisch. Ob sich aber beide Parteien und vor allem Raúl damit einen Gefallen tun würden und sie es nicht bei den zwei gemeinsamen Jahren belassen sollten? Ein Risiko, das sich lohnt, einzugehen. Unwahrscheinlich bleibt die Personalie.
Kaderplaner Ben Manga steht einer Mammutaufgabe gegenüber und wird es niemals allen recht machen können. Der Trainermarkt ist für Schalke schon lange kein Wunschkonzert mehr. Geld, um einen Coach aus seinem Vertrag zu kaufen, ist offensichtlich ebenfalls kaum bis keines da. Mangas Kreativität und Überzeugungskraft sind jetzt gefragt. Vorstand, Aufsichtsrat und natürlich die Fans setzen alle Hoffnungen in den 50-Jährigen.
Atlético-Madrid-Fußball soll der neue Trainer spielen lassen. Kein verkehrter Ansatz: Zuletzt war S04 nämlich löchrig wie ein Schweizer Käse. „Meinen Scouts habe ich gesagt: Auf Schalke wollen wir vom Ansatz her einen Fußball sehen wie bei Atlético. Hinten kompromisslos agieren und vorne Show, aber effektive Show“, erklärte Manga seine Idee einmal im Interview mit der „WAZ“.
Es mehren sich die Stimmen, dass die Gelsenkirchener im Ausland nach einem solchen Profil suchen. Auf dem deutschen Trainermarkt hat S04 ja bereits reichlich verbrannte Erde hinterlassen. Findet Manga also beispielsweise in Spanien einen Trainer, der eine ähnliche Ära wie damals unter Stevens bei Königsblau prägen kann? Wohl zu schön, um wahr zu sein.
Der Druck auf die Vereinsführung wird jedenfalls immer größer, auch wenn sie erst mal Manga den schweren Rucksack aufsetzt. Man kann den Fans nur wünschen, dass Manga ein glückliches Händchen beweist und der neue Trainer Schalke schafft - wie einst Huub Stevens. Nach dem Abstiegskracher gegen Münster und dem Spiel gegen Hertha soll Klarheit herrschen.