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Nationalelf: An Kai Havertz führt kein Weg mehr vorbei

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Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

In seiner Biografie "Echte Liebe" enthüllt der BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke seinen verzweifelten Versuch vom Mai 2018, Ex-Trainer Jürgen Klopp vom FC Liverpool zurückzuholen. Damit hat es Lucien Favre jetzt schriftlich: Er war als Trainer nur zweite Wahl bei Borussia Dortmund.

Das wird seine Situation beim erklärten Titelfavoriten nicht erleichtern. Watzke definiert, bewusst oder nicht, woran Favre beim Fernduell mit Bayern München gemessen wird: ob nämlich der Ersatzmann die gleichen Qualitäten als Meistermacher aufbringt wie sein viertletzter Vorgänger.

Man kann es nicht oft genug betonen: Es besteht kein Zweifel, dass Favre jede Mannschaft besser macht. Beweisen muss er, dass er über seine Verliebtheit in taktische Feinheiten hinaus Kräfte bei Spielern freisetzt, die am Ende auf Platz eins führen. Nach Watzkes Bemerkung erst recht.

Einen entblößten Freitag wünscht

Euer Pit Gottschalk

Nationalelf: An Kai Havertz führt kein Weg mehr vorbei

Mehr Havertz, bitte!

Das 2:2 gegen Argentinien gerät zur Werbeveranstaltung für den 20-Jährigen Leverkusener. Joachim Löw sagt, an ihm führe auf Dauer kein Weg vorbei.

Von Pit Gottschalk

Zu lange haben sich die Deutschen mit dem Gedanken gequält, ob Thomas Müller und Mats Hummels eine Nachspielzeit in der Nationalmannschaft vergönnt sein sollte. Seit Mittwoch weiß man: Man sollte keine Sekunde mehr darauf verschwenden. Es lohnt sich nicht.

Drei Gründe. Erstens: Bundestrainer Joachim Löw zieht sein Ding jetzt durch und verjüngt die Mannschaft eh. Zweitens: Damit Löw Erfolg hat, muss er den jungen Spielern maximal Spielpraxis geben. Drittens: Er denkt noch immer nicht radikal genug.

Seit Monaten zeigt Kai Havertz bei Bayer Leverkusen, dass ihm die Zukunft im deutschen Fußball gehört. Obwohl erst 20 Jahre alt, gehorcht die Offensive seinem Taktgefühl. Beim 2:2 gegen Argentinien inszenierte er fast jeden Angriff. Sein Tor war die Belohnung.

Wenn Riesen zu Zwergen werden

Das junge deutsche Not-Nationalteam zeigt die ganze Bandbreite von aufregendem Konterfußball bis zum Fast-Zusammenbruch. Ein bisschen wie ein Verlierer schlich allenfalls der unglückliche Schalker Suat Serdar vom Feld.

Den Auftritt in Dortmund verdiente er nur, weil Löw keine Wahl hatte. Die Zahl der Absagen zwang den Bundestrainer dazu, Havertz über 80 Minuten lang spielen zu lassen. Endlich konnte man auf großer Bühne erleben, was der Junge drauf hat.

Ein ähnliches Erlebnis hatte schon Serge Gnabry beim FC Bayern. Präsident Uli Hoeneß gab unlängst zu, dass man den eigenen Spieler unterschätzt hatte. Erst die ständige Vertretung von Arjen Robben legte den wahren Wert des Rechtsaußens offen; er brillierte und durfte Stammspieler werden.

Niemand wäre auf die Idee gekommen, Robin Koch vom SC Freiburg in die Nationalelf zu berufen, wenn Löw nicht die Innenverteidigung verloren gegangen wäre. Man stelle sich nur vor, Jerome Boateng wäre noch dabei gewesen: Koch hätte keine Chance bekommen.

Serge Gnabry und die Zukunft des deutschen Fußballs

„Um die Fähigkeiten von ihm woanders zu finden, müsst ihr lange fahren“, sagt Aushilfskapitän Joshua Kimmich über Serge Gnabry. Mit Kai Havertz könnte der Angreifer bald das Herz der Nationalelf bilden. Und nicht nur dort.

Es ist immer einfach, in der Wahrscheinlichkeitsrechnung die aktuell besten Nationalspieler aufzustellen, um erfolgreich zu sein. Eine Garantie auf Erfolg hat man aber trotzdem nicht, wie man seit der blamablen WM 2018 weiß. Warum also nicht mehr Mut zeigen?

Zu seinen größten Fehlleistungen in 15 Jahren DFB gehörte Joachim Löws Entscheidung, auf Leroy Sané bei der Weltmeisterschaft zu verzichten. Jetzt sollte er Farbe bekennen und noch konsequenter die hungrige Spielergeneration auf den Rasen schicken.

Marco Reus soll durchaus spüren, dass Rivalen seinen Platz im Angriff streitig machen; ihn wird das nur anstacheln. Radikalität macht Deutschland Beine: Man kann nicht genug von Havertz und Gnabry bei der Nationalmannschaft sehen.

Wie geht es für die vier Debütanten beim DFB weiter?

Nadiem Amiri, Suat Serdar, Luca Waldschmidt und Robin Koch: Bundestrainer Joachim Löw konnte oder musste gegen Argentinien vier neue Spieler ins kalte Wasser werfen. Werden sie plötzlich sogar zur Alternative für die EM 2020?

Heute im Fernsehen

20.45 Uhr, DAZN: EM-Qualifikation, Tschechien - England

"Eine klassische Männerfreundschaft"

Die Enge der Beziehung zwischen Hans-Joachim Watzke und Jürgen Klopp, zwei der prägendsten Figuren des deutschen Fußballs, ist ungewöhnlich. Wie speziell die Beziehung der beiden einstigen Weggefährten bei Borussia Dortmund noch immer ist, wird bei der Präsentation von Watzkes Buch "Echte Liebe" am Donnerstag deutlich. Von einer Lesung, die auch auf der Bühne nostalgische Gefühle weckte.

BVB-Boss Watzke stellt Aussagen über Klopp klar

Hans-Joachim Watzke will seine Schwärmerei für Klopp nicht als versteckte Kritik an Trainer Lucien Favre verstanden wissen.

Watzke lobt Klopp: Was heißt das für Favre?

Im WAZ-Podcast "Fußball Inside" diskutiert die Redaktion über die Ruhrgebietsvereine - und die neueste Watzke-Bemerkung.

Was sonst noch so los ist

Karl-Heinz Rummenigge weinte bei Ancelotti-Entlassung

Knapp zwei Jahre ist es her, dass Carlo Ancelotti als Trainer des FC Bayern München entlassen wurde. Einen Tag nach dem bitteren 0:3 in der Champions League bei Paris St-Germain am 27. September 2017. Jetzt redet der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge überraschend offen über den Moment der Entlassung.

Union Berlin: Derby-Tickets im Losverfahren

Das erste Berlin-Derby seit Jahren elektrisiert die Massen in der Hauptstadt. Heute startet die ungewöhnliche Ticket-Aktion.

Hertha: Nächster Dämpfer in der Stadion-Debatte

Die Tür bleibt zu: Das Kaufangebot für das ausgesuchte Areal  scheitert erneut – dabei hatte der Klub einiges geboten.

Welttorhüter Cech: Glatteis statt Dschungelcamp

Von Alex Steudel

Petr Cech hat 15 Jahre lang in der Premier League gespielt. Er wurde 2005 zum besten Torhüter der Welt gewählt. Jetzt fängt er bei Guildford Phoenix an. Nicht als Fußballtorwart, der 37-Jährige stellt sich in der vierten britischen Eishockeyliga ins Tor.

Als ich das gestern las, staunte ich aus mehreren Gründen. Ich wusste zum Beispiel gar nicht, dass es vier verschiedene britische Eishockey-Ligen gibt. Und ich fragte mich, wie jemand, der knapp zwei Meter groß ist und obendrein auf Schlittschuhen steht, in gebückter Haltung ein 122 Zentimeter hohes Tor hüten soll, ohne ständig auf allen Vieren zum Orthopäden kriechen zu müssen. (Aber was weiß ich schon über Eishockey, vielleicht stellen sie ihm ja einen persönlichen Bandscheiben-Assistenten zur Seite.)

Warum Petr Cech jetzt Eishockey-Torwart wird

Der Welttorhüter des Jahres 2015 fängt Pucks statt Bälle: Der 37-jährige Tscheche startet eine Karriere in Guildford.

Jedenfalls habe ich größten Respekt vor Cechs Entscheidung, Eishockey zu spielen. Was er, so betont der Mann aus Tschechien, nebenher macht, er arbeitet ja noch auch als "Berater" für seinen Ex-Klub Chelsea. Es ehrt ihn, dass er sich dieser Doppelbelastung ausliefert, Cech hätte ja auch den Modeste machen und nach China wechseln und für ein paar ordentliche Rentnerparaden geschätzte 28 Milliarden Yuan pro Monat verdienen können. Er hätte auch seine Mitmenschen mit stotterndem Fußballexpertenwissen im Fernsehen belästigen oder, wie sein deutscher Torwartkollege Tim Wiese, eine zweite Karriere als Wrestler anstreben und in seiner übrigen Freizeit ab und an in einem getunten Lamborghini durch die Gegend röhren können, bis ihn die Polizei wegräumt (also den Lambo). Hat Cech zum Glück nicht.

Ich habe Respekt vor Cech, weil es selten genug vorkommt, dass Athleten sich trauen, die Sportart zu wechseln; also abgesehen von den Fußballprofis, die einen Vertrag beim HSV unterschreiben, und denen, die ins Dschungelcamp gehen oder eben Wrestler werden.

Mir fällt da spontan der beste Basketballer aller Zeiten ein: Michael Jordan versuchte sich mit 30 beim Baseball und startete wie Cech in einer unteren Liga neu, kam aber nicht hoch und wurde wieder Basketballer.

Der Allrounder des Jahrhunderts

Gene Conley (1930 - 2017) ist einer von nur zwei Athleten, die in zwei der vier Top-Sportarten in den USA einen Titel gewannen.

Zwei andere bekamen den Wechsel besser hin: Bo Jackson spielte in den Achtzigern Baseball (Profiliga MLB) und American Football (Profiliga NFL) auf höchstem Niveau, und zwar mehr oder weniger gleichzeitig. Noch erfolgreicher war Gene Conley: Der Mann aus Oklahoma gewann als Baseball- und Basketballprofi sowohl die MLB-World-Series (1957 mit den Milwaukee Braves) als auch NBA-Titel (1959, 1960, 1961; Boston Celtics).

Diese Leute waren übrigens ihrer Zeit weit voraus. Ich muss an den weltberühmten Historiker und Zukunftsforscher Yuval Noah Harari denken, der kürzlich sagte, dass man sich im Zeitalter der digitalen Transformation an den Gedanken gewöhnen sollte, künftig alle zehn Jahre einen völlig neuen Beruf erlernen zu müssen, weil es den alten einfach nicht mehr gibt.

Ich finde den Gedanken spannend. Ich frage mich: Was würde aus unseren Fußballstars, wenn es plötzlich Fußball nicht mehr gäbe? Manches ist relativ klar, Thomas Müller etwa würde sofort als Golfprofi (er hat Handicap 6) anfangen und Max Kruse als Profi-Pokerspieler (der Ex-Bremer hat bei solchen Turnieren schon über 130.000 Dollar gewonnen).

Noch interessanter finde ich folgende Frage: Wie werden zum Beispiel Bundesliga-Handballer reagieren, wenn sich eines Tages ein umgeschulter Bundesliga-Fußballer nach einem Foul am Kreis minutenlang auf dem Boden wälzt und mit kreisenden Handbewegungen seine Auswechslung einfordert, um dann 15 Sekunden später wieder munter herumzurennen?

Alle mal herschauen!

Football Leaks II: Jerry Cotton jagt Fußballbösewichte

Die „Football Leaks II“ der beiden Spiegel-Reporter bieten Stoff für einen guten Roman. Erschienen ist allerdings ein Buch geschrieben wie ein schlechter Krimi.

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