Mit seinen Patzern tut Neuer Nagelsmann den größten Gefallen

Seit Monaten fordern nicht nur die Bayern, dass Manuel Neuer in die Nationalelf zurückkehren und das WM-Tor 2026 hüten sollte. Jetzt der Bundestrainer Argumente auf seiner Seite

|28. November 2025|
Torwart Manuel Neuer (Bayern München), Gabriel Martinelli (Arsenal FC) und Joshua Kimmich (Bayern München) battle for the ball during the UEFA Champions League 2025 26 League Phase MD5 match between Arsenal FC and FC Bayern München at Arsenal Stadium on November 26, 2025 in London, United Kingdom. (Photo by Harry Langer DeFodi Images) *** Goalkeeper Manuel Neuer Bayern Munich , Gabriel Martinelli Arsenal FC and Joshua Kimmich Bayern Munich battle for the ball during the UEFA Champions League 2025 26 League Phase MD5 match between Arsenal FC and FC Bayern Munich at Arsenal Stadium on November 26, 2025 in London, United Kingdom Photo by Harry Langer DeFodi Images
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IMAGO/DeFodi Images

Kurz bevor Bayern München beim FC Arsenal zum Top-Duell in der Champions League antrat, wollte Max Eberl eine Sache zu seinem Torwart Manuel Neuer klarstellen: „Er ist der beste Torwart Deutschlands“, sagte der Sportvorstand in Sport-Bild. Auf die Frage, ob der bald 40-jährige Neuer mit der Nationalmannschaft zur WM 2026 fahren sollte, antwortete er unmissverständlich: „Ja.“ Die Schlagzeile machte sofort die Runde.

Keine 24 Stunden später fallen dieselben Worte Max Eberl auf die Füße. Mit seinen Patzern beim 1:3 in London fütterte Neuer alle Kritiker, die meinen: Er sei zu alt und überm Zenit. Die WM-Teilnahme: nur ein überholter Traum von allen, die bei Neuer an die Glanzzeiten aus der Vergangenheit denken? Das kann man so sehen, wenn man nicht nur die Gegentreffer im Arsenal-Spiel betrachtet.

Schon im Sommer hatte ausgerechnet das oftmals brave Fachmagazin Kicker Warnsignale gesendet. Die neueste Bestenliste entlarvte Ungeheuerliches: In diesem halbjährigen Ranking tauchte Neuer nur auf Platz 4 auf – in der Kategorie „Nationale Klasse“ und nicht mehr „Internationale Klasse“ wie Peter Gulasci (RB Leipzig), Gregor Kobel (Borussia Dortmund) und Nikola Vasilj (FC St. Pauli).

Neuer ist Deutschlands Bester – aber schlechter als gedacht

Er war damit tatsächlich Deutschlands Bester – aber auf Augenhöhe mit Finn Dahmen (FC Augsburg) und Robin Zentner (Mainz 05) sowie Noah Atubolu (SC Freiburg) und Alex Nübel (VfB Stuttgart). Das muss für einen Weltmeistertorwart wie Manuel Neuer schwer zu ertragen sein. Und es ist auch kein Trost, dass Nationaltorwart Oliver Baumann (TSG Hoffenheim) in der Bestenliste überhaupt nicht auftaucht.

Der sammelte nämlich beim DFB Punkte direkt auf dem Rasen. Bei vier der fünf Siege seit der Blamage gegen die Slowakei (0:2) spielte Baumann zu Null und zeigte ausreichend Paraden, um Julian Nagelsmann zu zeigen: Ich bin dein Mann im Tor! Dem Bundestrainer ist das nur recht. Bei der EM 2024 gab er bei einer Pressekonferenz seine persönliche Verbindung zu Baumann seit gemeinsamen Hoffenheimer Tagen offen zu.

Mehr noch: Er trug sogar Socken, die ihm Baumann zum Hoffenheim-Abschied geschenkt hatte. Dieses Socken-Detail verrät schon einiges, wie Nagelsmann in der Torwartfrage denkt. Nutzt nur nix. Seit Monaten kommen in regelmäßigen Schüben Forderungen, dass Baumann keiner ist, mit dem man Weltmeister wird – und dass Neuer sein DFB-Comeback geben sollte. Das stürzt Nagelsmann in ein Dilemma.

Neuer-Personalie stürzt Nagelsmann in ein Dilemma

Einerseits darf und will er der Torwart-Legende nicht vor den Kopf stoßen. Manuel Neuers Verdienste sind ja unbestritten. Andererseits sprechen drei Gründe gegen dessen Rückkehr. Erstens: Er hat Marc-André ter Stegen das WM-Tor versprochen und Baumann zum ersten Ersatzmann erkoren. Zweitens: Neuer würde als Ex-Kapitän sofort die Hierarchie im Team umwerfen. Drittens: die gemeinsame Bayern-Vergangenheit.

Wir wollen das ja nicht vergessen: Als Nagelsmann noch Bayern-Trainer war, nutzte er Neuers Verletzungspause zu einer drastischen Personalentscheidung. Er sortierte Neuers Torwarttrainer und Vertrauensmann Toni Tapalovic aus und installierte Michael Rechner, ehemals TSG Hoffenheim. In einem spektakulären SZ-Interview beschwerte sich Neuer hinterher über diese Maßnahme in Abwesenheit.

Aber Nagelsmann weiß nur zu gut: Ein Manuel Neuer in Weltklasseform würde den Druck auf ihn dramatisch erhöhen, das WM-Tor dem alten Gegenspieler vom FC Bayern anzuvertrauen. Umgekehrt gilt jedoch: Mit seinen Patzern tut Neuer Nagelsmann den größten Gefallen, dass sich das Meinungsbild zugunsten Baumann und eventuell ter Stegen dreht. Jeder Patzer ist ein Argument mehr.