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Zum Verlieben und Verzweifeln: ManCity auf Netflix

Näher geht nicht, aber pures Gift für Reporter: Die Triple-Doku mit Guardiola, Grealish und Co.

Foto: Imago / PA Images

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Es gibt Tage, an denen vermisse ich die alten Zeiten, in denen ich als Sportreporter arbeitete. Und es gibt Momente, da bin ich froh, heute nicht mehr über den Alltag eines Fußballklubs berichten zu müssen. Diese Woche hatte ich viele solcher Momente, als ich mir die neue sechsteilige Netflix-Doku mit dem (selten dämlichen) Titel "Zusammen: Die Tripl3-Gewinner" anschaute.

Diese Doku begleitet Manchester City die ganze Saison 2022/23 lang auf dem Weg zum Triple. Und die Macher haben etwas hinbekommen, das ich nicht für möglich hielt: Ich finde jetzt ManCity, eine mit Wüstengeld finanzierte Fußballertruppe, toll. Ich bewundere diesen Haufen scheinbar zusammengewürfelter Superstars. Ich halte Pep Guardiola für noch besser als Jürgen Klopp.

Und: Ich verzweifle an meinem Beruf.

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Diese Serie bietet im 20-Sekunden-Takt Einblicke in Bereiche, die uns Reportern früher und heute komplett verschlossen blieben. Selbst für einen klitzekleinen Teil der Netflix-Enthüllungen hätten wir wochenlang kämpfen müssen; jetzt bekommen wir sie stundenlang auf dem Silbertablett präsentiert: Motivationsreden von Trainer Guardiola, geheime Trainingsspielchen, fachliche und weniger fachliche Unterhaltungen der Profis in ihrem Heiligtum, der Kabine.

Ach, diese Kabine. Was in der Kabine passiert, bleibt in der Kabine, hieß es einst. (Okay, außer bei Lothar Matthäus.) "Unsere Leser wollen wissen, was in der Kabine passiert ist", schrien uns Sportressortleiter früher an.

Heute sagen Netflix, Amazon und wie sie alle heißen: Spart euch die Mühe - was in der Kabine passiert, passiert demnächst auch in 100 Millionen Wohnzimmern.

Welchen Sinn hat es da noch, das zu tun, was wir Reporter früher taten: Herausfinden zu wollen, was hinter den berühmten "verschlossenen Türen" vor sich geht? Antwort: keinen mehr. Denn die Klubs haben diese Türen weit aufgerissen, jeder kann gucken und zuhören. Und wer nicht liebt, was dahinter auf einen wartet, hat vermutlich den Fußball niemals geliebt.

Und natürlich bekommen die Klubs einen Batzen Geld dafür. Aber der Gegenwert ist unglaublich hoch; ausbezahlt wird er in Sympathie. Am Ende der Staffel hatte ich das Gefühl, die meisten ManCity-Spieler persönlich zu kennen. Ich dachte manchmal, ich stünde selbst im Kader und müsste jeden Moment mit meiner Einwechslung rechnen. Ich mochte ManCity.

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Netflix hat Manchester City in seiner Triple-Saison ein Jahr lang begleitet. Blick hat die Serie bereits gesehen und verrät, was dich dabei erwartet.

Ja, klar, natürlich ist die Doku blau eingefärbt. Krisen werden nicht gezeigt. Ob es welche gab? Egal. Gezeigt wird etwas viel Spannenderes: Wie Pep mögliche Krisen mit teilweise sensationellen Auftritten in der Kabine umschifft.

Das macht die Serie auch für Trainer zu einem echten Erlebnis. Sie ist wahrscheinlich wehr wert als ein ganzer Monat Fußballlehrerlehrgang.

Was lernen wir daraus? Zum Beispiel das: Ein Spiel dauert länger, viel länger als 90 Minuten – das Beste passiert nämlich im Vorfeld und hinterher. Oder das: Kevin De Bruyne hat tatsächlich einen ziemlich trockenen Humor. Oder das: Ruben Dias wird mit ziemlicher Sicherheit ein Toptrainer. Und das: Jack Grealish hat wirklich unfassbar dicke Waden.

Ach, nein, das wussten wir ja schon vorher. Na wenigstens etwas.

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