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Legenden sterben nie: Erinnerungen an Rudi Assauer

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Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Rudi Assauer ist tot. Mister Schalke. Der letzte Macho der Bundesliga. Eine Institution des Ruhrgebiets. In meiner Erinnerung immer so zupackend, vor Kraft strotzend, dass sein öffentliches Bild nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Alzheimer ergriff seit Anfang des Jahrzehnts Besitz von ihm. Mit 74 Jahren gab sein Körper gestern jeden Widerstand auf. Nur wer in der Familie einen Menschen mit Demenz hat, weiß um die Schwere der Krankheit, um das Leiden des Betroffenen und seiner Mitmenschen.

Man erlaube mir, dass ich den Leitartikel heute persönlicher formuliere.

Einen ruhigen Donnerstag wünscht

Euer Pit Gottschalk

Legenden sterben nie: Erinnerungen an Rudi Assauer

Die Nachricht erreichte Schalke kurz vor dem Pokalspiel gegen  Düsseldorf. Nichts berührt das Revier mehr als der Abschied von jemandem, der alle Tugenden der Region in sich vereinigte. Durchsetzungswillen. Bockigkeit. Machen statt Quasseln. Und immer Lust auf ein kühles Bier. Mit seiner damaligen Lebensgefährtin Simone Thomalla machte Rudi Assauer Veltins mit einem einzigen Spruch zum besten Pils: „Nur gucken. Nicht anfassen.“

Seit Monaten kam der frühere Manager nicht mehr in die Arena auf Schalke. Es ging nicht mehr. Als er mal da war, mussten ihn Begleiter mit geballter Kraft in den Fahrstuhl pressen. Wie ein bockiges Kind. Er war nicht mehr Herr seines Verstandes. Hätte auch nur eine Kamera die unwürdige Szene eingefangen, wäre es zu Handgreiflichkeiten von Fans gekommen. So sollte man ihn,  früher Souveränität pur, niemand sehen. Nicht mit Alzheimer.

Emotionaler Abschied in der Schalke-Arena

Die Stimmung in der Arena war vor dem Pokalspiel emotional. Clemens Tönnies sprach zu den Fans.

Auf der Schalker Geschäftsstelle war seine Demenz noch zu Managerzeiten aufgefallen, weil er am Morgen keine Erinnerung mehr an Sponsorentermine vom Vorabend hatte. 2012 machte er seine Krankheit publik. „Mein Hirn, die Rübe da oben, funktioniert nicht mehr", sagte er später in Bild. "Es wird ja nicht besser, eher schlechter. Ich muss mich damit abfinden. Verdammte Hacke!“ Verstecken wollte er nichts.

Mit Rudi Assauer war die Zusammenarbeit nicht immer einfach. Natürlich hatte er für die jungen Journalisten immer ein offenes Ohr. Er, beim FC Schalke ein Mann der klaren Worte, knüpfte zwei Bedingungen an einen Austausch: Er hatte immer das letzte Wort – und das Anrecht auf gemeinsames Bier. Mit beidem konnte ich als Reporter nicht immer dienen.

Wie Rudi Assauer zur Legende wurde

Beim BVB gewann er den Europapokal. Er hatte auch ein Herz für Werder Bremen. Aber Schalke machte ihn groß.

Erst im Nachhinein erkenne ich seine Methode, wie er Lösungen auf pragmatische und nicht bequeme Art erzwang. Als seine Lebensgefährtin bei einer Abendveranstaltung seiner Ansicht nach „zu viel quasselte“, sagte Assauer am Tisch nicht etwa: „Beate, bitte!“, um sie zur Zurückhaltung zu bewegen. Sondern, vor allen Leuten: „Beate, halt die Klappe!“

Vielleicht hat er sogar „Schnauze“ gesagt. Ist das jetzt verachtend – oder seine typisch direkte Ansprache? Für beide Sichtweisen gibt es Argumente. Mitte der 90er Jahre setzte ihm die ARD-Politsendung „Kontraste“ aus Berlin zu. Es ging um Vorwürfe krummer Geschäfte, man wittere auf Schalke das große Geschäft, als der Bau der Arena in die entscheidende Planungsphase ging.

"Architekt des modernen Schalke"

Rudi Assauer war eine der charismatischsten Figuren der Liga. Sein Tod löst Betroffenheit aus. Ein Nachruf von Oliver Müller.

Zwei Jahrzehnte später kann ich die Gemengelage nicht mehr exakt rekonstruieren, jedenfalls lief nicht alles so, wie Rudi Assauer es wollte. Helmut Kremers wurde gegen seinen Willen Präsident des FC Schalke; es formierte sich Widerstand gegen ihn. Aus der ARD-Redaktion in Berlin häuften sich die Vorwürfe; Rudi Assauer konterte mit Richtigstellungen. Ihm ging das alles auf die Nerven.

Auch ich recherchierte, logisch, und fand eine Spur nach Amsterdam, wo ein Informant Ungeheuerliches über Verstrickungen erzählte. Ich habe das damals nicht veröffentlicht: Ich bekam plötzlich einen Anruf von Rudi Assauer aufs Handy, und er fackelte nicht lange. Noch am Telefon bot er mir 10.000 D-Mark in bar, wenn ich ihm den Namen dieses Informanten verraten würde. Er wolle keine große Sache daraus machen.

Im Video: Ein Leben voller Höhen und Tiefen

Rudi Assauer galt als harter Hund, der Emotionen zeigte - im Erfolg wie in der Enttäuschung. Ein Nachruf von Jens Eberl.

Es gibt Zeugen für diese Form von – ja, will soll man es nennen: Honorar, Bestechung oder Angebot, das man nicht ablehnen kann? Für mich als Jungredakteur war das eine unfassbar hohe Summe Geld. Natürlich habe ich keine Sekunde gezögert und das unmoralische Angebot abgelehnt. Seit damals habe ich nie darüber gesprochen. Auch nicht mit ihm. Erst jetzt, da ich mich an die Zeit mit ihm erinnern möchte, fallen mir solche Szenen ein.

Scherz oder nicht: Ein solcher Vorgang hätte heute sofort intensive Recherchen ausgelöst. Und Tweets ohne Ende. Damals wurde der Vorgang sofort abgehakt. Ich war ein junger Sportreporter, vermutlich ein bisschen naiv, und wollte mich mit einem Geschäftsgebaren, das ich nicht einordnen konnte, nicht länger befassen. Ich dachte nur: So ist er halt, der Assauer.

"Ohne Rudi wären wir alle nicht hier"

Rudi Assauer prägte den FC Schalke 04 wie kein anderer. Er war Macher und Seele des Klubs. Ein Nachruf von Philipp Selldorf.

Der Anruf soll kein Hinweis auf ein Vergehen sein. Eher ein Beleg, wie Assauer den Dingen ungestüm auf den Grund gehen wollte. Er hat mich nach meiner Ablehnung niemals schlecht behandelt. 2003 kam er sogar zum allerersten Sport-Bild-Award nach Hamburg, um den Preis für die beste Sport-Idee entgegenzunehmen: für einen Biathlon-Wettbewerb in Gelsenkirchen. In der Veltins-Arena.

Biathlon mitten im Ruhrgebiet - wer kommt auf sowas? Assauer war nicht immer der Haudrauf, wie ihn die Öffentlichkeit liebte. Er hatte eine kreative, eine weiche Seite. Im Büro hing ein wunderschönes Bild von Sophia Thomalla, der Tochter seiner Freundin, als sie noch Teenager war. Soft sein, das konnte Assauer in der von Davidoff-Zigarren geschwängerten Arbeitsluft. Ihr Lächeln auf dem Foto liebte er.

Die besten Macho-Sprüche von Rudi Assauer

Rudi Assauer haute gerne deftige Sprüche raus. Böse waren die wenigsten. Ein Nachruf von Ben Redelings.

Er weinte 2001, als Schalke die Meisterschale in letzter Sekunde verpasste. Meister der Herzen wollte er nicht sein. Nicht mal die Erinnerung an den Gewinn des Uefa-Pokals 1997 und die mehrfachen DFB-Pokalsiege konnten diese Wunde wirklich heilen. Er blieb unvollendet. Sein Wirken wurde verfilmt, der Film im Mai vor großem Publikum in der Veltins-Arena uraufgeführt. Gestern stand auf einem Fanplakat: "Legenden sterben nie."

Noch vor Anpfiff hatte der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies die These aufgestellt, Rudi Assauer hätte auch an seinem Todestag dieses Fußballspiel gewollt. Da mag er recht haben. Nach dem 4:1 hätte Rudi Aussauer ein paar Züge an seiner Zigarre genossen und irgendeinem im Vip-Raum einen Spruch reingedrückt. Einfach so aus Sympathie.

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Heute im Fernsehen

20.30 Uhr, DAZN: Serie A, Lazio Rom - FC Empoli

Ein bisschen Werbung muss sein

Auch der Pokal hat allgemeingültige Gesetze

Wenn die Chancen sich ergeben,

werden auch die Tore fallen,

sagen Trainer gern vor Spielen.

Leider folgt das nicht bei allen.

Vor dem Tor muss erst ein Spieler

cool und technisch sauber schießen.

Sonst spricht nach dem Spiel der Trainer

von den Chancen, die sie liegen ließen.

Auf dem Rasen sah er Effizienz,

beim Gegner, wie ein zwölfter Mann.

Selbst im Pokal gilt das Gesetz:

Ins Tor trifft der, der schießen kann.

Alle mal herhören!

Im Podcast: Thomas Broich über seine Profikarriere

Auf dem Platz galt Thomas Broich als eine der Hoffnungen des deutschen Fußballs. Sein Aufstieg in den Profifußball passierte zu der Zeit als man nach technisch versierten Dribblern mit dem Auge für gute Pässe gierte. Neben dem Platz war er mindestens genauso spannend: Er hörte und machte Musik, las schlaue Bücher und stellte sich gerne als etwas anderer Fußballprofi dar. Was sich alles im Spitznamen "Mozart" versammelte. Doch statt WM 2006 im eigenen Land hieß es Fanmeile. Statt Führungsspieler demotivierter Mitläufer. Erst mit dem Absprung nach Australien befreite sich Thomas von dem, was ihm Fußball zur Last gemacht hatte. Und erlebte seine glücklichste Zeit als Profi. Rasenfunk hat mit Thomas Broich gesprochen.

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