Keine Schönfärberei, Rudi Völler


Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!
Als gestern die Meldung von Just Fontaines Tod die Redaktion erreichte, schaute ich in viele fragende Gesichter. Die Blicke verrieten mir: Muss man den kennen? Meine Meinung in aller Radikalität: Ja, unbedingt! Ohne Wenn und Aber!
Es geht nicht allein darum, dass Just Fontaine noch immer den WM-Rekord mit 13 Toren bei einem einzigen Turnier hält (WM 1958 in Schweden). Das Wissen über die Geschichte des Fußballs hilft bei jeder aktuellen Einschätzung.

Gerade die WM-Geschichte seit 1930 erzählt so viel über unser Land und unser Zusammenleben mit anderen Nationen (ich sage nur: "Das Wunder von Bern"), dass man die Stars ihrer Zeit kennen sollte. Auch Just Fontaine.
Man würde auch erfahren, dass Gerd Müller ihn 16 Jahre später (mit dem 2:1 im Finale) übertrumpfte - in seinem zweiten WM-Turnier. Erst dann weiß man Miro Kloses WM-Rekord richtig einzuordnen. Er brauchte vier Turniere für 16 Tore.
Einen geschichtsbewussten Donnerstag wünscht
Euer Pit Gottschalk
Rudi Völler im Sportausschuss: Alles in Ordnung?
Von Pit Gottschalk
Welche Wirkung Rudi Völler entfalten kann, wenn man ihn nur lässt, erlebte der Sportausschuss des Deutschen Bundestags in Berlin. Die Parlamentarier waren ganz verzückt, dass der neue DFB-Sportchef persönlich zur Berichterstattung auflief. Verbandspräsident Bernd Neuendorf, der ihn begleitete (oder war es umgekehrt?), schrumpfte zum Nebendarsteller. Das ist auch nicht verwunderlich. Völlers Wort hat mehr Gewicht.
Ändert nichts am falschen Fazit. Er hinterließ den Eindruck, dass die WM-Blamage von Katar ein erneuter Unfall des deutschen Fußballs gewesen ist. Ärgerlich halt, aber nichts Schlimmes. Völler reduzierte seine Analyse auf ein paar Fakten: Dass die Nationalmannschaft zum Beispiel doppelt so viele Torchancen herausgearbeitet hat wie der spätere Finalteilnehmer Frankreich. 20 schlechte Minuten gegen Japan seien schuld am vorzeitigen Turnier-Aus in der Hinrunde.

Das mag man so sehen, wenn man einen Schlussstrich unter einer unappetitlichen Episode der jüngeren WM-Geschichte ziehen will. Zwingend logisch klingt die Argumentation aber nicht. Warum wurde sonst Völlers Vorgänger Oliver Bierhoff aus dem Verkehr gezogen, wenn doch alles nur Pech war? Und auch das gehört zur Wahrheit: Schon die zwei Turniere vorher, die WM-Blamage von Russland 2018 und das EM-Aus gegen England 2021, waren der Offenbarungseid, wo wir stehen.
Nein, man darf Völlers Worte nicht für bare Münze nehmen, sie sollten wohl bei tieferem Nachdenken nur den einen Zweck erfüllen: ein bisschen Zuversicht verbreiten. Nächstes Jahr findet die Europameisterschaft in Deutschland statt. Niemand will die Deutschen, wie sie manchmal sind: griesgrämig pessimistisch und notorisch ungehalten. Dafür ist Völler ja zum DFB zurückgekehrt: als einer, der gute Laune macht. Der Sportausschuss bot ein dankbares Forum dafür.
Völler rettete seinen parlamentarischen Auftritt mit dem bitteren Bekenntnis, dass Deutschland "in vier, fünf, sechs Jahren", also rechtzeitig zur WM 2030, keine Talente mehr auf dem Rasen hat, die den statistisch vorgesehenen WM-Gewinn 2034 vorbereiten. Er sprach "von dunklen Wolken, was Talente und Nachwuchs angeht". Die Erkenntnis ist zwar nicht neu, aber befeuert die Botschaft, dass der DFB endlich seine Talentförderung auf internationales Niveau heben muss.
Wo ist der Torwart der Zukunft? Wo der Torjäger, der dutzendweise trifft? Wo die Flügelspieler, die rennen und flanken können? Merkwürdigerweise hat man diese Fragen schon zur WM in Katar gestellt und keine Antwort erhalten, weder vom Verband noch von der Bundesliga, was man dagegen zu tun gedenkt. Deswegen hätte Völler noch mehr Wirkung im Sportausschuss erzielt, wenn er sich die Schönfärberei der WM-Blamage von 2022 erspart hätte. Wahrheit kann heilen.
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