zum Inhalt

Julian Nagelsmann in der Bayern-Falle

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

In meiner überschaubaren Fußballwelt halte ich Fever Pit'ch zwar für einzigartig, aber die Selbstwahrnehmung täuscht natürlich. Überall entstehen jenseits von Medienhäusern wunderbare Meinungsportale von sogenannten – Achtung, Denglisch - "Creators". Auch im Segment der Newsletter. Ich freue mich jedesmal, wenn ich einen neuen Sport-Newsletter entdecke, zum Beispiel "Runde Ecke" von Jochen Fehringer, der schon 77 Ausgaben veröffentlicht hat und mir jetzt in einer Mail gestand: "Ich kann nun sehr gut nachvollziehen, wieviel Arbeit hinter einem solchen NL steckt!" Ja, das tut uns. Und wer Alex Steudel und mir endlich einen ausgeben will, weil wir uns die Nächte um die Ohren schlagen, kann dies bequem hier tun: Bitte klicken! Ob Starbucks-Kaffee, Astra-Sixpack oder Dominos-Pizza - wir nehmen alles.

Einen schreibwütigen Dienstag wünscht

Euer Pit Gottschalk

Julian Nagelsmann in der Bayern-Falle

"Dafür müssen wir sie bestrafen"

"Dafür müssen wir sie bestrafen"

Nach der Niederlage im Hinspiel der Champions League gegen Villarreal ziehen Trainer Julian Nagelsmann und Torwart Manuel Neuer wichtige Lehren. Kampfansage inklusive.

Von Pit Gottschalk

Um seine Situation ist Julian Nagelsmann nicht zu beneiden. Er ist, unbestritten, ein guter Trainer und kam mit viel Vorschusslorbeer zum FC Bayern München. Wer einen Arbeitsvertrag über fünf Jahre erhält und obendrein 20 Mio. Euro Ablöse kostet, gilt als Investmentobjekt für die Zukunft. So haben es die Bayern auch immer gesagt: Man denke langfristig bei und mit Julian Nagelsmann.

Dummerweise wird im Fußball-Business jede Woche aufs Neue Bilanz gezogen. Beim FC Bayern brutaler als anderswo. Dass man 2022 voraussichtlich die zehnte Meisterschaft in Folge gewinnt, fällt dabei weniger ins Gewicht als zwei weitere Aspekte. (1) Wie schneidet man international ab? (2) Wie ist es um das Binnenklima bestellt? Hier beginnt die vertrackte Situation für Julian Nagelsmann.

Zu Punkt 1. Heute Abend droht ihm das Aus in der Champions League. Seine Mannschaft muss gegen Villarreal das 0:1 aus dem Hinspiel wettmachen, also mindestens zwei Tore mehr als der Gegner erzielen, um die Lotterie eines Elfmeterschießens zu vermeiden. Im ersten Spiel hat Villarreal mit kluger und schneller Spielweise Grenzen aufgezeigt, die im Bayern-System verankert sind. Wer ist dafür zuständig? Eben.

Die Telefonzelle Nagelsmann

Die Telefonzelle Nagelsmann

Der Bayern-Trainer Julian Nagelsmann begegnet ungewohntem Druck vor dem Champions-League-Spiel gegen Villarreal mit gewohnter Lässigkeit.

"Unter Druck entstehen Diamanten"

"Unter Druck entstehen Diamanten"

Bayern muss gegen Villareal ein 0:1 aus dem Hinspiel aufholen, um ins Halbfinale einziehen zu können. Julian Nagelsmann erzählt, wie seine Mannschaft mit dem Druck umgehen will.

Zu Punkt 2. Bisher konnte sich der Trainer darauf verlassen, dass die Mentalität im Team Trotzreaktionen produziert. So im Achtelfinale gegen Salzburg: Dem schmeichelhaften 1:1 im Hinspiel folgte ein 7:1 im Rückspiel. Jojo-Fußball geht aber nicht immer gut. Mit vier Niederlagen in der Bundesliga und dem peinlichen Pokal-Aus in Mönchengladbach zeigte Bayern in der ersten Nagelsmann-Saison konstant Inkonstanz.

Abnutzungserscheinungen sind bei einer Mannschaft, die über Jahre von Erfolg zu Erfolg eilte, nicht ungewöhnlich. Nicht zu vergessen: In dieser Zeit verlor Bayern München an spielerischer Substanz. Thiagos Virtuosität wurde nie gleichwertig ersetzt, und Alabas Vielseitigkeit fehlt bei jeder Gelegenheit. Wenn Abwehrchef Süle dann unter Getöse Richtung BVB abhaut, defokussiert sich eine Mannschaft oft.

Man sagt dann schnell: Der Trainer muss das regeln. Ja, die Behauptung ist gleichzeitig richtig und falsch. Richtig, weil die Mannschaft noch immer stark genug ist, um Villarreal aus der Allianz-Arena zu schießen. Und falsch, weil Kleinigkeiten im Fegefeuer der Eitelkeiten die Trainerarbeit erschweren und plötzlich Top-Torjäger wie Lewandowski mit ihrem Abschied kokettieren und schmollen.

Ex-Bosse glauben ans Weiterkommen

Ex-Bosse glauben ans Weiterkommen

Das 0:1 aus dem ersten Vergleich mit Villarreal wiegt schwer. Die ehemaligen Bayern-Bosse Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge glauben dennoch an ein Weiterkommen.

"Wirkt unglücklich"

"Wirkt unglücklich"

Die aus seiner Sicht aktuell wieder etwas schwächere Form von Leroy Sané gibt Rekordnationalspieler Lothar Matthäus Rätsel auf: "Er wirkt unglücklich."

Dem Trainer wünscht man in solchen Situation eine ordnende Hand aus dem Verein, die seine Spieler zurück in die richtige Richtung schubst. Denn auch das darf man nicht vergessen: Nagelsmann ist erst 34 und hat als Trainer noch keine großen Titel gewonnen, die ihn als Macher ausweisen. Nicht jeder Starspieler vertraut ihm deshalb blind, dass alles, was an Neuerungen im Training passiert, Positives bewirkt.

Aber die Klubbosse - Hainer, Kahn und Salihamidzic - ringen selbst um jeden Atemzug in ihrem Verantwortungsbereich, sei es bei den Finanzen (Hainer), beim Führungsstil (Kahn) oder bei der Kaderplanung (Brazzo), und verhalten sich auffällig unauffällig. Es ist erstaunlich, dass Julian der Junge Fußballlehrer und Repräsentant in Personalunion sein soll. Er regelt, was andere im Verein liegenlassen.

Nur wird ihm das wenig helfen, wenn er heute Abend das Villarreal-Spiel nicht gewinnt, im Viertelfinale der Champions League ausscheidet und die schlechteste Bayern-Bilanz seit einem Jahrzehnt zu verantworten hat. Genau darin liegt das Vertrackte: An die Umstände erinnert sich dann niemand mehr. Dieses eine Spiel kann seine Langzeitprognose beim FC Bayern ins Schleudern bringen.

Heute im Fernsehen

TV-Programm

20.15 Uhr, SPORT1: Fantalk

21 Uhr, Amazon Prime: Bayern München - Villarreal

Goretzka ist der Anti-Haaland

Goretzka ist der Anti-Haaland

In seiner Bild-Kolumne schreibt Alfred Draxler, Leon Goretzka sei ihm   immer sympathisch gewesen. Jetzt habe er einen Grund mehr.

Auch der VfL Bochum verdient eine Ehrung

Tobias Holtkamp über den VfL Bochum
Klassenerhalt größer als die Meisterschaft

Klassenerhalt größer als die Meisterschaft

Sport1-Kolumnist Tobias Holtkamp wünscht sich eine Würdigung für Vereine, die in der Bundesliga aus ihren geringen Möglichkeiten herausragend viel machen. Und schlägt auch direkt einen Klub vor.

Von Tobias Holtkamp

Im Zuge der vielen Ideen zu Weiterentwicklungen und Innovationen sollte man der neuen Bundesliga-Chefin Donata Hopfen noch etwas anderes vorschlagen. Sagen wir mal: aus dem kleinen Bereich der großen Emotionen.

Mache ich hiermit: Neben der klassischen Meisterschale, die ja im Normalfall sowieso immer an den FC Bayern geht, seit zehn Jahren zumindest, könnte es eine zweite Schale geben, zum Beispiel in Herzform. Für eine Mannschaft, die es im Zeitalter der immer größeren Schere zwischen oben und unten sowieso nie auf den Bundesliga-Olymp schafft, aber eine offizielle und nationale Würdigung zumindest genauso verdient hat! Weil sie auch eine Wahnsinns-Saison gespielt hat, Fans aller Lager beeindruckt hat und vielleicht einfach am meisten gemacht hat aus ihren Möglichkeiten.

So wie nun viele, völlig zurecht auch, bei der "Sonderschale" an den SC Freiburg denken, so schlage ich den VfL Bochum vor!

Die Bochumer, die Überraschungs-Aufsteiger aus dem letzten Sommer, rangieren in Budgetgröße noch einige Regale unter den Freiburgern. Sie mussten in der härtesten Corona-Zeit extrem kreativ werden, um einen Kader zusammenzubringen, der zumindest die Fantasie auslöst, in der Bundesliga bestehen zu können.

Doch das Puzzle aus jungen Talenten, erfahrenen Vereinsgrößen und einigen Leihspielern, die bei ihren Stammvereinen nicht gebraucht werden, wurde im Laufe der Saison immer mehr zu einem kleinen, sehr besonderen Kunstwerk. Ausgestellt an einem Standort, der die Ruhrpott-Mentalität nicht nur für coole Marketing-Aktivitäten nutzt, sondern vor allem: lebt.

Wenn es sportlich nicht gereicht hätte, ihr Fußball nicht gut genug gewesen wäre, dann hätte das Bochumer Publikum das akzeptiert. Doch wenn ihre Mannschaft nicht alles reingehauen und versucht hätte, auf dem Platz, so wie ihre Anhänger jeden Tag im Alltag, dann wäre es ungemütlich geworden.

Von ungemütlich sind und waren sie in Bochum weit entfernt in den letzten Monaten. Sie sind stolz, auf sich und ihre Saison. Sie haben viele Fußball-Fans begeistert, die einfach den Sport lieben. Und Besonderes erkennen.

Die Spieler, die da jetzt den Klassenerhalt schaffen, werden in die Vereinsgeschichte eingehen. Ihrem Trainer Thomas Reis ist es in seiner ersten Bundesliga-Saison gelungen, viele Schwergewichte vor zu große Aufgaben zu stellen. Frankfurt, Freiburg, Wolfsburg, alle haben sie geschlagen. Und die Bayern, 4:2. Das wird für immer bleiben.

Fünf Spieltage vor Saisonschluss hat der VfL mittlerweile zehn Vorsprung auf Relegationsplatz 16. Wolfsburg, Hertha oder Stuttgart stehen hinter ihnen. Was die Bochumer diese Saison geleistet haben, da lege ich mich gerne fest, ist ein größerer Erfolg, eine größere Leistung, als mit Bayern die Schale zu holen.

Wie sie ihren Top-Stürmer Simon Zoller, der sich mitten in der Saison das Kreuzband riss, ersetzt und auch diesen Rückschlag gemeistert haben, war außergewöhnlich. Zollers Rückkehr am Samstag, als er nach sieben Monaten das erste Mal wieder eingewechselt wurde, war Gänsehaut pur.

Ich fänd's großartig, wenn es für solche Saisons, solche Leistungen irgendetwas gäbe. Zum Anfassen, zum Herzeigen, für's Vereinsmuseum. Verdient wär’s allemal.

Was sonst noch so los ist

Abstiegskampf der Bundesliga

Abstiegskampf der Bundesliga

Aus dem Abstiegskampf ist an diesem Wochenende eine eigene kleine Meisterschaft geworden. Die Argumente liegen auf dem Tisch.

Serdar erlebt ein Déjà-vu

Serdar erlebt ein Déjà-vu

Mittelfeldspieler Suat Serdar kämpft mit Hertha BSC gegen den Bundesliga-Abstieg. Das weckt Erinnerungen an seine Schalke-Zeit. Eine ist besonders bitter.

Werder: Unbeugsam und unbequem

Werder: Unbeugsam und unbequem

Werder Bremen findet auf Rückstände oft Antworten, bringt sich aber vorher selbst in Not. Das Team von Ole Werner muss daran arbeiten, auch mal wieder in Führung zu gehen.

Die Unaufsteigbaren

Die Unaufsteigbaren

Nie war der HSV schlechter in der 2. Liga, wahrscheinlich wird er auch im vierten Anlauf die Bundesliga-Rückkehr verpassen. Es ist Zeit, etwas Neues auszuprobieren: den Trainer behalten.

Wie Hertha, nur in Sachsen

Wie Hertha, nur in Sachsen

Dynamo Dresden liefert in Liga zwei ebenso beständiges Chaos wie die Berliner eine Klasse höher. Der erneute Abstieg droht. Diesmal aber selbstverschuldet.

Der DFB sitzt im Glashaus

Der DFB sitzt im Glashaus

Kritik an der Vergabe der WM nach Katar verbietet sich für einen deutschen Fußballfunktionär aus dem Glashaus heraus. Denn alles spricht dafür, dass sich die Deutschen die WM 2006 gekauft haben.

DFB-Stars auf PSG-Streichliste

DFB-Stars auf PSG-Streichliste

Großer Umbruch bei Paris Saint-Germain. Der Scheich-Klub plant wohl einen Neuanfang – ohne zahlreiche Stars. Und ein paar kennt man aus der Bundesliga.

Alle mal herschauen!

Ihre Rivalität macht sie zu den Besten der Welt

Ihre Rivalität macht sie zu den Besten der Welt

Manchester City gegen Liverpool war so grandios wie seit Langem kein Spiel mehr in England. Ein Grund: Die Trainer Pep Guardiola und Jürgen Klopp treiben sich gegenseitig zu Höchstleistungen.

Kommentare

Aktuelles