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Schwabenfluch: Hertha bald Rekord-Absteiger?

Hertha kommt! Leider nur in der ewigen Rekord-Absteigertabelle. Ist der Berliner Schwabenfluch schuld?

Foto: Maja Hitij / Getty Images (OF)

Inhaltsverzeichnis

Von Alex Steudel

Vor ein paar Wochen wurde Fredi Bobic als Messias des deutschen Fußballs gehandelt. Sportdirektor beim DFB sollte er werden. Dann wurde in einem ausgeklügelten Assessment-Center-Prozess ("Mach' du's, Rudi!") ein anderer ausgewählt. Und jetzt ist Bobic nicht mal mehr gut genug für Hertha BSC. Samstagabend wurde er gefeuert. Tiefer kannst du in so kurzer Zeit kaum fallen. Nicht mal in Würde absteigen durfte Bobic.

Wobei: Es war irgendwie klar. Schwabe in Berlin, das konnte nicht gutgehen. Jeder ist dort gescheitert. Bei manchen ging es schnell (Tayfun Korkut, Jürgen Klinsmann), bei anderen war es ein quälend langsamer Prozess (Dieter Hoeneß). Der aktuelle, total erfolglose Trainer Sandro Schwarz darf nur bleiben, weil er aus Mainz kommt – 150-km-Polster zur schwäbischen Grenze. Das Glück der entfernten Geburt.

Das alles mag nach Scherz klingen, aber nein, es stimmt, ich weiß das, ich bin ja selbst Schwabe und habe in Berlin gelebt. Als Schwabe wirst du von Berlinern angeguckt wie jemand, der gerade mit einem Motorradhelm auf dem Kopf und drei großen Stofftaschen in der Hand eine Bank betritt. Das Netz ist voller "Warum Berliner die Schwaben hassen"-Geschichten. Es gibt sogar einen "Schwaben in Berlin"-Wikipedia-Eintrag. Erster Satz: "Schwaben in Berlin ist eine stereotype Bezeichnung für als spießig, wohlhabend und provinziell wahrgenommene Zugezogene."

Man wolle künftig "mehr Hertha-DNA" in den Klub bringen, hat gestern sogar Hertha-Präsident Kay Bernstein gesagt. Da passt es halt nicht, wenn man aus einem Stuttgarter Arbeiterviertel kommt und morgens beim Bäcker statt Schrippen Weckle bestellt.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

Was ich nicht verstehe: Bobic ist im Grunde gar kein richtiger Schwabe. Gut, wohlhabend ist er (nach dem Hertha-Engagement noch viel wohlhabender), aber er wirkte in Berlin weder spießig noch erfolgreich, wie man es den Schwaben ja auch nachsagt. Die Hertha führte er vom Tag seiner Ankunft Mitte 2021 bis heute von Platz 16 auf 17. Ob er den Gehweg vor der Geschäftsstelle gekehrt hat, weiß ich nicht.

Und jetzetle? Geht die Angst um. Angst vor Bobics Tagebüchern, klar, aber auch Angst vor einer neuen Verpflichtung von Felix Magath. Und vor allem Angst um die Zukunft des Klubs. Der sechste Bundesliga-Abstieg droht – das würde Platz zwei in der ewigen Absteigertabelle bedeuten. Gleichauf mit Bielefeld, hinter Nürnberg. Immerhin mal ein Sprung nach vorn.

Die chronisch erfolglosen Berliner haben nämlich diese Saison in 18 Spielen nur 20 Tore geschossen und sind Vorletzter einer an Durchschnittsteams nicht gerade armen Liga. Hoffnung sieht anders aus, zumal die neue Doppel-Sport-Spitze Zecke Neuendorf und Benjamin Weber zuletzt nicht gerade als effektive Tormaschine in Erscheinung getreten ist. Ich finde, die Hertha bräuchte gerade eher ein paar neue Ideen mehr auf dem Platz als im Büro. Ach, übrigens, was das betrifft: Leider ist Neuendorf/Weber auch keine mit allen Wassern gewaschene Bundesligamanager-Paarung.

Egal, Spätzle abputzen und weitermachen. Und ausgerechnet am kommenden Spieltag geht's zum Europacup-Sieger und Bayern-Ein-Remis-Abtrotzer Frankfurt. Die Eintracht strotzt vor Siegeslust. Wie sagt man so schön: Bei diesem Gegner kann man nur gewinnen. Ich fürchte, dass wir am Samstag sehen werden: Das ist nur so ein Spruch.

Das neue Steudel-Buch ist da! Titel: "Die nächste Kolumne ist immer die wichtigste". 276 Seiten für 14,95 Euro. Wer das Buch sofort will: Hier bestellen! Wer ein signiertes Exemplar bevorzugt: Mail an post@alexsteudel.de.

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