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Gladbach - Abstieg auf Raten

Ein Spiel der Gladbacher einschalten, das war früher ein Fest. Heute ist es wie Deutscher sein und ESC gucken.

Foto: Imago / osnapix

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Mal ganz schnell aus dem Kopf antworten: Welcher Verein spielt nach Bayern München und Borussia Dortmund am längsten ununterbrochen in der Bundesliga? Richtig, Bayer Leverkusen. 1979 aufgestiegen und seitdem immer Erstligist. Also seit 44 Jahren.

Ist Bayer Leverkusen deshalb ein Traditionsverein? Wenn man Fans genau zuhört, zum Beispiel auf meiner Facebook-Page, spricht man dem rheinischen Werksklub zu häufig aus unerklärlichen Gründen die Bundesliga-Berechtigung ab. Dabei gehören die Leverkusener längst zum Liga-Inventar. Warum ist das so?

An der mangelhaften Titelausbeute kann's nicht liegen. Bayer Leverkusen hat in 60 Jahren Bundesliga genauso viele Meistertitel geholt wie Schalke, nämlich null, aber genauso wie Schalke den Uefa-Cup gewonnen, die einen 1988, die anderen 1997. Offenbar liegt's an diesem Zusatz: Werksklub.

Das Wort klingt sogar verächtlicher als Thekenmannschaft und soll suggerieren, dass sich ein Konzern zur Belustigung der eigenen Belegschaft eine Mannschaft leisten kann. Wie Volkswagen den VfL Wolfsburg und Red Bull RB Leipzig. Dabei geht unter, dass Bayer Leverkusen eine Konstante des deutschen Fußballs ist.

Halt ein Verein, der immer da war und ist. Früher mit Reiner Calmund am Ruder, in der Zwischenzeit mit Rudi Völler und jetzt halt mit Ex-Profi Simon Rolfes. Ein Generationswechsel wie bei jedem anderen gut geführten Verein, nur ohne Abstieg. Tun wir Bayer Leverkusen folglich unrecht?

Immerhin ist Bayer Leverkusen der letzte deutsche Vertreter im Europapokal und kann am Donnerstag zum wiederholten Mal in ein Europacup-Endspiel einziehen. Aber wie viele drücken dem Bundesliga-Klub hierzulande wirklich die Daumen, dass das 0:1 aus dem Hinspiel gegen AS Rom aufgeholt wird?

Und das, obwohl Deutschland bisher nicht sooo viele Europapokalsieger hatte. Hier eine Quizfrage, die man aus dem Kopf beantworten sollte: Wie viele deutsche Fußballmannschaften (Männer) haben seit dem zweiten Weltkrieg einen Europapokal gewonnen? Vielleicht weiß man Leverkusen dann mehr zu schätzen.

Wahrscheinlich bin ich befangen. 1988 gewann ich bei der örtlichen Sparkasse in Roetgen (Nordeifel) Eintrittskarten für ein besonderes Fußballspiel: für das Rückspiel im Europacup-Finale gegen Espanyol Barcelona. Bayer Leverkusen war mit einem 0:3 aus Spanien zurückgekehrt.

Das Endspiel um den Uefa-Cup, damals in Hin- und Rückspiel ausgetragen, schien entschieden. Zur Pause stand's 0:0. Dann erzielten Tita, Falko Götz und Bum-Kun Cha drei Tore. Wahrscheinlich hat Trainer Erich Ribbeck nie besser gecoacht. Es folgten: eine torlose Verlängerung und die Entscheidung im Elfmeterschießen.

Ich stand in der Fankurve hinter dem Tor, wo das Elfmeterschießen stattfand, erlebte die Begeisterung nach dem 3:2 i.E. hautnah. Geht es nicht genau darum: um die Freude beim Fußball? Auch made by Leverkusen. Hier die Empfehlung: Donnerstagabend, RTL, ab 21 Uhr: Bayer Leverkusen einschalten und mitzittern!

Einen genussreichen Mittwoch wünscht

Euer Pit Gottschalk

PS: Donnerstag ist Feiertag. Fever Pit'ch erscheint wieder am Freitag.


Foto: Imago / Revierfoto

Der heimliche Absteiger: Mönchengladbach

Von Alex Steudel

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Das ist nicht der Countdown eines besoffenen Nasa-Mitarbeiters, das ist Borussia Mönchengladbach auf einen Blick. Diese sechs Zahlen stehen für die Tabellenpositionen des Traditionsklubs am Ende der vergangenen sechs Spielzeiten, inklusive der aktuellen Saison.

Es ist genau so traurig, wie es sich liest. Ein Spiel der Gladbacher einschalten, das war früher ein Fest. Heute ist es wie Deutscher sein und ESC gucken.

Dabei haben die Fohlen eigentlich fast immer einen starken Kader. Diese Saison den sechstwertvollsten der Liga. Der Verein besitzt durchaus Spieler, die begeistern können. Die Betonung liegt leider auf "können".

Borussia Mönchengladbach: Trainer-Aus von Daniel Farke steht bevor
Nach der enttäuschenden Leistung bei der 2:5-Pleite gegen Borussia Dortmund dürfte die Zeit von Cheftrainer[…]

Trotz seiner Klasse ist Gladbach der einzige Klub der Bundesliga, der irgendwie egal geworden ist. Das internationale Geschäft oben: unerreichbar. Der Abstand zu den Abstiegsplätzen unten: nicht erwähnenswert, weil groß.

Traurig, aber wahr: Mönchengladbach ist nur noch Mittelmaß. Hauptstadt von Niemandsland. Und für mich der heimliche Absteiger.

Keiner weiß, wie es weitergeht. Trainer Daniel Farke steht vor dem Aus, die besten Spieler verlassen den Verein wohl. Die Gelackmeierten sind die Fans. Es gibt sie übrigens überall.

Ich habe eine Statistik aus dem Jahr 2022 gefunden, wonach Borussia Mönchengladbach der beliebteste Klub Deutschlands nach dem FC Bayern München ist. Diese Fans müssen recht alt sein.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

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Das sind jetzt sechs aufeinanderfolgende Gladbacher Tabellenpositionen Mitte der Siebziger Jahre. Insgesamt wurde der Verein in jenem Jahrzehnt fünfmal Meister. Das "Verein für Leibesübungen" im Klubnamen galt als krasseste Untertreibung, die man sich vorstellen konnte. Der VfL war Dauervollgas, nicht Übung, und gewann zweimal den Uefa-Cup.

Die Spieler waren Helden und wurden gefeiert. Superstar Günter Netzer besaß einen Ferrari (mit MG-Kennzeichen) und eine eigene Diskothek. (Diskothek, liebe junge Leser, war dasselbe wie heute Tinder, nur mit Bier statt Handy in der Hand.)

Jupp Heynckes! Berti Vogts! Lothar Matthäus! Herbert Wimmer! Rainer Bonhof! Diese Namen!

Das ganze Wunder, darf man nicht vergessen, vollzog sich in einem klitzekleinen Städtchen. 150.000 Einwohner zählte Mönchengladbach 1970; das waren halb so viele Menschen, wie der FC Bayern heute Mitglieder hat.

Was viel mehr zählte, war Kontinuität. Der große Hennes Weisweiler arbeitete 4081 Tage am Stück als Trainer in Gladbach. Sein Nachfolger, der legendäre Udo Lattek, vier Jahre lang. Danach kam Heynckes, der für den Verein schon über zehn Jahre lang Tore geschossen hatte: Acht Jahre war er Trainer.

Gladbach: Öffentliche Abrechnung mit Borussia-Hoffnungsträger!
Einen Transfer für die kommende Saison hat Borussia Mönchengladbach bereits getätigt. Bei seinem Noch-Verein Hertha BSC musste DFB-Talent Lukas Ullrich nun eine öffentliche Abrechnung über sich ergehen lassen.

Machte zusammen drei Trainer in 23 Jahren. Drei. Nur mal zum Vergleich: Der HSV versorgte in den vergangenen 23 Jahren 28 Trainer.

Sobald die Bayern-Fans in den Siebzigern das Wort "Gladbach" hörten, stellte sich bei ihnen ein ganz bestimmtes Gefühl ein. Heute ist es selten geworden, es kommt in München nur noch vor, wenn Brazzo neue Spieler holt: Angst.

In der aktuellen Bundesligatabelle stehen heute sogar Klubs vor Borussia Mönchengladbach, die in den glorreichen Siebzigern kaum einer kannte. Sie spielten nämlich in der zweiten DDR-Liga (Union), sie wurschtelten in Amateurligen (Mainz) - oder sie waren noch nicht einmal erfunden (RB Leipzig).

Steudel-Kolumnen gibt es auch als Buch! Titel: "Die nächste Kolumne ist immer die wichtigste". 276 Seiten, 14,95 Euro. Wer's sofort will: Hier bestellen! Wer fürs gleiche Geld ein signiertes Exemplar bevorzugt: Mail an post@alexsteudel.de.


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