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EM 2024: Eine Frage der Ehre - und der Moneten

Bis zu 28,25 Mio. Euro Prämie zahlt die Uefa an jeden EM-Teilnehmer. Die Nationalspieler verlangen daran ihren Anteil. Warum eigentlich?

Foto: Imago / Hanno Bode

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Wenn die deutsche Nationalmannschaft ihrem Verband DFB Gutes tun will, dann gewinnt sie im Sommer die Heim-EM und füllt die Kassen: Bis zu 28,25 Mio. Euro kassiert der neue Europameister, wenn er die drei Vorrundenspiele und alle vier nachfolgenden K.o.-Spiele inklusive Endspiel siegreich gestaltet.

Sieben Länderspiele in Folge gewinnen - man wird als Deutscher ja wohl noch träumen dürfen. In der realen Welt dürfen wir uns glücklich schätzen, wenn die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann die Gruppenphase übersteht. Die Gegner heißen Schottland, Ungarn, Schweiz.

Eigentlich müsste die Teilnahme an der Europameisterschaft eine Ehre für jeden Nationalspieler sein. Aber man kann die Uhr danach stellen, dass sie selbst oder ihre Berater Ansprüche auf die EM-Prämien stellen. Die WM-Versager von 2018 wollten vier Jahre später, bei der WM 2022 in Katar, 400.000 Euro Siegprämie.

Panne bei EM-Auslosung: Was hinter dem Stöhnen in der Elbphilharmonie steckt
Bei der Auslosung erklingt im Saal die Akustik eines Erotikfilms. Einen ähnlichen Streich gab es bereits.

Ihre Verhandlungsposition ist gut. Die Uefa gab unter der Woche bekannt, welche Summen die 24 Verbände kassieren können. Allein für die Teilnahme am EM-Turnier gibt's 9,25 Mio. Euro. Jeder Vorrundensieg bringt eine Million Euro, jedes Unentschieden die Hälfte. Prämie fürs Achtelfinale: 1,5 Mio. Euro.

Danach schnellen die Zahlungen steil nach oben. Viertelfinale: 2,5 Mio. Euro. Halbfinale: 4,0 Mio. Euro. Vize-Europameister: 5,0 Mio. Euro. EM-Titel: 8,0 Mio. Euro. So kommt in den vier EM-Wochen (14. Juni bis 14. Juli) ein erquickliches Sümmchen zusammen. Wie gesagt: maximal 28,25 Mio. Euro.

Der DFB könnte das Geld gut gebrauchen. Der Kicker meldete vor gut einem Jahr, dass der Verband einen Verlust von rund 30 Mio. Euro verzeichnet. Es geht dabei um Altlasten, die der DFB zu stemmen hat. Aber misslungene Klimmzüge in der Buchhaltung werden die Nationalspieler nicht kümmern. Sie fordern ihren Anteil.

Schweiz als vermeintlich größte Herausforderung: Deutschland ist in der Gruppe „nicht der Topfavorit“
Erst gegen Schottland, dann gegen Ungarn und zum Abschluss gegen die Schweiz. Für die deutsche Nationalmannschaft stehen die Gruppengegner bei der EM fest. Nur gegen eine Nation stimmt dabei die Bilanz.

Denn Nationalspieler wollen grundsätzlich nur das Beste: Geld. Zwischen 300.000 und 500.000 Euro wird für jeden einzelnen drin sein. Wenn die Nationalspieler ein Signal setzen wollen, hier wäre eines: Verzichtet auf jede EM-Prämie! Oder teilt sie mit den DFB-Frauen oder U17-Weltmeistern! Oder spendet einfach!

Der Grund ist eine heilige Dreifaltigkeit. Erstens: Die Nationalspieler verdienen ja schon das große Geld in ihren Vereinen. Zweitens: Mit der EM-Teilnahme steigt der Marktwert und damit automatisch das Vereinsgehalt. Drittens: Die Nationalspieler haben nach drei kaputten Turnieren einiges gutzumachen.

Aber dafür müssten sie den Adler auf der Bruse als Ehre und nicht als weitere Einnahmequelle definieren. Oder Solidarität empfinden. So naiv wird niemand sein. Irgendwann im Winter wird die Meldung aufploppen, dass man sich auf eine EM-Prämie für die Spieler geeinigt hat. Moneten statt Ehre: So schaut's leider aus.

Einen gewinnbringenden Montag wünscht

Euer Pit Gottschalk


⚽️ Fertig für den Durchmarsch

Von Alex Steudel

Ein Jahr neigt sich wieder dem Ende entgegen, aber zum Glück passiert das 2023 auf eine viel magenfreundlichere Weise als 2022. Schauen wir kurz zurück: Am 1. Dezember 2022 verabschiedet sich die Nationalmannschaft trotz eines 4:2 gegen Costa Rica mit heruntergelassenen Hosen, verlorengegangener Kapitänsbinde und betretenem Blick schon nach der Gruppenphase aus dem WM-Turnier in Katar. Wir sind nicht wieder wer, sondern immer noch keiner mehr.

Danach bricht das Chaos aus – der deutsche Fußball ist so angesagt wie Stehkragen und Schweißstirnband. Wir sind fertig. Zu wenig Talent, zu wenig Nachwuchs, überhaupt kein Einsatzwille. Deutschland, Schönwetterfußballerland.

Und jetzt? Am Samstag, 2. Dezember 2023, also exakt 366 Tage später: Plötzlich Licht am Ende des Tunnels. Alles passiert an einem einzigen Tag: Unsere Kinder werden U17-Weltmeister, nur ein paar Stunden danach führt uns die beste Auslosung ever direkt in die K.o-Phase der EM.

Alles wird gut.

Der Steudel! bei Fever Pit’ch
Für den Newsletter schreibt Alex Steudel erfrischende Kolumnen.

In München setzt sich Bundestrainer Julian Nagelsmann trotz Schneechaos, gestrichenem Flug und einer Erkältung ins Auto und lässt sich 790 Kilometer weit und durch 23 Baustellen in eine Zweitligastadt fahren, um ja bei der EM-Auslosung dabei zu sein zu können. Kündigt dort (Auflösung: in Hamburg) en passant gleich mal deutliche personelle Veränderungen im Nationalteam an.

Zack! Zack! Zack!

Ich dachte: Das ist er ja, der Einsatzwille, den wir sonst nur aus der U17 kennen.

Ich deute die Zeichen der Zeit, schon klar. Aber ich glaube: Alles wird gut. Am selben Tag Weltmeister werden mit so einer Leistung – 32 Minuten lang spielten die potenziellen Nationalspieler von morgen in Unterzahl gegen Frankreich und lagen im Elfmeterschießen anfangs zurück – UND dann auch noch so eine EM-Auslosung geschenkt bekommen?

Das kann doch alles kein Zufall sein.

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Das DFB-Team trifft in Gruppe A bei der Heim-EM auf Schottland, Ungarn und die Schweiz. Bundestrainer Julian Nagelsmann gibt bei der Auslosung für 2024 ein paar andeutungsreiche Fingerzeige.
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Die Reaktionen auf die EM-Auslosung sind eindeutig: Deutschland erwischt eine machbare Gruppe. Doch wie tückisch wird die Vorrunde?

Unsere Gruppengegner im Juni 2024 lauten nämlich Schottland (Eröffnungsspiel am 14. Juni in München), Ungarn (19. Juni in Stuttgart) und Schweiz (23. Juni in Frankfurt). Machen wir uns nichts vor: Ausscheiden ist schwerer als Weiterkommen.

Alles wird gut. Ich spür's so deutlich wie einen Pressschlag von Almugera Kabar.

Ich habe in der Sekunde, als die letzte Kugel aus dem Pott geholt war, bereits das Achtelfinale vorausvollzogen: Erster der Gruppe A (Deutschland) gegen den Zweiten der Gruppe C hinter England – also Serbien oder Dänemark. Null Problem, und schon gehören wir wieder zu den besten Acht Europas.

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Und wer weiß, vielleicht werden wir ja sogar Europameister. Wenn dieser Samstag etwas gezeigt hat, dann: Im Fußball ist alles möglich.

Und am 14. Juli 2024 gibt in Berlin Kapitän Ilkay Gündogan den EM-Pokal an Julian Nagelsmann weiter. Gelernt hat er das, wie so vieles, sieben Monate vorher von der U17. Kapitän Noah Darvich drückte am Samstag den WM-Pott Trainer Christian Wück in die Hände und schenkte uns mit dieser Geste den schönsten Moment des Turniers.  

Ich sag's ja: Alles wird gut.

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