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Sepp Maier hat sich gestern für ein Comeback von Manuel Neuer im deutschen Tor ausgesprochen. Das war abzusehen. Maier ist nicht nur Bayer, sondern 80 Jahre alt, und die Alten halten zusammen. Neuer ist nämlich auch schon 80. Zumindest aus Profitorhüterperspektive gesehen.
Ich habe es nicht für möglich gehalten, im September 2024 eine Kolumne über die Rückkehr des 38 Jahre alten Ex-Nationaltorhüters Neuer zu schreiben. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich dazu stehe. Ich bin dagegen.
Wer mich kennt, weiß, dass ich in Sachen Neuer keinen Widerspruch dulde. Er ist der beste Torwart der Fußballgeschichte. Weltmeister, Champions-League-Sieger. In den vergangenen 20 Jahren hätte jeder Trainer (außer Jürgen Klinsmann) seinen aktuellen Stammtorwart ohne mit der Wimper zu zucken in die Wüste geschickt, wenn auch nur "Anruf verpasst/Manuel Neuer" auf seinem iPhone-Display gestanden hätte.
Aber warum sollte der alternde Neuer nach der schlimmen Verletzung von Marc-André ter Stegen (32) zurückkommen? Damit Deutschland die k.o.-Runde der Nations League erreicht? Das bringt niemandem etwas, und die Nations League braucht auch keiner.
Es ist für Bundestrainer Julian Nagelsmann an der Zeit, jetzt auf der Torhüterposition einen Neuanfang zu starten.
Und zwar mit ...
An dieser Stelle musste ich beim Verfassen dieser Kolumne eine lange Pause machen. Ich wusste nämlich nicht, welchen Namen ich reinschreiben sollte. Es gibt keinen jungen Schlussmann, der sich aufdrängt wie 2010 Manuel Neuer. Ein Dilemma.
Damals war es ja ganz ähnlich: Der 25jährige René Adler sollte das deutsche Tor bei der WM 2010 hüten und verletzte sich kurz vor Turnierstart. Der 24jährige Neuer rückte nach und ging nie mehr weg.
Kein Mensch zweifelte daran, dass dem damaligen Schalker die Zukunft gehörte. Er hatte bereits in mehreren Champions-League-Spielen halb Europa in den Wahnsinn getrieben. In Porto etwa sprechen sie seit 2008 bei jedem "Vater unser" den Satz "Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von Manuel Neuer".
Eigentlich müssten wir nach ter Stegens Verletzung in einer Torhüternation wie Deutschland jetzt mindestens drei Namen von jungen Torhütern, sagen wir zwischen 19 und 25 Jahre alt, jonglieren können. Aber es gibt nichts zu jonglieren. Stattdessen reden wir über Neuer. Oder Oliver Baumann (34). Oder, charmante Idee: Stefan Ortega. Aber der hält bei Manchester City leider die meisten Bälle beim Aufwärmen. Er ist Ersatz und auch schon 31.
Mir fällt für die drei Pünktchen nur Alexander Nübel ein. Super Entwicklung, großes Talent. Andererseits wird der Stuttgarter nächste Woche 28 Jahre alt. Das ist zwar bestes Torwartalter, steht aber nicht für Neuanfang.
Wo ist also der junge Wilde, auf den wir alle gewartet haben? Die bittere Antwort: Es gibt ihn nicht. Fast alle Bundesligatorhüter des vergangenen Wochenendes sind entweder nicht Deutsche oder um die 30 oder eben nie auffällig geworden.
Da stellt sich mir natürlich schon die Frage: Was machen die eigentlich in den Nachwuchsleistungszenten? Ohne Tore spielen?
In einer DFB-Studie steht übrigens, dass wir im Jahr 2028 ein echtes Torwartproblem haben werden. Daran können wir wohl nichts mehr ändern. Doch weil jede Kolumne eine Lösung bieten sollte, würde ich bis dahin auf Nübel setzen.
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