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DFB-Held Tah beim FC Bayern: Das kann ja heiter werden
Leverkusens Abwehrspieler ist in Topform, Leverkusen ist in Topform – aber das bringt gar nichts, wenn Leverkusen in München spielt
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Wenn man den Geschichtsbüchern Glauben schenken darf, hat Jonathan Tah den schöneren Teil der Woche hinter sich. Für den Abwehrmann von Bayer Leverkusen schien am Dienstag gegen die Franzosen die Sonne, obwohl es sich um ein Abendspiel handelte. Doch jetzt nähert sich ein Tiefdruckgebiet, an dem der 27-Jährige nicht vorbeikommt. Es heißt Bayern.
Heute Abend treten die Leverkusener in München an, und das kann historisch gesehen nur eins bedeuten: Bye-bye, Tabellenführung.
Ich habe zwar gelesen, dass Tah aufgrund seiner starken Leistung im Wiedergutmachungsklassiker „gestärkt zum Gipfel reist“. Eine unumstößliche Regel der Bundesliga lautet aber: Gestärkt ist egal, wenn Leverkusen nach München fliegt. Dann ist die Sache eigentlich schon beim Boarding entschieden.
Da kann man noch so vollgepumpt mit Selbstvertrauen sein, da kann ein Tah im Nationaldress ganz wunderbar gespielt haben, da darf der Bundesligastart als perfekt bewertet werden, völlig egal. Bayern ist für Leverkusen das Stoppschild unter den Auswärtsspielen. Zweimal hat der Werksklub in den vergangenen 30 Jahren dort gewonnen.
Kennen Sie den: Was hat Bayern, das Bayer niemals haben wird? Antwort: das „n“.
Ich selbst habe vor Ort lustige Ausfälle erlebt. Im Februar 2000 reiste Leverkusen als punktgleicher Titelmitkandidat an. Wir Reporter schrieben uns eine Woche lang die Finger heiß, aber nach 100 Sekunden schob Leverkusens Torben Hoffmann den Ball unbedrängt ins eigene Tor. Typisch Bayer.
Damals entstand der Mythos der Besiegbarkeit. Bayer-Manager Reiner Calmund nannte Hoffmann einen „Dämlack“ und mutmaßte, dass seine Jungs „Pampers“ tragend nach München gereist waren. Weil Leverkusen sogar das Spiel beherrscht hatte, sprach Calmund von „kontrolliertem Käse“.
Recht hatte er, Bayern gewann unkontrolliert locker 4:1.
Drei Monate später fuhren die Leverkusener noch mal nach München, also genaugenommen nach Unterhaching, und ihnen genügte ein Remis für die Meisterschaft.
Ich war nicht dort, sondern im Olympiastadion, ich wusste ja, was kommt: Diesmal schoss Michael Ballack das obligatorische Eigentor, Haching gewann 2:0, Bayern war Meister und Bayer für immer Vizekusen.
Sie haben sich davon nie erholt. Wenn es um was geht, geht nix. Und das wird sich heute nicht ändern, da kann noch so viel Tah innenverteidigen und Florian Wirtz wirbeln und Victor Boniface netzen und Xabi Alonso an der Seitenlinie fuchteln, da kann ich den neuen Leverkusener Fußball so toll finden, wie ich will, niemand legt sich mit der Geschichte an: Ich glaube einfach viel zu sehr an die normative Kraft des Kicker-Almanachs.
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