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Das große Missverständnis Hansi Flick

Spätestens nach dem Japan-Debakel war jedem klar: Das wird nix mehr mit diesem Bundestrainer. Der Neue muss jetzt in die Köpfe der Spieler

|10. September 2023|
Das große Missverständnis Hansi Flick
Das große Missverständnis Hansi Flick

Foto: Imago 

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Das Schöne an der neuen WM-Doku „All or Flick“ ist, dass man darin genau sieht, wie Hansi Flick funktionierte, nämlich gar nicht. Der Bundestrainer schaffte es tatsächlich, vier Folgen oder drei Stunden lang niemanden zu motivieren. Keinen Spieler, keinen Zuschauer. Er hatte Schwierigkeiten, einfachste Dinge zu erklären. In Mannschaftsbesprechungen trieb er mit seiner Rhetorik gestandene Profis ins Wachkoma.

Auf einer Klopp-Motivationsskala von 1 bis 10 lag Hansi Flick bei 0,5. Er war das größte Bundestrainermissverständnis seit Erich Ribbeck.

Aber wem sollte man vorwerfen, dass er 2021 Bundestrainer wurde? Niemandem. Er war so vielversprechend.

Flick hatte mit den Bayern gefühlt mehr Pokale gewonnen, als es überhaupt gab, und erst seit 2022 weiß niemand, wie er das hinbekommen konnte. Als Nationaltrainer war er schlecht, sein Punkteschnitt näherte sich schon so langsam dem von Ribbeck.

Stand heute unterliegt Deutschland allem, was sich bewegt, wir haben bei Länderspielen etwa so viele Siegchancen wie ich im Urlaub auf Malle nachts bei offenem Fenster und angeschaltetem Licht gegen Stechmücken.

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Wem sollte man vorwerfen, dass er 2023 noch im Amt war? Diese Frage ist schon viel interessanter. Nach der verpatzten WM 2022 war er eigentlich fällig. Aber: Der DFB ging den Weg des geringsten Widerstandes. Manager Oliver Bierhoff wurde entlassen und an Flick festgehalten. Heute wissen wir, dass andersrum vielleicht besser gewesen wäre.

1:4 gegen Japan, 0:2 gegen Kolumbien, 0:1 gegen Polen, 3:3 gegen die Ukraine, 2:3 gegen Belgien – das ist die Ausbeute der vergangenen fünf Begegnungen. Auf dem Weg zur EM 2024 machte Flick jeden Spieler jeden Tag ein bisschen schlechter.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

Die Folge: Wir sind nicht wieder wer.

Nach dem Japan-Debakel klang am Samstag kurz an, dass das auch an den Spielern liegen könnte. An fehlenden „Basics“. Das ist natürlich Quatsch, und um es zu widerlegen, genügt es, eine Statistik aufzuführen: neun der elf Profis in der Startelf hatten schon die Champions League gewonnen. Mir wäre neu, dass man in Barcelona, London, Turin, Madrid und beim FC Bayern ohne Basics einen Henkelpott holte. Oder dass die Deutschen von den Kollegen durchgeschleppt werden mussten.

Nein, wenn du eine Weltklassemannschaft hast, die Kreisklasse spielt, kann es eigentlich nur zwei Ursachen geben: den verdorbenen Rotbarsch beim Mittagessen oder den Trainer.

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Ich bin eher beim Trainer. Jammer-Kai Havertz suchte nicht die Schuld bei den Fans, weil er einen Hackenschuss hat, sondern: Weil sein Trainer ein schlechtes Vorbild war (siehe Doku). Auch die ständige Angst vor dem Versagen und die daraus resultierenden Blockaden: müssen vom (neuen) Trainer und seinem Stab gehändelt werden.

Die Viererkette könnte künftig funktionieren, wenn ein Trainer klare Vorstellungen davon hätte, was funktionieren bedeutet – und, mal beispielhaft am Rande bemerkt: Wenn er nicht sage und schreibe 64 Minuten brauchen würde, um zu erkennen, was am Samstag jeder Fernsehzuschauer schon nach 15 Minuten erkannte: dass der Linksverteidiger gar keiner ist.

Flicks Nachfolger übernimmt die größte Baustelle des Fußballs. Wer auch immer es wird, er braucht kein Taktikgenie sein, er muss nur in die Köpfe seiner Spieler kommen.

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