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Abrechnung: Was Fritz Keller zum DFB-Abschied sagte

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Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Die Fever Pit'ch Leser kennen mich als leidenschaftlichen Kommentator, der gerne die Wucht von Worten nutzt, um Gedanken Ausdruck zu verleihen. Gegen die Sprengkraft von Fritz Keller komme ich heute nicht an. Seine persönliche Erklärung, warum er gestern als DFB-Präsident zurückgetreten ist, steckt voller Vorwürfe und Zustandsbeschreibungen aus dem innersten DFB-Zirkel. Da ist von "Sanierungsfall" die Rede, von "Widerständen" und "Mauern" innerhalb des Verbandes, von Drohungen und Schadenersatz, von Machtkämpfen und Fehlverhalten. Liest man seine Erklärung Zeile für Zeile durch, wird einem übel. Das also soll tatsächlich unser DFB sein?

Über die Jahre haben wir Sportjournalisten immer wieder die Zustände im Verband kritisiert, kleine und größere Skandale eingeordnet und nicht selten selbst Kritik dafür eingesteckt, dass wir an der Fassade des DFB gekratzt haben. Nun folgt die Bestätigung: Was Fritz Keller - aus seiner Sicht - beim DFB erlebt hat, belegt - leider - alle Vorurteile. Die Funktionäre, die im Namen des deutschen Fußballs sprechen, haben ihr eigenes Wohl im Sinn und nicht das des Fußballs. Fritz Keller hat dabei offenbar gestört. Er kam aus Freiburg und stellte alles infrage, was an Pfründen aufgebaut worden war. Aus ihm spricht die Wut, nichts vollbracht zu haben.

Nun schreibt Fritz Keller solche Sachen nicht ohne Eigennutz; er will seine Demission richtig verstanden wissen, dass er Opfer des Systems geworden ist, und nicht allein auf seinen unsäglichen Freisler-Vergleich begrenzt werden. Es besteht ja kein Zweifel: Er geht als Gescheiterter. Sein Statement ist ein letzter Abschiedsgruß. Aber selbst wenn nur die Hälfte seiner Ausführungen stimmt: Dann steht es schlimm um den Verband des viermaligen Weltmeisters. Ich habe mich entschieden, die Erklärung von Fritz Keller im O-Ton zu veröffentlichen. Doch Vorsicht: Teile seiner Ausführungen wird Fußballfans verunsichern.

Einen transparenten Dienstag wünscht

Pit Gottschalk

++ Brennpunkt DFB ++

Rundumschlag zum Abschied

Fritz Keller tritt von seinem Amt als DFB-Präsident zurück. In seinem Abschiedsbrief holt er zur großen Generalkritik aus.

Abrechnung: Was Fritz Keller zum DFB-Abschied sagte

"Wie angekündigt, stelle ich mein Amt als Präsident für einen tiefgreifenden und notwendigen Neuanfang im Sinne des Deutschen Fußball-Bundes zur Verfügung. Ich übernehme damit persönlich Verantwortung für meine Entgleisung in der Präsidiumssitzung vom 23. April 2021, die trauriger Tiefpunkt der desolaten Führungssituation des DFB bleiben soll.

Ich bin Ende September 2019 vom Bundestag des DFB einstimmig zu seinem Präsidenten gewählt worden. Mein Programm basierte auf Vertrauen, Transparenz, Aufklärung sowie der Durchsetzung einer kollektiven Führung im Team. Ziel war es, das “Ein-Mann-Show”-Management im DFB zu beenden und die Einheit des Fußballsports mit Profis, Amateuren und Jugend wiederherzustellen.

Der DFB muss sich verändern. Er muss seine Glaubwürdigkeit, das Vertrauen in seine Integrität und Leistungsstärke zurückgewinnen. Doch ob es bei der Durchführung einer Generalinventur war, bei Professionalisierung und Modernisierung von Strukturen einschließlich einer schnellstmöglichen Ausgliederung des gewerblichen Geschäftsbetriebes des DFB: In jeder Phase der Umsetzung dieser Grundsätze stieß ich innerhalb des DFB auf Widerstände und Mauern.

Als Präsident bin ich angetreten, weil der DFB bereits im Herbst 2019 ein Sanierungsfall war mit unzähligen ungelösten Themen und “Baustellen”. Der DFB litt unter den Spätfolgen des Sommermärchens mit Strafverfahren und einem Ansehensverlust, die die Einheit des Fußballsports mit Profis und Amateuren gefährden. Der DFB-Führungsstil hatte in wenigen Jahren vier Präsidenten verschlissen, in meiner Amtszeit kamen schwerwiegende Auswirkungen der Corona-Krise auf den Fußballsport hinzu – am heftigsten betroffen waren und sind die tausenden Vereine mit den aktiven Spieler*innen und Jugendlichen.

Es ist es mir in dieser Situation nicht gelungen, innerhalb der Gremien des DFB eine vertrauensvolle, verlässliche und kollegiale Zusammenarbeit zu erreichen. Nach der zweiten Steuerrazzia, für deren Ursprünge ich jeweils keinerlei Verantwortung trage, musste ich feststellen, dass es viel zu häufig um eigene Befindlichkeiten, interne Machtkämpfe, um die Sicherung von Vorteilen sowie um das “Arbeiten” am eigenen Bild in der Öffentlichkeit ging.

Die Durchsetzung meines Programms und meines Auftrages durch den DFB-Bundestag wurde mir an vielen Stellen immer wieder schwer- bis unmöglich gemacht. Die Durchsetzung von Transparenz etwa musste ich mir als Präsident rechtlich erkämpfen wie auch das Recht auf Information und Auskunftserteilung, obwohl es um Belange des DFB, um ideell wie finanziell wichtige Angelegenheiten ging.

Erst nachdem ich unabhängige Kontrollinstanzen einbezog, um Rechtssicherheit herzustellen, ließen sich gegen mich erhobene Vorwürfe vollumfänglich aus dem Weg räumen. Leider gerieten dadurch die Kontrollinstanzen teils selbst unter Druck: Sie wurden mit außergerichtlichen Schadensersatzansprüchen bedroht, Befangenheitsanträge erhoben Zweifel an ihrer Unabhängigkeit.

Mit ordnungsgemäßer Verbandsführung hatte und hat das alles nichts zu tun – insbesondere bezüglich des Abschlusses und der Durchführung eines unschlüssigen Vertrages mit einer Kommunikationsagentur.

Ich kann mich diesbezüglich nur den unmissverständlichen, klaren Worten und dokumentierten Feststellungen unserer hochrangig besetzten Gremien des Prüfungsausschusses und der Ethikkommission anschließen.

Mein Fehlverhalten erfolgte in einem für den DFB beschämenden Umfeld, mein Rücktritt wird die Probleme innerhalb des DFB und des Fußballsports allerdings nicht lösen. Ich bin dankbar dafür, dass ich im Sportgericht des DFB ein unabhängiges, vertraulich arbeitendes Gremium gefunden habe, in dem diese Umstände im Zusammenhang dargestellt und nachgeprüft wurden. Von solchen Gremien, die vertraulich arbeiten können, braucht der DFB mehr.

Dass in den vergangenen Tagen eine breite Diskussion über notwendige Veränderungen im DFB angestoßen worden ist, macht mir jetzt Hoffnung. Ich habe deshalb auch darauf bestanden, dass Veränderungen ein wichtiger, notwendiger Teil der kurzfristigen Agenda des DFB werden und bleiben. Dabei geht es um:

eine personelle Erneuerung der Spitze des DFB, ohne die ein glaubwürdiger Neuanfang nicht möglich ist; der DFB muss seine Unabhängigkeit gegenüber Personen, die als Beschuldigte in unterschiedlichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geführt werden, bewahren – die Unschuldsvermutung der Betroffenen wäre dadurch nicht berührt;

eine komplette Professionalisierung in der Führungsspitze und schnelle Einführung völlig neuer Strukturen, damit der DFB für die Amateure und den gesamten Jugendbereich und die Erfüllung der gesellschaftlichen Aufträge des Fußballsports Geld verdienen kann;

die Aufklärung aller möglichen Unregelmäßigkeiten und Verfehlungen im DFB durch externe, unbelastete, öffentlich anerkannte Spezialisten;

endlich Rückendeckung und Unterstützung für die engagierten und kompetenten Mitarbeiter*innen innerhalb des DFB und die Stärkung eines auf Vertrauen und Zuverlässigkeit aufbauenden Führungsstils, insbesondere unter Einbeziehung von Diversitätsgedanken;

die dringende Unterstützung der Corona-geschädigten Amateur- und Jugendarbeit durch den DFB sowie durch die gesamte Fußballfamilie in Deutschland. Der DFB muss sich mit voller Kraft, aller Energie und allen ideellen und finanziellen Möglichkeiten für den Amateur- und Jugendbereich einsetzen, um seiner wichtigsten gesellschaftlichen Aufgabe nachzukommen.

Das gescheiterte Experiment

Fritz Kellers Zeit als DFB-Präsident geht nach 20 Monaten zu Ende. Es war eine unglückliche, erfolglose Amtszeit. Das System DFB hat er nicht verstanden, seine Versuche, es zu ändern, haben mehr zerstört als aufgebaut.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die mir Vertrauen entgegengebracht und mich unterstützt haben, aus dem Amateurlager wie auch aus dem Profilager und auch allen anderen Interessengruppen.

Die Mitarbeiter*innen des DFB arbeiten mit großer Leidenschaft, mit großem Engagement und großer Sachkompetenz für den Fußballsport. Es hat mich tief berührt und erschüttert, dass sie in den Konflikt der Führungsspitze hineingezogen und teilweise sogar instrumentalisiert worden sind. Mit meinen Werten als Unternehmer ist das gänzlich unvereinbar. An der Basis des DFB haben sich deshalb zuletzt Unsicherheit, sogar Sorgen breitgemacht, was einem Desaster für eine Verbandsführung gleichkommt, zu der auch ich 18 Monate gezählt habe. Es ist mir ein großes Anliegen, den Mitarbeiter*innen herzlich zu danken und ihnen für ihre persönliche und berufliche Zukunft das Allerbeste zu wünschen, insbesondere ein sicheres, auf Respekt und Teamgeist beruhendes berufliches Umfeld!

Es war mir eine Ehre, dem Fußball nach besten Kräften zu dienen."

Kein Stein darf mehr auf dem anderen bleiben

DFB-Präsident Fritz Keller ist zurückgetreten - mit einer schriftlichen Wutrede machte er seinem Ärger über die "desolate Führungssituation" beim größten Sportverband der Welt Luft. Für den stellvertretenden RND-Sportchef Sebastian Harfst ist es ein Indiz dafür, dass der DFB sich jetzt grundlegend verändern muss.

Heute im Fernsehen

21.15 Uhr, Sky: Premier League, Chelsea - Leicester City

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