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1:2! Deutschland im WM-Schock

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Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Das Argentinien-Gefühl der deutschen Nationalmannschaft: Durch Elfmeter 1:0 in Führung, Torchancen en masse vermasselt und auf den letzten Metern 1:2. So verlor Argentinien gegen Saudi-Arabien am Dienstag, so verlor Deutschland gegen Japan am Mittwoch.

Kann mir das jemand erklären?

Der Schwachpunkt beim DFB-Team ist schnell ausgemacht: Beim ersten Gegentor steht Nico Schlotterbeck ohne Gegenspieler und Aufgabe im Strafraum, beim zweiten leistet er Wegbegleitung statt Zweikampfstärke. Man kann sagen: Er setzt seine BVB-Performance bei der WM nahtlos fort.

So wird das nichts bei der WM.

Bundestrainer Hansi Flick muss die Mannschaft umbauen. Maßnahme 1: Niklas Süle statt Schlotterbeck in die Innenverteidigung neben Antonio Rüdiger, dafür Thilo Kehrer Rechtsverteidiger. Maßnahme 2: Serge Gnabry als Rechtsaußen raus und irgendwen rein, der Lust auf Kicken zeigt.

Denn noch ist es nicht zu spät.

Gegen Spanien am Sonntagabend muss jetzt ein Sieg her, sonst dürfen die Nationalspieler ihre Koffer samt Regenbogen-Armbinde vorzeitig packen. Was den Bundestrainer ehrt: Er sucht nicht nach Ausreden, sondern nennt "individuelle Fehler, die bei einer WM nicht passieren dürfen".

Hat er die falschen Spieler mitgenommen?

Zumindest Schlotterbeck muss sich die Frage gefallen lassen, ob Mats Hummels die bessere Wahl gewesen wäre. Der hätte das Laufduell zwar auch verloren - aber den Gegenspieler vermutlich vorher wirkungslos gestellt, um die Situation zu entschärfen. Man nennt das: Cleverness.

Auch dem Bundestrainer fehlte Cleverness.

Die Japaner spielten eine schlechte erste Hälfte und stellten ihren Matchplan in der Pause komplett um: auf eine Fünferkette, die so dicht organisiert war, dass kein Gegentor mehr fiel. (Zugegeben, Glück war auch dabei.). Wo aber blieb die Antwort von Hansi Flick?

Hat der Bundestrainer keinen Plan B?

In der Endphase wechselte er Leon Goretzka und Jonas Hofmann im ersten und Niclas Füllkrug und Mario Götze im zweiten Schwung ein sowie zur Nachspielzeit Youssoufa Moukoko. Das sah nicht nach einem Plan aus, sondern nach einer Verzweiflungstat. Sogar Torwart Neuer stürmte mit.

Flick-Auswechslung brachte die Wende.

Das ist umso unerklärlicher, weil die deutsche Mannschaft einigermaßen, leider nicht immer, stabil stand. Der Bruch kam mit der überflüssigen Auswechslung von Ilkay Gündogan und Thomas Müller: Mit ihnen ging die Balance verloren. Und warum musste wenig später Jamal Musiala runter?

Warum keine stabile Achse belassen?

Die Gestaltung von Torchancen ist das eine; die gab es und wurden nicht genutzt. Das andere: die Abteilung Attacke vor der Abwehr. Joshua Kimmich braucht einen, den er blind kennt. Zum Beispiel Leon Goretzka. Wenn Gündogan spielt, muss er halt durchhalten. Eingespielt sein ist alles.

Immer Pech ist auch kein Zufall.

Wie schon bei der WM 2018 im letzten Gruppenspiel gegen Südkorea und bei der EM 2021 gegen England mangelt es wahlweise am Killer-Instinkt und/oder an taktischer Vielfalt. (Immerhin: Der Einsatzwille fehlte nicht.) Deutschland werden die Grenzen aufgezeigt.

Teilen wir das Schicksal von Italien?

Italien, viermal Weltmeister wie Deutschland, schaffte zum zweiten Mal in Folge nicht die WM-Qualifikation. Und das, obwohl man zwischendurch Europameister wurde. Also fehlt offensichtlich ein entscheidendes Kriterium, entscheidende Siege einzufahren. Auch Deutschland?

Überlebenstraining ist zu wenig.

Auf dem Weg zum WM-Sieg 2014 hatte der Verband die Jugendförderung umgekrempelt, nämlich gestaltet statt verwaltet und so zwei Generationen von Spielern zu Siegertypen verwandelt. Wir merken seit langem, dass uns junge Abwehrleute samt Torwartnachwuchs sowie Mittelstürmer fehlen.

Und was tun wir dagegen?

Wir bauen eine DFB-Akademie in Frankfurt und überreden Jamal Musiala zur deutschen Spielberechtigung, wir reaktivieren Götze und hoffen auf Füllkrug. Das kann nicht gutgehen, wenn man die anderen Nationen sieht. Ganz gleich, wie diese Weltmeisterschaft noch verläuft.

Einen hoffnungsvollen Donnerstag wünscht

Euer Pit Gottschalk

PS: Alex Steudel und ich haben das deutsche WM-Debakel gestern live in einem Stream diskutiert. Zuschauer durften Fragen stellen und Meinungen äußern, die in Echtzeit besprochen wurden. Hier geht's zum Live-Stream!

Das deutsche WM-Debakel - unerklärlich?

1:2! Schon wieder am Boden

1:2! Schon wieder am Boden

Die Nationalmannschaft glänzte gestenreich vor dem Anpfiff – und erlebte dann gegen Japan ein Debakel. Nun droht das WM-Aus, weil  Torchancen ungenutzt blieben und die Defensive zusammenbrach.

Von Marco Mader und Oliver Mucha

Der Wüstenhimmel war stockdunkel, als Hansi Flick und seine frustrierten Spieler zutiefst enttäuscht in ihrer Luxus-Oase ankamen. Die rund 70-minütige Fahrt zum Zulal Wellness Resort werde "nicht schön", hatte der Bundestrainer nach der WM-Auftaktpleite gegen Japan (1:2) gemutmaßt, und das war sie dann wohl auch nicht - genauso wenig wie das anschließende Abendessen.

Auch das beeindruckende 7:0 des kommenden Gegners Spanien gegen Costa Rica war beileibe kein Stimmungsaufheller, sondern im Gegenteil einigermaßen beängstigend. Die deutsche Nationalmannschaft hat ihren WM-Start erneut in den Sand gesetzt, am Sonntag droht vielleicht schon das Aus.

Als Erster hatte Thomas Müller die Sprache wiedergefunden. "Aberwitzig, dass wir mit einer Niederlage dastehen", sagte er und ergänzte: "Die K.o.-Runde hat für uns früher begonnen. Wir brauchen jetzt zwei Siege. Aber zwei Siege kann man nicht einfach so bestellen." Der erste muss gegen Spanien her.

Zwei Spieler müssen sofort raus!

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Das Argentinien-Gefühl der Deutschen: durch Elfmeter 1:0 in Führung, Torchancen en masse vermasselt und auf den letzten Metern das 1:2. Das muss personelle Konsequenzen haben.

Schweinsteiger zerlegt DFB-Stars

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Knallharte Kritik von ARD-Experte Bastian Schweinsteiger. Er nennt  sogar Namen. "Jetzt achten wir mal bitte auf das Verhalten von Niklas Süle und Leon Goretzka...", leitete er ein.

Lange Zeit hatte es gut ausgesehen für die DFB-Auswahl - in jeglicher Hinsicht: Zum Einstieg ins WM-Turnier setzte sie mit einer starken "Maulkorb"-Geste ein bemerkenswertes Zeichen, die Jagd nach dem fünften WM-Stern begann dann aber wie beim Desaster 2018 mit einer Pleite. Der Bochumer Takuma Asano (83.) und der Freiburger Ritsu Doan (76.) entblößten die defensiven Schwächen und zeigten damit weit mehr Effizienz als die deutschen Angreifer bei einer Fülle von Chancen.

"Wir haben es ihnen zu einfach gemacht", klagte Ilkay Gündogan. Er hatte den Vorzug vor Leon Goretzka erhalten und mit einem Foulelfmeter die Führung erzielt (33.). Später traf er den Außenpfosten (60.), es war wie der Treffer von Serge Gnabry an die Latte (47.) eine der vielen Chancen, die er und seine Mitspieler sträflich ungenutzt ließen. "Was die Effizienz betrifft", sagte Bundestrainer Hansi Flick, "hat Japan uns klar geschlagen."

Was die Effizienz betraf, fehlte sie allerdings auch in der Defensive, "wir haben sie vermissen lassen", monierte Flick. Er sah "individuelle Fehler, für die wir büßen mussten". Um diese Fehler zu verhindern, hatte der Bundestrainer Niklas Süle, Antonio Rüdiger und Nico Schlotterbeck aufgeboten - doch bereits vor den Gegentreffern wirkte die deutsche Abwehr nicht sattelfest.

Gündogan geht Mitspieler an!

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Nach dem Spiel wird Ilkay Gündogan ebenso besonders deutlich und übt heftige Kritik an seinen Mannschaftskameraden. Die Worte sind Klartext und entfalteten ihre Wirkung sofort.

Flick-Wechsel führten zum Bruch

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Hansi Flick und die Nationalmannschaft sorgten mit eigenen Fehlern dafür, dass sich die Geschichte von 2018 auf eine vergleichbare Art und Weise wiederholte.

Gündogan, der in der 67. Minute für Goretzka Platz machte, fielen gleich mehrere Mängel auf. "Das 1:2, ich weiß nicht, ob jemals ein einfacheres Tor erzielt wurde bei einer Weltmeisterschaft", sagte er - und er zielte damit auf Süle und den oft unsicheren Schlotterbeck ab. Gündogan sagte aber auch die entlarvenden Sätze: "Wir haben das Gefühl gehabt, dass nicht jeder den Ball unbedingt haben wollte. Wir haben viel zu oft den Ball verloren."

Auch Neuer bemängelte offen, dass das Spiel der deutschen Mannschaft vor allem in der zweiten Halbzeit mehr Schein als Sein war - trotz zunächst noch guter Chancen. "Japan hat höher gepresst", sagte er, "da haben uns die Ruhe und die gute Positionierung gefehlt." Mit besseren Pässen und mehr Selbstvertrauen wäre es viel besser gewesen, ergänzte er, aber: "Wenn man keine Pässe mit Aussage macht, dann kommt irgendwann die Retourkutsche."

"Das kann ich nicht nachvollziehen"

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Bei T-Online findet Stefan Effenberg deutliche Worte für Mannschaft und Trainer. Im Video lobt er die Japaner – und spricht Klartext über den Auftritt der DFB-Elf.

Zeichen stehen wieder auf Absturz

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Die Zeichen stehen nach den ersten Eindrücken eher auf Absturz als auf spektakuläre Wende. Doch auch mit dem 1:0 im Rücken vermittelte das Flick-Team einen rätselhaften Eindruck.

Und so steht die deutsche Mannschaft da wie jene, die vor vier Jahren mit einem 0:1 gegen Mexiko ins Desaster schlitterte. "Wir müssen die Spieler jetzt aufbauen. Jeder hat das im Kopf und wird sich ärgern", sagte Flick, "trotzdem muss man nach vorne blicken. Wir haben zwei Spiele, sechs Punkte sind zu vergeben, daran arbeiten wir."

Die Niederlage lenkte zu allem Überfluss auch den Blick weg von einem sehr starken und weltweit beachteten Zeichen, das die deutsche Mannschaft vor dem Spiel gesetzt hatte. Beim Teamfoto vor dem Anpfiff legten sich die Spieler im stillen Protest die Hand vor den Mund, die Fotos von der Geste, die beim von der Fifa kontrollierten TV-Weltbild nicht zu sehen war, verbreiteten sich rasend schnell. Sie wurden aber nur zwei Stunden später schon verdrängt von jubelnden Japanern - und konsternierten Deutschen.

Marco Mader und Oliver Mucha sind Redakteure beim SID

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13 Uhr, ZDF: Gruppe H, Uruguay - Südkorea

17 Uhr, ZDF: Gruppe H, Portugal - Ghana

20 Uhr, ZDF: Gruppe G, Brasilien - Serbien

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