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Wenn Eltern beim Fußball ausrasten

Die Wut an den Amateurplätzen nimmt zu. Die Ursache ist vielfältig - aber muss besprochen werden

Foto: ChatGPT

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"Das sind Wutbürger auf dem Fußballplatz! Wie bei den Bauernprotesten, nur dass die verbale Gülle abkippen", sagte neulich ein Jugendtrainer mit einer gewissen Bitternis zu mir. Gemeint waren Eltern, die dem Spiel ihrer Sprösslinge beiwohnten und laut kommentierten, was ihrer Meinung nach von den Leistungen auf dem Platz zu halten war. Dass Trainer in der Beurteilung der Mütter und Väter auch nicht immer gut wegkommen, dürfte keine Überraschung sein.

Mein Einwurf, dass es die Helikopter-Eltern, die es ja nur gut mit ihrem Kind meinen, schon zu meinen Zeiten gegeben hätte, konterte ein sehr erfahrener Trainer (früher Polizist, heute Sozialarbeiter) neulich mit dem Satz: "Das heißt jetzt Rasenmäher-Eltern. Die räumen für ihre Kids schon vorweg alle Hindernisse aus dem Weg!"

Im Ruhrpott lauerten völlig durchgedrehte Väter einem Jugendlichen der Kontrahenten auf und verprügelten diesen.

Gewaltexzess bei Jugendfußballspiel - Polizei hat Täter ermittelt
Amateurfußballer im Ruhrgebiet sind geschockt von einem Video. Darauf zu sehen ist ein 14-Jähriger Spieler, der nach einem Spiel von Erwachsenen festgehalten und verprügelt wird. Das Video wurde bereits hundertfach im Netz geteilt. Die Polizei hat jetzt Täter ermittelt.

Hin und wieder gibt es von Schleswig-Holstein bis Bayern, von Aachen bis Dresden sogar Spielabbrüche, für welche die Akteure auf dem Platz nicht die Ursache sind. Im Berliner Nobelstadtteil Zehlendorf gingen Eltern bei einem E-Jugendspiel aufeinander los.

“Kinder haben geweint”: 13-jähriger Schiedsrichter spricht nach Prügelei bei Jugendspiel
Der 13-jährige Schiedsrichter Michel Kamps bricht Anfang März ein Jugendspiel wegen prügelnder Eltern ab. Er will weitermachen – und seinem Vorbild Deniz Aytekin nacheifern.

Wobei derlei Vorfälle eher die Ausnahme und längst nicht die Regel sind.

Dennoch verlieren Fußballeltern bisweilen die Kontrolle, so wie wir es Leuten im Verkehr auf Deutschlands Straßen ja auch zunehmend passiert. Die Dagegen-Mentalität und die steigende Egozentrik der Menschen in diesem Land wirken sich eben auch auf die Fußballfelder aus. Wir müssen Antworten darauf finden, sonst nimmt der Amateurfußball nachhaltig Schaden. Klischees helfen dabei weniger als eine ehrliche Bestandsaufnahme und konstruktive Vorschläge.

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Wobei früher nicht alles besser war. Doch da war es vor allem bei Spielen der Erwachsenen rüpeliger, für Kinder- und Jugendfußball interessierten sich Eltern nicht in dem Maß wie heute. Als ich bei meinem Heimatverein TSV Apensen mit der von mir trainierten B-Jugend durch den langgestreckten Landkreis reisen musste (nach Freiburg an der Elbe 60 km), hatte ich oft Mühe, genügend Fahrer fürs Auswärtsspiel zu finden. Meistens waren es Mütter, die das Auto mit pubertierenden Jungs vollluden und diese zum Spiel chauffierten. Eingemischt haben die sich nie.

Heute ist das anders.

Das Thema Eltern ist in Gesprächen unter Jugendleitungen ein sehr emotionales. Fast alle können etwas beisteuern. In der Regel ist das Glas halb leer. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, Eltern konstruktiv in den Verein einzubinden. Dazu muss man reden und sich auch ein wenig schlau machen.

Wir wollen in einer Veranstaltung am 26. April in der Sportschule des Landessportbundes gemeinsam mit der Spezialistin für Fußball-Eltern Susanne Amar ergründen, was die Erfolgsfaktoren für eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Verein und Eltern sein können.

Im Vorfeld ging es immer wieder um Kommunikation.

  • Oft wissen Eltern nicht, wie ein Verein funktioniert, wie vielfältig die Aufgaben eines Trainers sind und wie sie ihm helfen könnten.
  • Die Coaches hingegen wissen oft erstaunlich wenig über die Mütter und Väter.
  • Dabei sind unter denen oftmals Menschen, die ganz praktisch helfen können, weil sie im medizinischen Bereich arbeiten, über großes Organisationstalent verfügen.
  • Manche Eltern sind einfach vermögend sind, so dass ihnen die Unterstützung für das Team also leichtfällt.

Das alles kriegt man meist nicht ohne Fragen raus. Dabei tut man für das Funktionieren der Mannschaft des eigenen Kindes (und damit dessen Wohlergehen) doch viel.

Bei Elternabenden werden von Vereinsseiten oftmals die Regeln runtergebetet, die dann lauten: Du sollst nicht dies, du sollst nicht das, Pünktlichkeit steht ganz obenan. Nur wenige Trainer machen sich Gedanken, warum ein Kind vielleicht oft zu spät kommt. Es könnte sein, dass die familiären Belastungen so groß sind, die Eltern es gar nicht rechtzeitig hinkriegen. Vielleicht könnte es bei einem Mitspieler mitfahren. Dazu muss man reden.

Ein Spieler einer alleinerziehenden Mutter mit vier Kindern hat nicht dieselben Bedingungen wie ein Einzelkind aus Doppelverdiener-Haushalt mit SUV vor der Tür, kann aber ein genau so wichtiger Bestandteil des Teams sein.

Ich will die Ergebnisse der Veranstaltung nicht vorwegnehmen. Aber Susanne Amar kann von unglaublich vielen und vor allem auch positiven Dingen im Zusammenspiel berichten.

  • Wie plant man einen Elternabend, so dass dieser für alle erfolgreich verläuft?
  • Wie müssen die Trikots gewaschen und zurückgegeben werden?
  • Warum geht Vollständigkeit vor Sauberkeit?
  • Warum ist es nicht sinnvoll ist, Kinder vor dem Spiel mit Süßigkeiten vollzustopfen?
  • Weswegen ist es wichtig ist, dass man sich vollständig zur verabredeten Zeit trifft
  • Warum gibt es verschiedene Schuhe für unterschiedliche Plätze?
  • Wo können Eltern sich gegenseitig oder das Team sonst unterstütze?
  • Welche Rolle kommt den Vereinen und Trainer zu?

Viele sind das erste Mal in einem Fußballverein, als Mutter oder Vater sowieso. Die meisten denken, sie können nur helfen, wenn sie beim Training mitwirken. Dass die Vorbereitung und viele organisatorische Dinge genau so wichtig sind, muss man ihnen erklären und die Möglichkeiten zur Unterstützung erläutern.

Übrigens: Keine Frage von Eltern zum Sport ihrer Kinder ist so blöd, dass sie nicht gestellt werden darf. Trainer müssen diese aber auch zulassen. Die Zeiten des Top Down sind auch im Fußball längst vorbei. Siege und Titel erlangt man eher mit kooperativem Führungsstil. Moderene Trainer wissen das, und mehr Spaß macht es allen Beteiligten auch.

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Veranstaltung zur Stärkung des Ehrenamts
Eltern – das Team hinter dem Team
26. April von 16 bis 20 Uhr Sportschule Schöneberg
Anmeldungen: https://eveeno.com/133286026

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