Stiller Protest: Die Fans haben recht – und die Politik irrt sich gewaltig
Die geplanten Sicherheitsmaßnahmen der Innenministerkonferenz stoßen auf massiven Widerstand der Fans.

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Zwölf Minuten Stille in deutschen Stadien sollten eigentlich Warnung genug sein. Die organisierten Fans haben am Wochenende eindrucksvoll demonstriert, was auf dem Spiel steht: nicht weniger als die Seele des Fußballs. Doch die Innenminister scheinen entschlossen, den deutschen Fußball in ein Überwachungslabor zu verwandeln, das niemand braucht und keiner will.
Die Befürchtungen der Fans sind keine Hirngespinste. Personalisierte Tickets, Stadionverbote auf bloßen Verdacht und KI-gestützte Gesichtserkennung sind keine dystopische Zukunftsvision, sondern konkrete Pläne, die Anfang Dezember in Bremen diskutiert werden.
Die Politik argumentiert mit Sicherheitsbedenken und kritisiert die angebliche Inkonsequenz bei Stadionverboten. Diese Kritik offenbart ein fundamentales Missverständnis dessen, was Fußballkultur ausmacht.
Zoff mit Fans: Politik bietet die falsche Lösung
Ja, Politik und Polizei haben die aktuelle Handhabung von Stadionverboten als zu lasch kritisiert. Aber ihre Lösung ist der falsche Weg. Statt einzelne Problemfälle gezielt anzugehen, sollen Millionen friedlicher Fans unter Generalverdacht gestellt werden.
Das ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch kontraproduktiv. Wer glaubt, mit Überwachungstechnologie und Kollektivstrafen die Sicherheit zu erhöhen, hat die Dynamik von Fankultur nicht verstanden.
Die wahre Stärke des deutschen Fußballs liegt in seiner lebendigen Fanszene. Die Kurven sind keine Sicherheitsrisiken, sondern das pulsierende Herz des Sports. Wenn Fans ihre Identität an der Stadiontür abgeben müssen, wenn jede Bewegung überwacht und jeder Gesang protokolliert wird, dann stirbt etwas Wesentliches. Die Atmosphäre, die den deutschen Fußball weltweit einzigartig macht, lässt sich nicht durch Algorithmen ersetzen.
Bundesliga lehnte pauschale Maßnahmen ab
Bemerkenswert ist die Position von DFB und DFL. Beide Verbände haben den Fans grundsätzlich ihre Unterstützung zugesichert und lehnen pauschale Maßnahmen ab. Sie erkennen, was die Politik ignoriert: Kollektive Sicherheitsmaßnahmen lösen keine Probleme, sie schaffen neue. Die Teilnahme von Marc Lenz und Bernd Neuendorf an der Sondersitzung der Kommission Fans und Fankulturen zeigt, dass die Verbände die Sorgen ernst nehmen.
Die Innenminister täuschen sich, wenn sie glauben, mit technokratischen Lösungen komplexe soziale Phänomene kontrollieren zu können. Fußball ist Emotion, Identifikation und Gemeinschaft. Wer das durch Überwachung erstickt, zerstört genau das, was er zu schützen vorgibt. Die Fans haben das verstanden. Zeit, dass die Politik es auch begreift.



