Ennatz und sein Lieblingsgegner: Wie Bernard Dietz immer wieder Bayern ärgerte
Der neue Ehrenspielführer der Nationalmannschaft erzählt, wie er mit MSV Duisburg immer wieder die Großen ärgerte, welchen Rekord er als Verteidiger hält – und warum sein DFB-Abschied als Kapitän trostlos ausfiel

Foto: DFM
Inhaltsverzeichnis
Bernard „Ennatz“ Dietz gilt als einer der ungewöhnlichsten Kapitäne, die der deutsche Fußball je hervorgebracht hat. Nicht aus einem großen Klub, nicht mit Glamour, sondern als Arbeiterkind aus Bockum-Hövel, das mit Ehrlichkeit, Robustheit und Loyalität zur Führungsfigur wurde.
In der neuen Folge des Legenden-Podcasts „Wie war das damals?“ gewährt der Europameister von 1980 einen selten intimen Blick auf seine Karriere – und erklärt, warum ausgerechnet der FC Bayern München zu seinem Lieblingsgegner wurde.
„34 Heimspiele gegen Bayern München – und wir wären Deutscher Meister geworden“
Hier einige Aussagen von Bernard Dietz im Wortlaut:
- „Ich könnte zuhause ein eigenes kleines Museum eröffnen.“
- „Die Plätze heute sind ja Teppiche. Wenn’s bei uns Winter wurde, kamen die Würmer raus und die Bälle waren Kanonenkugeln.“
- „Bei der WM 1982 saß ich zuhause auf der Couch, obwohl ich in Spanien hätte spielen sollen.“
- „Franz Beckenbauer mochte mich irgendwie.“
- „Wir treffen uns seit 30 Jahren regelmäßig mit der alten Truppe. Dann erzählen wir die alten Geschichten – und wenn ich nach Hause fahre, dann war ich dreimal Deutscher Meister.“
- „In den 1950er-Jahren hatten wir weniger, waren aber glücklicher.“
- „34 Heimspiele gegen Bayern München und wir wären Deutscher Meister geworden.“
- „Mein Vater hat immer gesagt: Wenn du was erreichen willst, musst du dafür auch was tun – und wenn du mehr erreichen willst als andere, musst du auch mehr tun als die anderen.“
- „Schnell war ich nie.“
Die wilden Duisburger Jahre und das Bayern-Paradoxon
Dietz’ Zeit beim MSV Duisburg war geprägt von Überraschungsmomenten. Besonders bemerkenswert: Das Team aus Meiderich gewann regelmäßig gegen den FC Bayern – und entwickelte sich zum Angstgegner des Rekordmeisters.
Dietz formuliert es zugespitzt: „34 Heimspiele gegen Bayern, und der MSV wäre Meister geworden.“ Dazu passt die Erinnerung an das legendäre 6:3 aus dem Jahr 1978: vier Duisburger Tore in einer Halbzeit, ein fassungsloser Dettmar Cramer und ein überforderter Karl-Heinz Rummenigge. Der spätere Bayern-Chef ist im Podcast sogar Überraschungsgast – und würdigt Dietz als „Weltklasse-Kapitän“, der ihn damals fast zur Verzweiflung brachte.
EM 1980: Triumph, Abschied – und die Rolle von Paul Breitner
Der Europameistertitel 1980 markiert den größten Erfolg von Dietz’ Laufbahn. Umso überraschender war sein unmittelbarer Rücktritt aus der Nationalmannschaft. In der Podcast-Folge ordnet er diese Entscheidung ein – und deutet an, dass Paul Breitner dabei eine Rolle spielte. Sportliche, aber auch atmosphärische Gründe führten letztlich dazu, dass der MSV-Verteidiger seine DFB-Karriere auf dem Höhepunkt beendete.
Bemerkenswert bleibt, wie Dietz trotz seiner Herkunft aus einem „kleinen“ Verein zum Kapitän einer Mannschaft voller Stars wurde – von Briegel über Hrubesch bis Schuster. Sein Erfolgsrezept: Klarheit, Verlässlichkeit und Respekt.
Geschichten aus einem Fußballerleben
Der Podcast zeigt, wie reich Dietz’ Karriere an Anekdoten war.
- Er spricht über die unwirtlichen Trainingsbedingungen der 1960er und 1970er Jahre („Bei uns kamen im Winter die Würmer aus dem Rasen – und die Bälle waren Kanonenkugeln“).
- Er erzählt, wie er mit Hans-Peter Briegel das „gefährlichste Zimmerduo“ der Nationalmannschaft bildete.
- Und er erinnert sich an Uli Hoeneß, der ihm in den Siebzigern in einer privaten Angelegenheit half und damit ein Vertrauensverhältnis begründete, das die sportliche Rivalität überdauerte.
Selbst heute blickt Dietz mit Humor auf seine Karriere: „Schnell war ich nie“, sagt er – aber Geschwindigkeit war auch nie der Kern seines Spiels. Stattdessen war es Führung, Härte und Verlässlichkeit.
Vereinstreue und verpasste Chancen
Ein Wechsel zu Eintracht Frankfurt? Kam für Dietz nie infrage.
Eine Teilnahme an der WM 1982? Aus seiner Sicht ein verpasstes Kapitel.
Doch auch ohne diesen Punkt bleibt seine Laufbahn außergewöhnlich: ein Kapitän, der von Franz Beckenbauer geschätzt wurde, ein Verteidiger, der nach eigener Aussage „dreimal Deutscher Meister“ wurde, wenn er nach Hause fuhr – und ein Mann, der „zuhause ein kleines Museum eröffnen könnte“.
Wo diese Geschichten weiterleben
Der Podcast „Wie war das damals?“ von Pit Gottschalk und Christian Pfennig wurde im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund aufgezeichnet. Fans können live dabei sein – Termine und Tickets gibt es auf www.fussballmuseum.de/kulturprogramm.
Die komplette Folge ist zudem auf Spotify, Apple Podcasts und YouTube verfügbar.



