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Situation auf Schalke ist untragbar geworden

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Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Wenn man seit vier Monaten fast täglich die wichtigsten Fußballthemen analysiert, einordnet oder kommentiert, freut man sich über jede Form von Reaktionen. Nicht wenige Leser von Fever Pit'ch schreiben mir: Ich möchte gerne meine Meinung zu diesem oder jenem Thema hinzufügen. Zum Beispiel Michael Siedenhans, Chefredakteur bei der Bertelsmann-Tochter Territory CTR in Gütersloh. Er nahm meinen Report zu den Wirtschaftszahlen der Bundesliga zum Anlass, die zunehmende Belastung für den Fußballfan darzustellen. Man muss seine Meinung nicht teilen. Aber Meinungsvielfalt kann ein belebendes Element für einen Newsletter wie Fever Pit'ch sein: ein Denkanstoß. Seinen Kommentar findet Ihr unten.

Und für alle, die neu bei Fever Pit'ch sind: Bitte teilt den Newsletter mit Freunden, damit der Stamm der Leser weiter wächst. Vielen Dank.

Einen sendungsbewussten Donnerstag wünscht

Euer Pit Gottschalk

Situation auf Schalke ist untragbar geworden

Champions League: Ausgerechnet Leroy Sané schockt Schalke 04

Dieses Spiel hat fünf Minuten zu lange gedauert: Die Schalker verlieren in Überzahl 2:3 gegen Manchester City, nachdem sie durch zwei Bentaleb-Elfmeter in Führung gegangen sind. Hoffnung macht das Hinspiel im Achtelfinale der Champions League trotzdem. Und das, obwohl die Unruhe im Verein seit Wochen zunimmt.

Wozu Schalke 04 in der Lage ist, wenn alle Kräfte gebündelt auf ein Ziel ausgerichtet sind, haben Mannschaft und Trainer am Mittwochabend in der Veltins-Arena gezeigt. Eine Sensation lag in der Luft: Schalke brachte die Übermannschaft von Manchester City an den Rand einer Niederlage.

Nach dem 2:3 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League sind die Chancen auf den Einzug ins Viertelfinale zwar minimal. Aber mit einem Weiterkommen hatte man eh seit der Auslosung nicht gerechnet. Dankbar applaudierte das Publikum für die Leidenschaft auf dem Rasen.

Schalke hätte also allen Grund, das Beste aus dem Spiel zu ziehen und den Krampf in der Bundesliga zu beenden. Seit Wochen krebst das Team von Trainer Domenico Tedesco im Niemandsland der Tabelle herum. Aktuell auf Rang 14, übrigens. Samstag geht's nach Mainz.

Schalke 04 zerbricht gegen Manchester City

Lange sieht es danach aus, als würde das eigentlich Undenkbare gelingen. Doch dann geht alles schief.

Mainz - das ist das Stichwort. Von dort kam Sportvorstand Christian Heidel vor drei Jahren, um Schalke zu modernisieren. Doch sein Interview in der Süddeutschen Zeitung, als er Bedingungen für seine Vertragsverlängerung ab 2020 nannte, schlägt immer noch Wellen. Haushohe Wellen.

Wie ein gefesselter Riese liegt Schalke seit Wochen am Boden. Irgendwo, irgendwie zieht immer einer die Seile fester, damit der Riese nicht aufsteht und losläuft. Die Diskussion dreht inzwischen Richtung Heidel-Nachfolge. Klaus Allofs, früher Werder Bremen, wollte das Interesse nicht mal leugnen.

Die Situation auf Schalke ist untragbar geworden. Wie soll die dritte Kraft hinter Bayern und BVB jemals dauerhaft an der Bundesliga-Spitze bleiben, wenn niemand ein Machtwort spricht und sagt, was Sache ist. Die wichtigste Personalie verschwindet im Nebel der Spekulationen.

Sowas lähmt einen Verein. Alle tasten sich in diesem Nebel vorsichtig voran, keiner will seinen Fuß falsch setzen. Langsamkeit ist aber das Letzte, was Schalke braucht. Heidel hat alles umgekrempelt, damit die Bedingungen wieder auf Bundesliga-Niveau sind. Das Tempo muss er halten. Darf er?

Strafstöße, Ampelkarte und böses Erwachen

Obwohl die Citizens nur zu zehnt agierten, schlug der englische Meister noch einmal eiskalt zu und gewann die Partie spät.

Man weiß es eben nicht. Tagelang war er nach dem SZ-Interview untergetaucht, angeblich aus gesundheitlichen Gründen. Stellungnahmen zur Situation gibt es zur Stunde nicht. Clemens Tönnies, der Aufsichtsratschef: schweigt. Peter Peters, Finanzvorstand: schweigt.

Allein dieses kollektive Schweigen ist verdächtig. Ungehindert wird spekuliert, dass Jonas Boldt als Sportchef aus Leverkusen kommt. Ob als erster oder zweiter Mann, unter oder für Heidel, bleibt im Raum stehen. Schalke äußert sich nicht. Im Sommer finden Wahlen zum Aufsichtsrat statt.

Stattdessen wird hoch- und runtergerechnet, ob Heidel zu viel Geld in zu viele falsche Spieler gesteckt hat. Das Spiel gegen Manchester City hat gezeigt: Die Mannschaft taugt etwas. Aber wenn der Verein seine Kräfte so verschleudert, liefert man Spielern Ausreden frei Haus, wenn's nicht läuft.

Video-Irrsinn nicht nur beim Schalke-Spiel

Bei beiden Strafstößen entscheidet der Video-Schiri und benötigt fast drei Minuten. Ärgerlich wurde es auch in Madrid.

Und noch mehr aus der Champions League

Liebesbrief an Javi Martinez: Ich glaube, ich bin verliebt

Gegen Liverpool zeigte Javi Martinez mit einer überragenden Leistung, warum er einst der wichtigste Mann im Mittelfeld war. Höchste Zeit für eine Liebeserklärung an den Basken mit dem Colgate-Lächeln und dem Zauber im Fuß.

Die Angst der Bayern vor dem Angriff

Das Bayern-Ergebnis mit 0:0 in Liverpool sieht gut aus. Doch für das Rückspiel wird es nicht reichen, nur zu verteidigen.

Marc-Andre ter Stegen einfach überragend

Marc-Andre ter Stegen hält seit Wochen überragend. Dennoch muss der Nationaltorhüter mit Barcelona ein wenig bangen.

Christiano Ronaldo mit Juventus vor dem Aus

Schwache Leistung beim 0:2 bei Atletico Madrid. Beim zweiten Gegentor macht Cristiano Ronaldo eine unglückliche Figur.

Europa League heute im Fernsehen

18.55 Uhr, Nitro: Rückspiel, Eintracht Frankfurt - Schachtar Donezk

21.00 Uhr, DAZN: Rückspiel, Bayer Leverkusen - FK Krasnodar

Nervenspiel in der Eintracht-Festung in Frankfurt

Der Ausgang des K.o.-Duells gegen die selbstbewussten Ukrainer aus Donezk könnte den Saisonverlauf beeinflussen. Das Hinspiel war 2:2 ausgegangen.

Bayer Leverkusen: Das Gefährliche an einem 0:0

Nicht nur Bayers Sportgeschäftsführer Rudi Völler warnt davor, den FK Krasnodar am Donnerstag zu unterschätzen.

Sorgen um den Weltmeister

Sami Khedira: Erfolgreicher Eingriff am Herzen

Juventus Turin muss am Mittwochabend im Champions-League-Spiel bei Atletico Madrid ohne Sami Khedira auskommen. Den gebürtigen Stuttgarter plagen Herzprobleme. Der Eingriff verlief offenbar ohne Komplikationen.

Eine Herz-Operation ohne Vollnarkose (+)

Die Nachricht von Khediras Herz-Operation schockt viele Fans. Der Arzt aber beschwichtigt: Der Eingriff war Routine und führt zu keiner dauerhaften Einschränkung. In vier Wochen soll der Weltmeister wieder auf dem Platz stehen.

Was sonst noch so los ist

So geht es weiter mit Football Leaks

Staatsanwälte aus zehn EU-Staaten trafen sich in Den Haag, um die Ermittlungen rund um die Football Leaks zu koordinieren. Die mögliche Auslieferung des Whistleblowers Rui Pinto nach Portugal könnte ihre Ziele gefährden.

Spitzel-Affäre beim 1. FC Köln

Nicht nur sportlich hängt der Absteiger durch. Zwischen Sportchef Armin Veh und Trainer Markus Anfang hat es gekracht.

Jürgen Klinsmann wird RTL-Experte

Jürgen Klinsmann folgt auf Jens Lehmann und soll in diesem Jahr bei mindestens sieben Länderspielen zum Einsatz kommen.

HSV-Investor tobt wegen Fiete Arp

Fiete Arp wechselt entweder 2019 oder 2020 zum FC Bayern.  Klaus-Michael Kühne stößt der Abschied bitter auf.

Spielmanipulation: Freispruch für drei Fußballprofis

Die drei hatten sich wegen versuchter Erpressung und möglicher Spielmanipulation vor Gericht verantworten müssen.

Bitte, kein teurer Firlefanz mehr!

Von Michael Siedenhans

„Papa, Toni Kroos verdient am Tag 50.000 Euro. Verdienst du auch so viel?“ Vor einem Jahr stellte mein Sohn mir diese Frage. Ich war perplex und sprachlos. Hätte ich ihm ehrlich geantwortet, wäre ich für meinen Sohn vermutlich ein „Lauch“ – ein Trottel, ein Idiot –, weil ich weder in der Woche noch im Monat so viel verdiene wie der Star von Real Madrid täglich. Das gilt übrigens für die meisten Bundesbürger. Der deutsche Arbeitnehmer verdient nämlich im Durchschnitt 46.888 Euro brutto – im Jahr!

Das ist nicht schlecht, aber nur ein Brotkrümelchen im Vergleich zum Gehalt eines Bundesligaspielers. Jeder der 550 Bundesliga-Profis verdient laut dem aktuellen DFL-Wirtschaftsreport im Schnitt 2,2 bis 2,4 Mio. Euro im Jahr, also stolze 200.000 Euro monatlich. Bei dieser Summe werden selbst Chefärzte und Sparkassendirektoren blass vor Neid. Und schon wären wir mitten drin – in dieser unsäglichen Neiddebatte, auf die Michael Rummenigge schon vor mehr als 30 Jahren nonchalant reagierte: „Von Ihnen gibt es wahrscheinlich 50.000 in Deutschland, von uns vielleicht 500, die in der Bundesliga spielen können. Das ist halt ihr Problem, wenn sie keine Spitzenleistungen bringen.“

Der unerfahrene, rotzfreche Jungprofi wurde dafür mächtig abgemeiert. Zu recht! Heute ist die Wortwahl eleganter und geschmeidiger: Manche Gehälter seien tatsächlich schwer nachvollziehbar, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert dem Handelsblatt. „Den Marktkräften ist wenig entgegenzusetzen, solange es in Europa keinen Gehaltsdeckel gibt. Und es gibt nun mal insbesondere in Südeuropa einige Präsidenten großer Klubs, die träumen von der sportlichen Weltherrschaft. Die lassen sich das etwas kosten.“

Hört, hört, es geht also nicht nur um das freie Spiel der Kräfte, sondern sogar um die sportliche Weltherrschaft. So ein Schmarrn! Es geht auch nicht um Neid, sondern schlicht um die Frage: Woher stammt eigentlich das Geld, das die deutschen Klubs nach dem Motto „Als gäb’s kein Morgen mehr“ für Gehälter ausgeben, die Verständnislosigkeit, ja sogar Wut, bei vielen auslösen, die täglich für ein positives Bruttosozialprodukt sorgen?

Als offizielle Geldquellen werden TV- und Streaming-Einnahmen (1,25 Milliarden), die Eintrittsgelder (538 Millionen), die Werbung (882 Millionen), die Transfererlöse (645 Millionen) und das Merchandising (183 Millionen) genannt. Aber stimmt das eigentlich? Sind das nicht alles Gelder, die still und heimlich aus den Taschen der Fußballfans gezogen werden, die brav ihre GEZ-Gebühren und Abonnements für Sky, DAZN, Eurosport zahlen, ihrem Sohn das neueste Trikot kaufen, die Dauerkarte für die nächste Saison schon bestellt haben und sich alle paar Jahre ein neues Auto gönnen? Ganz nebenbei bezahlen sie mit ihren Steuern die Einsätze der Landes- und Bundespolizei an den Spieltagen oder retten Klubs vor der Insolvenz, weil Kommunalpolitiker dafür auch mal gern in die Stadtkasse greifen.

Und wie reagiert darauf der millionenschwere Fußballprofi? Nicht immer mit Spitzenleistungen, dafür immer öfter mit einer Arbeitseinstellung, die jedem Arbeitsrechtler die Zornesröte ins Gesicht treiben würde – mal durch Nichterscheinen beim Training, mal durch einen verlängerten Winterurlaub oder, um es auf die Spitze zu treiben: durch unentschuldigte Abwesenheit! Vergoldete Lamborghinis oder nächtliche Pokertouren sind dagegen Kinkerlitzchen. Offenbar gehören sie zum glamourhaften Leben eines Jung-Millionärs dazu. Man kann es sich ja erlauben, solange die Klubs das finanzieren.

Doch so blöd ist der Fußballfan auch nicht. Er registriert, wie sein Geld verschwendet wird, und wendet sich ab! Die erste Anzeichen dafür sind zunehmend leere Ränge in den Stadien, sinkende Erlöse aus dem Fanartikelgeschäft und – oh Wunder! – die Forderung von Karl-Heinz Rummenigge, dass die Champions League ins Free-TV zurückkehren soll. Der Grund: die Sponsoring-Verträge. „Die werden aber bei einem Zuschauerrückgang von 84 Prozent in Deutschland nicht mehr ausreichend bedient“, sagte der Bayern-Boss der Sport-Bild. Mit anderen Worten: Der Fan ist nicht mehr bereit – ob direkt als zahlender Zuschauer im Stadion oder indirekt als zahlender Abonnent eines Streamingdiensts – für weniger Leistung auf dem Platz, aber mehr Firlefanz nach dem Schlusspfiff zu zahlen.

Michael Siedenhans ist Chefredakteur bei der Bertelsmann-Tochter Territory CTR in Gütersloh.

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