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Robin Gosens - der No-Name-Superstar der Deutschen

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Es hat nicht viel gefehlt, dass sich die Uefa erneut bis auf die Knochen blamiert hätte. Das mit dem Blamieren gehört zwar zur unausgeschriebenen Jobbeschreibung eines jeden Uefa-Funktionärs. Im Fall von Manuel Neuer wäre eine Bestrafung aufgrund einer Spielführerbinde in Regenbogenfarben eine besondere Form der Pervertierung eigener Uefa-Werte gewesen.

Die Uefa, das muss man ihr zugute halten, verweist auf eine lange Reihe von Bemühungen, um Appelle gegen Diskriminierung unters Volks zu bringen. Niemand soll wegen seiner Hautfarbe oder sexueller Vorlieben, aus religiösen oder sonstigen Gründen benachteiligt werden; die Verbände und ihre Stars erinnern mit Aufrufen und Slogans immer wieder daran.

Mit der Spielführerbinde in Regenbogenfarben wollte DFB-Kapitän Manuel Neuer im Frankreich-Spiel ein harmloses und doch wirkungsvolles Signal für mehr Toleranz setzen. Er sollte nicht alleine sein: Die Stadt München möchte die Allianz-Arena, wo am Mittwoch das abschließende Gruppenspiel gegen Ungarn stattfindet, ebenfalls in Regenbogenfarben erleuchtet sehen.

Der Zeitpunkt ist gut gewählt. "Das ungarische Parlament hatte am Dienstag ein Gesetz gebilligt, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt", wie man zum Beispiel auf T-Online lesen konnte. Das Gesetz soll Ministerpräsident Viktor Orban ein besonderes Anliegen sein.

Eine menschenverachtende Grundhaltung im eigenen europäischen Raum darf eine liberale Gesellschaft nicht unkommentiert stehen lassen. Manuel Neuer wusste die Mannschaft hinter sich. Die Uefa aber ermittelte, weil sie eine politische Botschaft vermutete, gegen den DFB. Das ist ungeheuerlich. Wie kann es in so einer Frage eine Gegenmeinung zu mehr Toleranz geben?

Vielleicht deshalb, weil Viktor Orban ein guter Freund der Uefa ist. Im Frühjahr hat er, anders als bei Flüchtlingen, sehr gerne seine Grenzen nach Ungarn geöffnet, damit die Uefa einen neutralen Spielort für etliche Spiele in der Champions League anbieten konnte: in Ungarns Hauptstadt Budapest. Zum Beispiel spielten RB Leipzig und Mönchengladbach dort.

Die gute Verbindung zwischen Uefa-Präsident Ceferin und Viktor Orban führte zu maximaler Flexibilität bei der Stadionbelegung und angeblich, wie man aus der Bundesliga hörte, zu erheblichen Zugeständnissen bei der Stadionmiete. Sowas vergisst man nicht. Womöglich findet in Budapest sogar das EM-Finale statt, wenn London aufgrund der Pandemie dichtmacht.

Da passt nicht ins Bild, wenn mündige Spieler auf die Intoleranz in Ungarn aufmerksam machen. Dabei sollte man einen genauen Blick auf die Ungarn richten. Beim Frankreich-Spiel am Samstag soll es nicht nur Affenlaute gegen Superstar Mbappé gegeben haben. Einige ungarische Fangruppierungen sind mit Neonazis durchsetzt. Und diese Leute will die Uefa ignorieren?

Inzwischen hat die Uefa zwar ihre Ermittlungen gegen die Spielführerbinde eingestellt, aber wohl auch gezwungenermaßen: Eine Strafe, weil sich ein Spieler für Toleranz und gegen Diskriminierung einsetzt, wäre ein Skandal gewesen, sogar für Uefa-Verhältnisse. Doch wird man sehen müssen, in welchen Farben am Mittwoch die Münchner Allianz-Arena leuchten darf.

Einen farbenfrohen Montag wünscht

Euer Pit Gottschalk

Robin Gosens - der No-Name-Superstar der Deutschen

Robin Gosens macht gegen Portugal das Spiel seines Lebens

Mit drei Torbeteiligungen war der 26-Jährige überragender deutscher Spieler beim 4:2 gegen Portugal. Mit ihm hat Bundestrainer Joachim Löw endlich den richtigen Mann für die linke Seite gefunden.

Von Alex Steudel

Ich musste bis kürzlich immer wieder googeln, wie man ihn richtig schreibt. Gosens oder Goosens? Konnte es mir nie merken, sorry. Wie denn auch? Er spielt zwar Nationalmannschaft, kommt aber auf genau so viele Bundesliga-Einsätze wie ich.

Dabei hätte man schon ein paar Sachen über Robin Gosens wissen können, also vor der EM und seinem sensationellen Auftritt beim 4:2 gegen Portugal. Dass er anders ist vor allem.

So richtig wollte das aber kaum jemand wissen. Anders ist eine gute Story, aber nicht im Fußball. Der deutsche Fußball hätte gern die üblichen Karriereschritte, sonst ist was faul, sonst hat einer geschlafen.

Üblich ist: sich durchbeißen unter Zehntausenden deutscher Jugendspieler, erste Schritte im Nachwuchsleistungszentrum eines Profiklubs, idealerweise Einsätze in U-Nationalteams, zweite und dritte Schritte in der Bundesliga. Und dann erst irgendwann "Die" Mannschaft. Bei uns sollte alles seine Ordnung haben.

Gosens hat das alles übersprungen. Er spielte in deutschen Orten, die man nur mit Google Maps findet. Dann in Holland, jetzt in Italien.

Er hat kürzlich seine Biografie veröffentlicht. Das ist auch ein bisschen anders. Wenn Normalsterbliche mit 26 eine Biografie schreiben, müssen in der Regel kaum Bäume sterben. Nehmen wir als Beispiel mich. In meiner Biografie, Stand 26 Jahre, stünde Disko, Schreiben über Landesligafußball, rumstudieren und dauernd Urlaub in St. Tropez. Zehn bis elf Seiten.

Gosens ist ganz anders. Zum Glück. In seinem Buch (256 Seiten) steht, dass er in Dortmund beim Probetraining nicht überzeugen konnte und kurz danach trotz Alkoholfahne von einem Scout in Holland entdeckt wurde. Gosens ist übrigens ein halber Holländer.

Seine Karriere ist frei von Erfolgsgeschichtenklischees. Schön eigentlich. Es nimmt den Druck aus der Sache. Kinder, die auf der Straße kicken, können künftig sagen: Wenn ich groß bin, will ich auch mal bei Borussia Dortmund durchs Probetraining fliegen.

Gosens spielt seit 2017 fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit bei Atalanta Bergamo. Er schlug das Angebot aus, das Trikot der Niederlande zu tragen. (Zum Glück hat Ronald Koeman gefragt. Andere Geschichte.) Dann entschied er sich für Jogi Löw und den DFB.

Gegen die Portugiesen bereitete er jetzt zwei Tore vor und schoss eins und außerdem noch eins, das so schön war, dass Deutschland am liebsten mit der Wasserpumpenzange die kalibrierte Linie zurechtgebogen hätte.

Was mir an seinem Aufritt besonders gut gefallen hat: Er ist der Typ Kämpfer, den die Mannschaft jetzt braucht. Kommt zuweilen hübsch prollig rüber ("Also diesmal ist mir auf jeden Fall mehr als einer abgegangen", sagte er über sein neuntes Länderspiel). Hängt sich aber rein und ist voll da, wenn's drauf ankommt. Es wirkt fast, als wäre er aus den 80ern angereist.

Gosens mit einem "o". Ich weiß jetzt Bescheid.

Steudel-Kolumnen gibt es auch als Taschenbuch und eBook: Weitere Infos und Bestellmöglichkeit hier.

Robin Gosens ein Thema beim FC Barcelona

Der Nationalspieler sorgt mit starken Leistungen bei der EM für Furore. Im Sommer möchte er gerne den nächsten Schritt wagen und wechseln. Sein großer Traum ist die Bundesliga. Doch es gibt einen Haken.

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Heute im Fernsehen

12 Uhr, Sport1: EM Aktuell

18 Uhr, MagentaTV: Nordmazedonien - Niederlande

18 Uhr, ARD: Ukraine - Österreich

21 Uhr, MagentaTV: Finnland - Belgien

21 Uhr, ARD: Russland - Dänemark

23.15 Uhr, Sport1: EM Aktuell

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