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RB Leipzig: Das Konstrukt wackelt

Inhaltsverzeichnis

Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

In Wolfsburg führt ein Abstiegstrainer die Mannschaft zum ersten Sieg in der Champions-League-Saison. In München schießt sich der Rekordmeister mit zehn Toren in zwei Spielen, zweimal 5:2, den Frust von der Seele. Fehlt nur noch, dass RB Leipzig heute in der Königsklasse die Wende schafft und der BVB den direkten Vergleich gegen Ajax Amsterdam gewinnt. Vorher gibt's zwei Lesestücke von Tobias Holtkamp und Alex Steudel.

Einen lesefreundlichen Mittwoch wünscht

Euer Pit Gottschalk

RB Leipzig: Das Konstrukt wackelt

RB Leipzig beging bei Nagelsmann und Sabitzer Fehler

RB Leipzig beging bei Nagelsmann und Sabitzer Fehler

RB Leipzig kommt nicht in Tritt, weshalb der Druck auf Jesse Marsch wächst. Dieser hat nach einigen Fehlern im Sommer eine undankbare Aufgabe.

Von Tobias Holtkamp

Jesse Marsch hat im Sommer die vielleicht anspruchsvollste Aufgabe im deutschen Fußball übertragen bekommen: Übernehme einen Champions League-Klub, der sich zuletzt jedes Jahr verbessert hat (und den klaren Anspruch lebt, dies auch weiter zu tun), der mit Dayot Upamecano, Ibrahima Konaté und Marcel Sabitzer aber drei gesetzte Leistungsträger abgegeben hat und dessen Trainer, den du nun beerbst, so ziemlich der inhaltlich stärkste und noch dazu beliebteste Vorgänger ist, den man sich wohl vorstellen kann.

Ist doch logisch: Marsch, noch nie zuvor Cheftrainer in der Bundesliga, nahm das Leipziger Angebot an. Die Chancen, eine gute Saison zu spielen, waren ja komplett gegeben. Und sind es auch immer noch.

Rasenball, das muss man attestieren, ist in allen Bereichen herausragend aufgestellt, überall arbeiten Experten, auch der Spielerkader ist so ziemlich das Beste, was die Bundesliga zu bieten hat. Hinter den Bayern auf Augenhöhe mit Borussia Dortmund, qualitativ wahrscheinlich ein Stück vor Leverkusen und Wolfsburg. Ein Top 4-Platz, so selbstsicher war auch Marsch, wird drin sein, egal, welche Schwierigkeiten hier und dort mal auftauchen.

RB Leipzig muss gegen Paris den Torinstinkt finden

RB Leipzig muss gegen Paris den Torinstinkt finden

Gegen den noch ungeschlagenen Spitzenreiter Paris muss für RB Leipzig in der Königsklasse alles passen. Die Chancen für den ersten Sieg steigen.

Doch der vergangene Sommer, das wurde seit Mitte August immer deutlicher, hat in Leipzig etwas verändert - und es hat den Anschein, als zöge sich das nun tief in die Saison.

RB Leipzig ist zu einer Zwischenstation geworden, dem nächsten Sprungbrett-Klub, oder eben härter formuliert: einer weiteren Durchreiche nach ganz oben. In den exklusiven Bereich, dorthin, wo die Besten spielen wollen. Dass gleich drei ihrer Top-Angestellten, neben Cheftrainer Nagelsmann eben Sabitzer und Upamecano, zum FC Bayern wechseln, war ein Schlag in die Leipziger Magengrube.

Nicht, dass sie damit nicht umgehen könnten und aus solchen Rückschlägen große Motivation entwickeln würden, aber, und das betrifft dann halt auch den an vielen Fronten geforderten Jesse Marsch, die neue Situation hat in den Köpfen der Spieler gearbeitet und tut das, so ist es zu hören, nach wie vor.

Viele hätten sich in der Personalie Nagelsmann einen größeren Kampfgeist der Leipziger Verantwortlichen gewünscht. Dass der Trainer, der ja noch einen Arbeitsvertrag bis 2023, ohne Ausstiegsklausel, hatte, neulich das Gefühl äußerte, vielleicht gar nicht länger gewollt gewesen zu sein ("Ich wäre auch keinem böse gewesen, wenn ich in Leipzig hätte bleiben dürfen"), hat den einen oder anderen, freundlich formuliert, stärker irritiert. Denn dieser Trainer Nagelsmann war ja für viele auch ein entschiedener Faktor, warum sie sich für RB entschieden haben.

Lionel Messi fehlt gegen RB Leipzig

Lionel Messi fehlt gegen RB Leipzig

Lionel Messi muss den nächsten Rückschlag bei Paris Saint-Germain wegstecken. In der Champions League gegen RB Leipzig fällt er aus.

Dazu war auch Marcel Sabitzer ein Thema in der Mannschaft. Gerade nach den großen Einnahmen für Nagelsmann, Upamecano und Konaté, angeblich über 100 Millionen Euro, hätte der Klub nicht auch noch den Kapitän abgeben - sondern als wichtigen Eckpfeiler mit in die Umbau-Saison nehmen müssen. "Da geht es dann auch um ein Zeichen, wie wichtig neben jeder finanziellen Notwendigkeit auch der sportliche Erfolg ist", findet der Berater eines Spielers, der im nächsten Sommer zum Transferobjekt werden könnte.

Jesse Marsch muss eine unruhige Leipziger Saison managen. In der er auch mit sich selbst noch einiges zu tun hat - der ganz große Fokus ist neu für ihn. Zur Disposition soll der US-Amerikaner trotz schwachem Start nicht stehen, selbst, wenn RB diesen Monat aus der Champions League fliegt. Die Leipziger Chefs wissen um die Schwere der Aufgabe, für die sie ihn ausgewählt haben - und in der Bundesliga ist Platz vier nur zwei Punkte entfernt. Marsch wäre geholfen, wenn die Route der letzten Wochen - 11 Punkte und 15:3 Tore aus 5 Spielen -  beibehalten wird.

Am besten gleich Samstag gegen den BVB.

"Ich bin noch immer Leipzig-Fan"

"Ich bin noch immer Leipzig-Fan"

Es wird ein emotionales Wiedersehen: Ralf Rangnick kehrt am Mittwoch zu RB Leipzig zurück, allerdings als TV-Experte. Er wird für den Streaminganbieter DAZN die Champions-League-Partie der Hausherren gegen PSG begleiten. Nach Jahren mit dem Verein gibt der Schwabe unumwunden zu: Sein Herz hängt noch am Team.

Champions League heute im Fernsehen

20.15 Uhr, Sport1: Fantalk

21 Uhr, DAZN: RB Leipzig - Atletico Madrid, BVB - Ajax Amsterdam

Das will der BVB im Rückspiel gegen Ajax besser machen

Das will der BVB im Rückspiel gegen Ajax besser machen

Das Hinspiel in Amsterdam verlor der BVB 0:4. Trainer Marco Rose und Abwehrchef Mats Hummels haben klare Vorstellungen, was diesmal besser laufen muss.

++ Champions League aktuell ++

2:1! Florian Kohfeldt kann auch Königsklasse

2:1! Florian Kohfeldt kann auch Königsklasse

Der VfL Wolfsburg hat in der Champions League den ersten Sieg eingefahren. Gegen RB Salzburg gab es für das Team von Florian Kohfeldt einen 2:1-Sieg. Für den VfL-Trainer war es der zweite Sieg im zweiten Pflichtspiel.

5 Tore, 6 Amazon-Folgen: Wer soll die Bayern stoppen?

München ballert sich ins Achtelfinale: Hacke! Volley! Weiter!

München ballert sich ins Achtelfinale: Hacke! Volley! Weiter!

Bayern siegt am Mittwochabend 5:2 gegen Benfica Lissabon. Damit qualifiziert sich der Rekordmeister vorzeitig für die K.o.-Phase der Champions League.

Von Alex Steudel

Ich bin jetzt mal gemein, ich spoilere: In der neuen Bayern-Doku auf Amazon Prime wird enthüllt, dass die Bayern die Größten sind. Sogar wenn sie verlieren, sind sie es. Denn Bayern-Niederlagen, lernen wir in der Serie, die gestern gestartet ist, dienen nur einem Zweck: die Bayern anschließend noch größer werden zu lassen. Darum geht's im Wesentlichen.

Sechs Folgen lang wird viel gewonnen, oft mit Thomas Müller gelacht, ab und zu Spielern ins Ohr gezwickt, und es wird sehr viel von sich selbst gehalten. Die fünf Stunden sind dichter mit Eigenlob der Bayern überzogen als mein morgendliches Toastbrot mit Nutella, und das will was heißen.

Wobei, eigentlich war das gar kein richtiger Spoiler. Der echte Spoiler der Doku ist ihr eigener Titel, und der kommt ja nicht von mir: "Behind the Legend".

Raus aus der Küche, rein ins nächste 5:2

Raus aus der Küche, rein ins nächste 5:2

Mit der Rückkehr von Julian Nagelsmann an die Seitenlinie kehrte bei Bayern München auch die gewohnte Qualität zurück auf den Rasen.

Ich habe mich gleich gefragt: Muss man sich wirklich selber Legende nennen? Und wieso auf Englisch? Im Film erfahre ich von Uli Hoeneß persönlich: Das Wichtigste am FC Bayern sind die eigenen Fans. Sprechen die jetzt alle Englisch? Ich bin verwirrt.

Bihaind Se Lädschend!

Vielleicht ist es aber auch ganz gut, dass die Doku so heißt. Da weiß man gleich, was auf einen zukommt: eine Supermacht. Sie regiert immer, vom Anfang der ersten bis zum Ende der letzten Folge, von Neudecker bis Kahn. "Der Erfolg nährt den Erfolg", sagt der Olli. Ein top Crashkurs für all die ahnungslosen Neulinge auf Amazon.

Am Ende einer seiner Ausführungen angelangt, sagt Franz Beckenbauer in meiner Lieblingsszene der Doku: "Das ist meine Meinung." Dann überlegt der Kaiser kurz und fügt an: "Und so ist es auch!" Besser kann man diesen Verein eigentlich nicht beschreiben: Kaum hat der FC Bayern was gemeint, ist es schon Fakt.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

Natürlich ist das ein bisschen ungerecht. Jeder weiß: Die Bayern sind wirklich die Größten. Ich habe gestern über den Tag verteilt alle sechs Folgen angeguckt und sie dabei unzählige Titel gewinnen sehen, und als am Abend meine Augen glühten, hauten mir die Münchner noch ein 5:2 gegen Lissabon um die Ohren. Sie stehen damit zum 18ten Mal in Folge in der K.o.-Runde der Champions League. Ende der Beweisführung.

Damit das jetzt nicht falsch rüberkommt: Es gibt viele schöne Momente, die Doku ist oft nah dran. Wenn sie darf. Zum Beispiel: David Alaba sitzt in einem Audi-PS-Monster und zitiert aus der Bibel. Oder "Radio Müller", der seine großartigen Gags macht. Oder als Jerome Boateng bei seinem letzten Spiel für die Bayern mit den Tränen kämpft.

Ich weiß jetzt außerdem, dass unsere Kinder nicht in chaotisch unordentlichen Zimmern leben, sondern sich nur am Zustand der Umkleideschränke von Bayern-Profis orientieren. Danke dafür.

Irres Jubiläum von Robert Lewandowski

Irres Jubiläum von Robert Lewandowski

Robert Lewandowski feiert ein außergewöhnliches Jubiläum in der Champions League. Der Torjäger könnte Lionel Messi und Cristiano Ronaldo gefährlich werden.

Ich fand auch lustig, dass Sportchef Hasan Salihamidzic, als er zum Geheimtreffen mit dem künftigen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann herangefahren kommt, plötzlich anmerkt, Nagelsmann stehe da herum "wie so'n Schüler".

Ja, ich fühlte mich tatsächlich ganz gut unterhalten: Der positive Teil der Bayern-Welt ist hinreichend abgedeckt. Nur vom Rest fehlt halt was. Ich war besonders erstaunt, dass das größte Problem der gesamten Flick-Ära unter den Tisch gefallen ist. Hatten Salihamidzic und Hansi Flick am Ende womöglich gar keine problematische Beziehung – oder hat Amazon diese Folge einfach noch nicht hochgeladen?

Und Leroy Sané, der in München so große Startschwierigkeiten hatte: In "Behind the Legend" ist der Mann eine Vollgranate vom Start weg. Kein Problem weit und breit.

"Beschissenster Elfmeter, den es gibt!"

"Beschissenster Elfmeter, den es gibt!"

Der Fantalk ist live dabei, als Robert Lewandowski aus elf Metern die Nerven versagen. Der FCB-Stürmer scheitert kläglich und bekommt Kritik aus der Runde.

Am interessantesten finde ich, dass alle fast durchgehend gut gelaunt sind, was diese Doku von vergleichbaren Werken – z.B "Sunderland 'til I Die", "All Or Nothing: Tottenham Hotspur" oder "Take Us Home: Leeds United" – stark unterscheidet. Obwohl: Die Anderen sind ja auch selber schuld, wenn sie nicht dauern gewinnen. Oder keinen Robert Lewandowski kaufen.

Die Geschichte des Rekordmeisters, das weiß bald sogar im fernen Kirgistan jeder Prime-Abonnent , beginnt mit einem Happy End, und sie endet auch mit einem. Und dazwischen gibt es viele weitere Happy Endings.

Ich glaube, eine ausgewogene und selbstkritische FC-Bayern-Doku in Abstimmung mit dem FC Bayern zu machen, das war eine unlösbare Aufgabe. Das ist, als würdest du versuchen, kein Tor gegen Fürth zu schießen. So gesehen, ist das Stück wohl doch ganz gut geworden. Ein bisschen unübersichtlich und geschichtsüberladen an manchen Stellen, aber auf jeden Fall ausgeglichen: Wer die Bayern liebt, wird diese sechs Folgen lieben. Und wer sie hasst, kriegt eine Menge neues Futter angesichts so viel Selbstdarstellung.

In der Galaxie des Fußballs ist der FC Bayern eben alle Sonnen und alle Planeten gleichzeitig. Der luftleere Raum dazwischen, das sind dann wohl die anderen.

Die besten Steudel-Kolumnen gibt's auch als Buch – und zwar hier.

"Behind the Legend" auf Amazon: Verräterische Nähe

"Behind the Legend" auf Amazon: Verräterische Nähe

Eine sechsteilige Serie folgt dem FC Bayen München bis in die Kabine. Doch sie berauscht sich dabei an der Nähe und verliert den Blick für Wesentliches.

Alle mal herschauen!

Alle gegen eine

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Cottbus-Fans nehmen mit einer transfeindlichem Choreo im Stadion eine Anhängerin des SV Babelsberg 03 ins Visier – bislang ohne Folgen.

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