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Auf der Website fussballmafia.de rühmen sich Ultra-Fans mit den Strafen, die ihnen der DFB aufgebrummt hat, und feiern Eintracht Frankfurt als Randalemeister 2022/23: Kein anderer Verein musste demnach vergangene Saison mehr Strafgelder für den Einsatz von Pyrotechnik und Feuerwerk im Stadion zahlen. Am Ende sind es exakt 861.200 Euro - fast eine Million.
Der Vorsprung auf die beiden Zweitligisten, die in dieser fragwürdigen Tabelle direkt hinter Eintracht Frankfurt rangieren, ist riesengroß: Hannover 96 musste 632.420 Euro blechen und der Hamburger SV 545.580 Euro. So weit ist die Aktive Fanszene also schon und das seit langem: Strafgelder werden in ihrer Welt als Leistungsvergleich herangezogen.
In der Saison 2022/23 betrug der „Gesamtschaden“, wie die Website selbst schreibt, in den drei Profiligen insgesamt 8,45 Mio. Euro. Die größten Übeltäter in der 3. Liga kommen aus Sachsen: Erzgebirge Aue mit 146.410 Euro und Dynamo Dresden mit 145.890 Euro. Am wenigsten zahlte übrigens Viktoria Köln im ganzen Jahr: 350 Euro.
Was dieses kuriose Zahlenwerk unterschlägt: Erfasst wird nur der Schaden, der durch das Abbrennen und Werfen von Pyrotechnik (350 bis 3000 Euro) sowie durch Platzsturm (1000 bis 3000 Euro) oder unsportliche Banner (500 bis 8000 Euro) entsteht. Zahlen müssen die Vereine: In zwölf Jahren kamen Strafgelder von 28,1 Mio. Euro zusammen.

Damit nicht genug: Bevor die Situation bei Hochrisikospielen (zum Beispiel bei Derbys) eskaliert, stellt die Polizei rund um die Stadien ein Großaufgebot an Beamten auf. Allein das beschauliche Rheinland-Pfalz zahlte vergangene Saison 4,6 Mio. Euro für Polizei-Einsätze beim Fußball. Die Hälfte davon verursachten die Zweitliga-Spiele beim 1. FC Kaiserslautern.
Eine Formulierung ist nicht ganz treffend: Nicht das Bundesland zahlt, sondern am Ende immer der Steuerzahler. Und das, obwohl er vielleicht kein Fußballfan ist. Der Staat ist verpflichtet, für den ordnungsgemäßen und sicheren Ablauf einer Großveranstaltung zu sorgen. Der Fan kann machen, was er will, und sich daneben benehmen: Zahlen müssen immer andere. Ist das noch gerecht?
Seit Jahren prozessiert die Stadt Bremen gegen die bisherige Regelung, dass die öffentliche Hand die Kosten rund um die Bundesliga-Spiele übernimmt und nicht die Deutsche Fußball-Liga (DFL) als Veranstalter. Der Bremer Innen- und Sportsenator Ulrich Mäurer sieht die DFL und ihre Klubs in der Pflicht: Denn die bekommen ihre Fans nicht in den Griff, siehe oben.
Seit anderthalb Jahren liegt der Fall Bremen beim Bundesverfassungsgericht. Die Bundesliga-Vertretung hatte in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, nachdem die ersten beiden Verfahren beim Oberverwaltungsgericht Bremen und beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verloren gegangen waren. Doch Mäurer gibt sich zuversichtlich.

"Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sehe ich gelassen entgegen", sagte Mäurer jetzt in der Sport-Bild: "Bislang haben wir durch alle Instanzen hinweg Unterstützung erfahren.“ Es ist auch vom Menschenverstand her nicht ersichtlich, warum hier nicht das Verursacherprinzip gelten soll: Die Vereine sollten für den Unsinn geradestehen, der in ihrem Namen passiert.
Zugegeben, die Polizei muss für ein Mindestmaß an Sicherheit sorgen, ob beim Fußball oder beim Volksfest. Aber die Mehrkosten für Hochrisikospiele entstehen ja dadurch, dass eine Minderheit von Fans ihre Emotionen nicht kontrollieren kann und die betroffenen Vereine offenbar keinen überzeugenden Zugang zu diesen Problemfans finden. Was hat der Steuerzahler damit zu tun?
Die Unterstützung von den Rängen ist das eine, eine gerechte Kostenverteilung das andere. Ultra-Fans können nicht einerseits bezahlbare Ticketpreise fürs Stadion einfordern und andererseits durch ihr egoistisches Verhalten unnötige Kosten verursachen und ihrem eigenen Verein schaden. Mal abgesehen davon: Pyrotechnik und Randale haben nichts mit Fußballtradition zu tun.
Offensichtlich sind die Strafgelder, die der DFB bei Stadionvergehen einfordert, noch nicht hoch genug, um die Profivereine zum Handeln zu bewegen. Einlasskontrollen am Stadion und Durchsagen vom Stadionsprecher reichen augenscheinlich nicht. Erst die Beteiligung an den Mehrkosten bei Polizeieinsätzen würde die Klubverantwortlichen endlich und hoffentlich aufschrecken.