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Am 2. Oktober passierte Ungeheuerliches im Profifußball: Zum ersten Mal nach zweieinhalb Jahren fand am Montagabend wieder ein Bundesliga-Spiel statt. Am Montagabend! Bundesliga! Die Ultra-Fans hatten jahrelang gegen Montagsspiele gewettert und bei ihren Vereinen durchgesetzt, dass weder die Bundesliga noch die 2. Liga Pflichtspiele am ersten Tag der Woche erlauben.
Die Begründung mit der langen Anfahrt von Auswärtsfans taugte nicht wirklich. Denn: Pflichtspiele am Dienstag und Mittwoch waren okay (zum Beispiel DFB-Pokal und Champions League), gerne auch am Donnerstag (zum Beispiel Europa League und Conference League) und am Freitag (Liga-Alltag). Aber halt nicht am Montag. Allein aus ideologischen Gründen nicht.
Es dauerte deshalb nicht lange, dass sich Widerstand gegen den DFB-Plan bildete, stattdessen die Frauen-Bundesliga auf den jetzt freien Montagabend anzusetzen. Die TV-Expertin und frühere Nationalspielerin Tabea Kemme war die erste, die sich zu Wort meldete: „Im Fußball der Frauen können wir in Deutschland nicht von Profitum reden, setzen aber Montagsspiele an?“
Irgendwann folgte Nationalspielerin Alexandra Popp, die in einem Kicker-Interview nachlegte: „Freitagsspiele kannten wir ja schon. Ich bin aber nicht so ein Freund von Montagsspielen, weil unsere Liga immer noch keine Profi-Liga ist und Spielerinnen zum Teil auch noch arbeiten oder zur Schule gehen. Für die wird es schwer.“
Ja, die Umstellung auf den Montag stellt eine Herausforderung dar. So wie die Auswärtsspiele unter der Woche in der Champions League, die Berufung zu DFB-Lehrgängen und Länderspielen, die ständigen Trainingseinheiten. So ist Profifußball: ein ständiges Geben für die schönste Nebensache der Welt. Die Belohnung: Man gehört zum elitären Kreis, der sowas erleben darf.
Zugegeben, nicht alle zwölf Vereine der Frauen-Bundesliga stellen dieselben Bedingungen her, damit sich ihre Mannschaften auf die Leistung auf dem Platz konzentrieren können. VfL Wolfsburg, FC Bayern und Eintracht Frankfurt sind die Ausnahme: Dort muss man sich als Spielerin keine große Sorgen machen. Bei anderen Bundesliga-Klubs ist die Situation komplexer.
Zu viele Spielerinnen verdienen ihr Geld in regulären Jobs und sehen Fußball als Hobby. Manche studieren oder warten nur darauf, dass einer der besser betuchten Klubs anruft und sie aus dem Amateurstatus befreit. Die Situation ist ärgerlich, weil zu viele Klubs den Frauenfußball wie Fußball zweiter Klasse behandelt haben. Die Professionalisierung hätte viel früher beginnen müssen.
Aber soll man deswegen jetzt den Fuß vom Gas nehmen? Die Frauen-Bundesliga zeigte ihr Topspiel bisher im Free-TV am Freitagabend, was niemand mitbekommen hat, weil die Konkurrenz mit dem fast gleichzeitig stattfindenden Männerfußball überwältigend war. Der Montagabend bietet eine neue Chance: Keine andere deutsche Profiliga spielt an diesem Tag.
Sport1 übertrug am Montagabend mit großem Aufgebot das Topspiel Bayern München gegen 1. FC Köln. Am Mikrofon saß die Kommentatorin Christina Rann mit dem Ex-Profi Maik Franz, um eine Live-Atmosphäre zu transportieren, wie Fußballfans sie von den Zweitliga-Spielen am Samstagabend kennen. Hunderttausende werden am Bildschirm zuschauen.
Das Spiel wäre, wenn es Samstag oder Sonntag stattgefunden hätte, in der übertriebenen Aufregung des Männerfußballs sicherlich untergegangen. Oder kennt jemand aus dem Kopf die Ergebnisse von Werder Bremen gegen TSG Hoffenheim oder MSV Duisburg gegen SC Freiburg? (Für die Statistiker: 1:3 und 2:2.) Das wird heute Abend anders sein.
In der Metamorphose vom Amateurstatus zu Profibedingungen in wirklich allen Klubs verlangt die Frauen-Bundesliga eine Menge von ihren Spielerinnen, gar keine Frage. Es ist wie bei den Männern bei der Bundesliga-Gründung vor 60 Jahren: Nicht alle Protagonisten werden den Weg mitgehen wollen und können. Aber was wäre die Alternative? Weiter wurschteln wie bisher?
Prominente Spielerinnen wie Tabea Kemme und Alex Popp bemängeln ja zu Recht, dass die Fußballfrauen nicht die Aufmerksamkeit genießen, die sie verdienen. Ob der Montagabend das geeignete Rampenlicht ist, weiß niemand. Alle anderen Versuche schlugen bisher fehl. Der Zuschauerschnitt in den Stadien lag vor zwei Jahren maximal zwischen 333 und 1576 pro Spiel.
Die Vize-EM 2022 und die WM-Blamage 2023 erhöhten das Interesse, man kennt die Spielerinnen und will sie sehen. Die TV-Übertragung am Montag wird ihnen erneut eine ungeteilte Aufmerksamkeit in einem breit aufgestellten Publikum ermöglichen. Tabea Kemme und Alex Popp sollten die Chancen nicht unbedacht zerreden, bevor man das Ergebnis kennt.
Die Vereine, die Frauenfußball ernst nehmen, stehen jetzt in der Pflicht, die erforderlichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Montagabend anzubieten. Die Aufgaben sind vielfältig. Stadionauslastung, Kamerapositionen, Bezahlung und Betreuung der Spielerinnen, Medienarbeit: Es gibt keine Ausreden mehr. Oder wie Alex Popp sagt: „Ich lasse mich mal überraschen.“
Das Spiel am Montagabend sahen 320.000 Zuschauerinnen und Zuschauer bei Sport1.