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Nagelsmann: Der Unvollendete muss zurück zur Arbeit!

Ob DFB oder BVB: Julian Nagelsmann wird als neuer Trainer gehandelt. Warum eigentlich? Er muss noch beweisen, dass er als Heilsbringer taugt

Foto: Imago / Sven Simon

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Vermutlich bestand Julian Nagelsmanns größte Trainerleistung darin, die TSG Hoffenheim 2016 vor dem scheinbar sicheren Abstieg zu retten. Mitte Februar hatte er über Nacht die Nachfolge von Cheftrainer Huub Stevens angetreten, finalisierte im Schnelldurchgang seinen Trainerschein und führte den Hopp-Klub vom vorletzten Tabellenplatz zum Klassenerhalt. Nagelsmann war damals keine 30 Jahre alt und nach Bernd Stöber der zweitjüngste Trainer der Bundesliga-Geschichte. Eine Traumkarriere begann. Eigentlich.

Er ging 2019 zu RB Leipzig - und blieb zwei Jahre. Er ging 2021 zum FC Bayern - und schaffte keine zwei Jahre. Seine Bilanz: eine Meisterschaft (2022), regelmäßig Qualifikation zur Champions League, Einzug ins DFB-Pokalfinale (2021), Trainer des Jahres 2017. Nach sieben Jahren Bundesliga muss man konstatieren: Seine Ausbeute fällt ein bisschen dünn aus. Härter ausgedrückt: Julian Nagelsmann, inzwischen 36, wird zwar seit Jahren als größtes Trainertalent seit Udo Lattek vor fünf Jahrzehnten gehandelt - aber geliefert hat er nicht. Zumindest: nicht alles.

Auch jetzt taucht sein Name überall auf, wo Top-Mannschaften schlechten Fußball spielen. Wie ein "Schatten", schreibt Bild. Nagelsmann gilt als Heilbringer, wenn wahlweise über die Nachfolge von Bundestrainer Hansi Flick oder BVB-Trainer Edin Terzic diskutiert wird. Warum eigentlich? Der Verdacht liegt nahe, dass die Erwartungshaltung die Realität auskontert, seit Bayern München für ihn 2021 die Rekordablöse von 20 und 25 Mio. Euro Ablöse zahlte und Nagelsmann mit einem atemberaubenden Fünfjahresvertrag bis 2026 ausstattete.

Das Treuebekenntnis des größten deutschen Fußballvereins hievt jeden Trainer auf eine schwindelerregende Flughöhe. Daran ändert die vorzeitige Demission nichts. Was man aber weiß: dass die Mannschaft des Trainers Nagelsmann im ersten Bayern-Jahr zuerst spektakulär im DFB-Pokal scheiterte und dann in der Champions League. Daran ist ein Coach nie alleine schuld. Aber er hat als Trainer auch nicht die Mittel gefunden, seine Mannschaft im entscheidenden Moment auf die Siegerstraße zu lenken. Der Meistertitel reicht nicht als Kompensation.

Er musste Monate später gehen, weil die damaligen Bayern-Bosse Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic in Sorge waren, dass die Mannschaftsleistung nicht mehr die eigenen Ansprüche erfüllt. Nagelsmann schützte auch der Rentenvertrag nicht, der zwar Millionen sichert, aber keinen Arbeitsplatz an der Säbener Straße. Je länger der Abschied vom FC Bayern München her ist (mittlerweile ein halbes Jahr), desto steiler steigt sein Ansehen wieder. Die Frage ist berechtigt: Lag der Leistungsabfall der Mannschaft vielleicht doch nicht an Julian Nagelsmann?

Aber: Wie gut ist Nagelsmann wirklich? Er ist noch immer den Beweis schuldig, dass er als Trainer so erfolgreich arbeiten kann, wie die Vereine glauben und sein eigenes Selbstverständnis vermuten lässt. Die Legendenbildung, dass die Bayern jetzt mit ihm als Trainer besser dastünden als mit seinem Nachfolger Thomas Tuchel, ist wenig tauglich. Es hilft nur eines: die Realität. Nagelsmann muss zurück an die Seitenlinie, damit er beweisen kann, was er kann. Ob DFB, BVB oder sonstwo: Julian Nagelsmann sollte endlich aus seinem eigenen Schatten treten.

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