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Alles Müller, oder was? Ein Bayern-Star am Scheideweg

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Guten Morgen, liebe Fußballfreunde!

Schalke 04 will alles dafür tun, dass der vermeintliche Rassismus-Vorfall gegen Hertha-Verteidiger Jordan Torunarigha aufgeklärt wird. Ton- und Videoaufnahmen werden gesammelt, Ohrenzeugen befragt - man will sich nicht nachsagen lassen, den Vorwurf zu unterschätzen. So viel kann man jetzt schon sagen: Niemand will den Fall kleinreden. Immerhin.

Trotzdem steht die Frage unbeantwortet im Raum, ob es sich um einen Einzelfall der Bundesliga oder ein verstecktes Massenphänomen handelt. Ausschließen kann man nicht, dass allein der öffentliche Druck rassistische Äußerungen im Stadion unterdrückt und der kleinste Anlass reicht, um rechtes und diskriminierendes Gedankengut loszuwerden.

Die Vorzeige-Liga steht in einem Land, in dem ein Ministerpräsident mit Stimmen von Rechtsauslegern und Anhängern eines Faschisten gewählt werden kann, unter besonderer Beobachtung. Appelle gibt es genug. Jeder Klub ist aufgerufen, Rassisten aus dem Stadion zu werfen. Die politische Verpflichtung "Nie wieder!" kann man nur mit null Toleranz unterstützen.

Italienische Verhältnisse darf es jedenfalls nicht geben. Als Inter-Stürmer Romelu Lukaku im Herbst rassistisch mit Affengeräuschen beleidigt wurde, verklärten Ultra-Fangruppen ihren Rassismus zum Teil ihrer Fankultur: "Echter Rassismus" sei das nicht gewesen. Diese Verharmlosung darf es in der Bundesliga nicht geben. Niemals.

Ein korrektes Wochenende wünscht

Euer Pit Gottschalk

Alles Müller, oder was? Ein Bayern-Star am Scheideweg

Thomas Müller "positiv" vor dem Top-Duell gegen RB Leipzig

Der achte Pflichtspielsieg in Serie ist für die Bayern-Profis Rückenwind und Mahnung zugleich. Die einen warnen vor der Begegnung mit den Sachsen am Sonntag in der Allianz-Arena, die anderen sind zuversichtlich.

Dieser Mann ist ein Rätsel. Die große Unbekannte des Fußball-Jahres 2020. Im vergangenen Jahr wirkte Thomas Müller noch wie das personifizierte Reserverad des FC Bayern. Niko Kovac setzte den Weltmeister von 2014 beim Rekordmeister auf die Bank. In der Nationalmannschaft schien Müller vor allem auf der rechten Außenposition, die ihn 2010 weltberühmt und 2014 zum Weltmeister machte, neben den jungen, pfeilschnellen Spielern der neuen Generation nicht mehr mithalten zu können. Und dann sortierte ihn Bundestrainer Joachim Löw aus.

Je schlechter der Angreifer behandelt wurde, desto besser schien er dann aber zu spielen. Und nun erlebt der 30-Jährige seinen zweiten Frühling. Müller ist vor dem Spitzenspiel am Sonntag gegen RB Leipzig wieder Stammspieler beim FC Bayern, er schießt Tore. Und jeder Treffer ist ein Klopfzeichen an die Tür, hinter der Bundestrainer Joachim Löw sitzt und an seinem Konzept der Zukunft tüftelt.

Löw stellt sich dort dieselbe Frage, die sich alle Experten und Fans gerade auch stellen: Wie baut man eine Legende in eine Zukunftsstory ein?

Präsident Herbert Hainer: Klartext zu Thomas Müller

Thomas Müller sei ein Aushängeschild der Bayern und sollte bleiben, sagt der neue Bayern-Präsident. Im Winter soll das Urgestein aber kurz vor dem Abschied gestanden haben – folgt jetzt die Wende?

Die Meinungen gehen auseinander. Für den FC Bayern, sagte Aufsichtsrats-Chef Herbert Hainer, sei Müller so wichtig wie der Marienplatz für München. Kritiker wiederum tuscheln, Müller sei auch so beweglich und so schnell wie der Marienplatz. Bundestrainer Löw eiert herum und scheint ihm für die EM 2020 ein Türchen halboffen zu lassen zu wollen – also im Notfall.

U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz wiederum setzte Müller auf die 50 Mann starke Kaderliste für Olympia 2020 in Tokyo. Und hören wir auf die Zwischentöne in den Ausführungen von Toni Kroos diese Woche, scheint der Chef-Stratege von Real Madrid ebenfalls kein großer Fan der Comeback-Diskussion zu sein. Ja, sogar Hasan Salihamidzic, der Sportchef des FC Bayern, lässt sich zu keiner klaren Aussage hinreißen, wenn das Thema auf eine Vertragsverlängerung von Müller über 2021 hinaus kommt.

Toni Kroos spricht über Thomas Müller und die EM 2020

Der Weltmeister von 2014 äußert sich eher zurückhaltend zu einer möglichen Rückkehr des Bayern-Aushängeschilds ins Nationalteam. Bei der EM sieht der Profi von Real Madrid Deutschland "nicht im Favoritenkreis".

Man muss das verstehen. Und kritisch anmerken, dass es keine Präzendenzfälle gibt, die einem Hoffnung machen. DFB-Comebacks von Spielern, die in höherem Alter nochmal aufblühten, gingen oft schief. Siehe Lothar Matthäus, siehe Stefan Effenberg.

Und, mal ganz ehrlich: Wollen wir bei der EM 2020 wirklich einen Neuaufbau starten, der das deutschen Team in eine Position rückt, die bei der WM 2022 den nächsten Titelgewinn ermöglicht – oder wollen wir sentimental sein? Können wir beklagen, dass BVB-Trainer Lucien Favre den 19 Jahre alten Wunderstürmer Erling Haaland schon wieder auf die Bank gesetzt hat – und gleichzeitig ein Comeback von Müller im Nationalteam fordern?

Das klingt hart, ja. Und natürlich kann Müller seine Chance bekommen, wenn die Personaldecke vor der EM dünn werden sollte. Aber: Löw hat einen neuen Weg eingeschlagen. Einen, der Tempofußball erfordert, Variabilität und Außenspieler, die schneller sind als ihr Schatten. Einen Weg, an den die Leute nach dem Reinfall der WM 2018 jetzt wieder glauben können. Einen, der auf Spieler wie Serge Gnabry setzt, auf Leroy Sané, auf Julian Brandt oder Timo Werner. Keiner von denen ist übrigens älter als 24 Jahre.

Irritierender Spannungsabfall

Im DFB-Pokal bricht der FC Bayern nach imposanter Leistung in der zweiten Hälfte ein. Vor dem Duell mit Leipzig stellt sich die Frage: War das nur ein Versehen?

Schongänge, Rassismus und Schiri-Schelte

Die Bayern, ein Rassismusvorfall auf Schalke und fragwürdige Entscheidungen von Schiedsrichtern sind heute Thema bei Malte Asmus und Pit Gottschalk.

Pfeifkonzert

Aus Schiedsrichtern werden autoritäre Aufseher

Früher waren die Schiedsrichter "Luft" auf dem Spielfeld. Inzwischen stehen sie ständig im Mittelpunkt. Das ist nicht gut für den Fußball.

Spielverzögerung oder Rassismus?

Nach dem Skandalspiel zwischen Schalke und Hertha fällt Schiedsrichter Osmers mit Ungereimtheiten auf.

"Das hat David Wagner nicht verdient"

Ex-Schiedsrichter Markus Merk zu den kuriosen Entscheidungen beim Pokalspiel auf Schalke.

Jordan Torunarigha auf Instagram

"Ich bin in Deutschland geboren, ich bin hier aufgewachsen"

Jordan Torunarigha (@jordanynany) auf Instagram: “Ich wollte mich zu den Ereignissen nicht aus der Emotion heraus äußern, aber jetzt möchte ich das…”

Heute im Fernsehen

20.30 Uhr, DAZN: Bundesliga, Eintracht Frankfurt - FC Augsburg

Samstag

15.30 Uhr, Sky: Bundesliga, VfL Wolfsburg - Fortuna Düsseldorf, Hertha BSC - Mainz 05, SC Freiburg - TSG Hoffenheim, Werder Bremen - Union Berlin, Schalke 04 - SC Paderborn

18.30 Uhr, Sky: Bundesliga, Bayer Leverkusen - Borussia Dortmund

Sonntag

15.30 Uhr, Sky: Bundesliga, Mönchengladbach - 1. FC Köln

18 Uhr, Sky: Bundesliga, Bayern München - RB Leipzig

Was sonst noch so los ist

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Mit der Attacke auf Klubmanager Éric Abidal beschädigt der Weltfußballer alle, auch sich selbst. Der FC Barcelona steht am Rand der Explosion.

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Kostic aus der Asche

Von Alex Steudel

Jedes Mal, wenn ich Filip Kostic für Frankfurt spielen sehe, muss ich an einen meiner Lieblingsfilme denken. Er heißt "Der Flug des Phoenix" und handelt von Menschen, die mit einem Flugzeug eine Bruchlandung in der Wüste hinlegen. Blutend, schwitzend und weinend bastelt die von Durst und Hunger gebeutelte Besatzung in letzter Verzweiflung aus den Resten der Maschine ein neues Flugzeug zusammen, steigt damit am Ende des Films in den Himmel und rettet sich zu einer Oase.

Vor dem entscheidenden Start einigen sich die Männer noch auf einen Namen für das neue Flugzeug: "Phoenix". Dem Mythos nach ist das ein Vogel, der erst verbrennt und dann aus seiner eigenen Asche neu aufsteigt.

Kostic ist für mich Phoenix.

Man muss dazu wissen, dass wir hier in Hamburg eine besondere Sicht auf Kostic haben. Der Name steht für Absturz. Der Serbe kam ja vom VfB Stuttgart, mit dem er 2016 abgestiegen war, zum HSV, mit dem er 2018 wieder abstieg. Klassische Lose-Lose-Situation. Kostic erinnerte mich damals an die Zeit, als ich noch in Berlin lebte: Super Stadt, top Arbeitsbedingungen, aber du kommst keine fünf Schritte weit, ohne in Hundekacke zu treten.

Die Kostic-Auftritte im Volksparkstadion sind hier legendär. Niemand war so beeindruckend offensichtlich mit den Nerven runter wie er (außer alle Zuschauer natürlich). Kein anderer HSV-Spieler hat jemals so schön das Tor nicht getroffen wie Kostic. Ich glaube, einmal schoss er den Ball sogar aus fünf Metern Entfernung in den zweiten Rang. Schnell war er aber, das muss ich zugeben, wenngleich etwas desorientiert schnell; ein Formel-1-Wagen, den man auf die Strecke geschickt hat, und dann stellt der leitende Team-Ingenieur fest, dass das Lenkrad noch auf der Werkbank in der Garage liegt.

Filip Kostic: Der Mann, der den Unterschied macht

Eintracht Frankfurt, Elfter in der Bundesliga, genießt dank des Serben einen spektakulären Pokalabend, zieht ins Viertelfinale ein und erinnert trotzdem wieder ein wenig an eine längst begraben geglaubte launische Diva.

Mich hat die verheerende Kombination aus "pfeilschnell" und "nicht torgefährlich" immer an Alexander Zickler erinnert, den früheren Bayern-Stürmer, der in zwölf Jahren München im Schnitt keine fünf Saisontore schoss, weshalb er als Erfinder des Chancentodes gilt. Irgendwann war es so schlimm, dass Franz Beckenbauer Journalisten von "Mordgedanken" erzählte. In Hamburg wirkte Kostic wie Zicklers Wiedergeburt. (Zur Beruhigung: Zickler lebt. Er ist 45 Jahre alt und Co-Trainer in Mönchengladbach. Er lässt dort hoffentlich die Finger von den Stürmern.)

Kurz: Als Kostic 2018 den HSV verließ und nach Frankfurt ging, war er der "Phoenix", dessen Geschichte mit dem Brennen aufhört.

Nach Hamburg erlebte er dann aber das, was die meisten HSV-Spieler nach Hamburg erleben: ein Wunder. Sie werden besser und besser und besser. In Kostics Fall: noch viel besser. Seit er in Frankfurt kickt, ist alles anders. Der Kerl ist die Stütze der Eintracht, das Symbol für Klasse und Zuverlässigkeit, und er schießt jetzt sogar Tore, obwohl ihn Trainer Adi Hütter defensiver spielen lässt. Diese Woche im Pokal zerlegte er im Alleingang RB Leipzig.

Ich finde das schön. Und ich freue mich für Kostic. In Hamburg bruchgelandet, schraubte er sich neu zusammen und stieg dann aus einer Schublade auf wie Phoenix aus der Asche.

Alle mal herschauen!

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